Schweiz
Justiz

Bundesgericht: Fürs. Unterbringung eines «Propheten» neu geprüft

Bundesgericht: Fürsorgerische Unterbringung eines «Propheten» wird neu geprüft

07.10.2020, 12:0007.10.2020, 11:36
Mehr «Schweiz»
Die Vereinigte Bundesversammlung w
Bundesgericht befasst sich mit Propheten.Bild: sda

Das Luzerner Kantonsgericht muss die Fürsorgerische Unterbringung eines Mannes neu beurteilen, der an einem religiösen Wahn leidet und sich für den endzeitlichen Propheten al-Mahdi hält. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Das Kantonsgericht hatte die von der Kesb angeordnete Unterbringung bestätigt, ohne eine alternative Betreuung zu prüfen.

Der bereits chronifizierte Wahn konnte durch die medikamentöse Behandlung zwar deutlich eingedämmt werden, aber die Krankheit lässt sich nicht heilen. Um eine erneute Verschlechterung des Zustandes des gebürtigen Sudanesers zu vermeiden, muss er konsequent medizinisch behandelt und betreut werden, wie aus einem am Mittwoch publizierten Urteil des Bundesgerichts hervor geht.

Der Betroffene hatte in seiner Beschwerde ans Bundesgericht die Aufhebung der Fürsorgerischen Unterbringung gefordert. Weil seine Krankheit nicht heilbar sei, würde die Massnahme auf einen dauernden Freiheitsentzug hinauslaufen, was nicht verhältnismässig sei.

Er kritisierte auch, dass die Fürsorgerische Unterbringung nichts anderes sei, als die Fortführung der zuvor aufgehobenen strafrechtlichen stationären therapeutischen Massnahme.

Diese war angeordnet worden, weil der Mann seinen Familienmitglieder gedroht hatte, sie umzubringen, wenn sie nicht regelmässig beten sollten. Zudem drohte er seiner 16-jährigen Tochter mit dem Tod, wenn sie an einem gemischtgeschlechtlichen Klassenlager teilnehmen sollte.

Selbstgefährdung gegeben

Das Bundesgericht kommt in seinem Urteil zum Schluss, dass nicht nur eine Fremdgefährdung vorliegt, sondern auch eine Selbstgefährdung, wenn der Betroffene keine Betreuung und Behandlung erhält. Die Selbstgefährdung ist eine Grundbedingung für die Fürsorgerische Unterbringung.

Grundsätzlich sollte eine solche Unterbringung nie eine Dauermassnahme sein, hält das Bundesgericht fest. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass eine Unterbringung über lange Zeit aufrecht erhalten werden müsse. In solchen Fällen sei eine regelmässige Überprüfung und Anpassung wichtig, damit die Verhältnismässigkeit gewahrt werde.

Diese könnte im vorliegenden Fall überstrapaziert worden sein, weil eine ambulante Behandlung des Mannes vom Kantonsgericht nicht explizit geprüft wurde. Bis dies nachgeholt wurde, bleibt der Mann auf Geheiss des Bundesgericht in der aktuellen Pflegeeinrichtung. (Urteil 5A_567/2020 vom 18.9.2020) (aeg/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
4-HO-MET
07.10.2020 21:09registriert April 2016
Wurde auch geprüft ob es sich vielleicht doch um einen Propheten handeln könnte?
243
Melden
Zum Kommentar
avatar
DerTaran
07.10.2020 17:34registriert Oktober 2015
Nur zwei Kommentare und ich könnte schon wieder K..... über die geballte Menschenverachtung.

Leute der Mann ist krank, da spielt es keine Rolle, dass er aus dem Sudan kommt. Euthanasie ist in der Schweiz verboten.
3831
Melden
Zum Kommentar
5
Wunder wiederholen sich selten: Die Prämieninitiative wird es schwer haben
Mit der Prämienentlastungs-Initiative könnte der Linken am 9. Juni ein weiterer Coup gelingen. Der Weg zu einem Ja ist jedoch steiniger als bei der 13. AHV-Rente.

Viele Bürgerliche und Wirtschaftsvertreter erlebten am 3. März ihr blaues – oder rotes – Wunder. Erstmals überhaupt wurde eine von links lancierte Volksinitiative für einen Ausbau des Sozialstaats angenommen. Manche «Verlierer» haben das Ja zur 13. AHV-Rente bis heute nicht verdaut. Und am 9. Juni droht bereits der nächste sozialpolitische Hammer.

Zur Story