Die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) hätte die Disziplinaruntersuchung im Fall Lauber nicht an den emeritierten Professor Peter Hänni delegieren dürfen. Dafür fehlt eine gesetzliche Grundlage, wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat.
Es gibt in den Organisations- und Verfahrensbestimmungen zur Disziplinaruntersuchung keine Rechtsgrundlage, die der AB-BA die Auslagerung dieser Aufgabe an Drittpersonen erlauben würde. Dies schreibt das Bundesverwaltungsgericht in einem am Freitag veröffentlichten Urteil.
Das Bundespersonalrecht gilt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht für den Bundesanwalt und dessen Stellvertreter. Der Gesetzgeber habe diesen bewusst einen eigenen personalrechtlichen Status gegeben. Insofern könnten die Bestimmungen des Bundespersonalrechts zu Disziplinarverfahren entgegen der Argumentation der AB-BA nicht herangezogen werden.
Die AB-BA führte im Verfahren aus, ihre Mitglieder könnten die Disziplinaruntersuchung gar nicht selbst ausführen, weil sie ihre Tätigkeit im Nebenamt ausführten. Zudem fehle es am Fachwissen und der Fähigkeit, eine solche Untersuchung selbst korrekt durchzuführen, fasst das Bundesverwaltungsgericht die Eingabe der AB-BA sinngemäss zusammen.
Weil keine Grundlage für die Delegation der Disziplinaruntersuchung besteht, konnte die AB-BA den emeritierten Professor auch nicht mit der Befugnis ausstatten, Verfügungen zu erlassen. Dies ist jedoch geschehen. So entschied Hänni, dass die von Michael Lauber beauftragten Anwälte Lorenz Erni und Francesca Caputo wegen Interessenkonflikten nicht zugelassen werden.
Die Anwälte vertreten im Fifa-Komplex auch Sepp Blatter. Gegen diese Verfügung haben Lauber und die Anwälte Beschwerde eingereicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgehalten, dass die Verfügung nichtig ist. Aus prozessökonomischen Gründen hat sich das Gericht inhaltlich mit der Zulässigkeit des Vertretungsverbots auseinandergesetzt.
Es ist zum Schluss gelangt, dass die von Hänni aufgeführten Gründe nicht ausreichten, um Erni und Caputo die Vertretung von Lauber zu verbieten. Das Anwaltsgesetz untersage die Übernahme eines Mandats, wenn ein Interessenkonflikt bestehe. Die Bestimmung schützt gemäss Bundesverwaltungsgericht jedoch den Rechtssuchenden.
Vorliegend müsse Lauber weder geschützt werden, noch liege in der Sache ein konkreter Interessenkonflikt vor, führt das Gericht weiter aus. Lauber sei «gerade nicht» Verfahrensleiter im Strafverfahren gegen Blatter. Zudem betreffe das Disziplinarverfahren die Treffen Laubers mit dem Fifa-Präsidenten Gianni Infantino, die «nicht ansatzweise» mit dem Strafverfahren gegen Blatter zu tun hätten.
Hänni hatte gemäss vorliegendem Urteil in seiner Verfügung ausgeführt, dass der Interessenkonflikt im konkreten Fall offenkundig sei. Ausserdem habe der Bundesanwalt mit seiner Anwalts-Wahl gegen den Code of Conduct der Bundesanwaltschaft verstossen.
Der Code verpflichte die Mitarbeiter der Bundesanwaltschaft, in ihrem Privatleben Tätigkeiten oder Verhalten zu unterlassen, die zu einem Interessenkonflikt führen könnten. Verboten seien auch Handlungen, die der Unabhängigkeit, Integrität oder Würde der Mitarbeiter abträglich sein könnten oder das Ansehen ihrer Funktion beschädigten.
Das Disziplinarrecht hat nach der Auffassung von Hänni gerade den Zweck, das Ansehen der betroffenen Behörde zu wahren. Mit der Mandatierung von Erni und Caputo habe Lauber diesen Zweck konterkariert.
Mit dem am 9. Mai eröffneten Disziplinarverfahren sollen das Aussageverhalten von Lauber gegenüber der AB-BA sowie seine Handlungen innerhalb des Fifa-Verfahrenskomplexes disziplinarrechtlich geklärt werden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann ans Bundesgericht weitergezogen werden. (Urteil A-3612/2019 vom 29.07.2019) (aeg/sda)