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Zürcher Obergericht will «Carlos» nicht per sofort entlassen

Zürcher Obergericht will «Carlos» nicht per sofort entlassen

26.05.2021, 11:5926.05.2021, 15:23
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ARCHIV - ZUR MELDUNG, DASS SICH "CARLOS" WIEDER WEGEN EINES KOERPERVERLETZUNGSDELIKTS VOR GERICHT VERANTWORTEN MUSS, STELLEN WIR IHNEN DIESE GERICHTSZEICHNUNG ZUR VERFUEGUNG - Gerichtszeichn ...
Eine Gerichtszeichnung von «Carlos».Bild: KEYSTONE

Die Anwälte von «Carlos», der mittlerweile auch unter seinem echten Namen Brian bekannt ist, haben am Mittwoch vor Zürcher Obergericht die sofortige Haftentlassung gefordert. Ihr Mandant werde gefoltert. Das Obergericht winkte jedoch ab.

Sei 900 Tagen sei ihr Mandant den ganzen Tag alleine, das einzige Geräusch stamme von einem Ventilator. Einzige Bezugspersonen seien die Wärter, die ihn gemäss eigenen Aussagen aber provozieren und beleidigen würden. Auch körperlich angegriffen hätten sie ihn.

Gemäss seinen Anwälten ist die andauernde Isolationshaft von «Carlos» grausam und unmenschlich. Das sei Folter und müsse deshalb sofort beendet werden. Sie forderten nicht nur, «Carlos» aus der Sicherheitshaft zu entlassen - sondern komplett freizulassen.

Sie kündigten zudem an, dass der Uno-Sonderberichterstatter für Folter beim Schweizer Aussenminister intervenieren werde.

Für den Staatsanwalt wäre eine sofortige Haftentlassung jedoch falsch. Die Isolationshaft sei verhältnismässig, weil von «Carlos» nach wie vor eine grosse Gefahr ausgehe.

Das Obergericht folgte der Argumentation des Staatsanwaltes und lehnte das Haftentlassungs-Gesuch ab. «Carlos» bleibt somit in der Strafanstalt Pöschwies in Sicherheitshaft, zumindest so lange, bis das Urteil des Obergerichts vorliegt.

Der Prozess begann am Mittwoch ohne den Hauptakteur. Der 25-jährige «Carlos» liess sich von der Teilnahme am Prozess dispensieren. Er sei nicht in der Lage, am Prozess teilzunehmen, weil die langjährigen Haftbedingungen schwierig bis unerträglich seien.

Brian muss sich vor Gericht verantworten, weil er im Gefängnis Pöschwies mehrere Polizisten, Mithäftlinge und Mitarbeiter angriff. Die Anklageschrift listet 29 Vorfälle auf. Im November 2019 hatte ihn das Bezirksgericht Dielsdorf deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten verurteilt.

30 neue Vorfälle hinter Gittern

Statt diese Jahre normal abzusitzen, verknurrte ihn das Gericht aber zu einer Therapie hinter Gittern, zu einer stationären, therapeutischen Massnahme nach Artikel 59 des Strafgesetzbuches, auch «kleine Verwahrung» genannt.

Der Staatsanwalt hatte eine ordentliche Verwahrung gefordert, also ohne Therapie, weil das bei «Carlos» nichts bringe. Inzwischen wurde bereits ein neues Verfahren gegen den 25-Jährigen eingeleitet, wegen 30 neuen Vorfällen in Gefängnissen. (sda)

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46 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Inelaferi
26.05.2021 08:05registriert August 2019
Bei einer erneuten Verurteilung muss der Tathergang und die Tat an sich herangezogen werden. So kommt das Gericht gar nicht unhin eine erneute Strafe auszusprechen.. Dies wird meiner Meinung nach zu erneuter Gewalt, ausgehend von Brian führen. Im Endeffekt bleibt wohl nichts anderes übrig als ein Verwahrung auszusprechen. Es ist tragisch kann hier diesem jungen Menschen nicht anders begegnet werden. Ich vertrete allerdings die Haltung, dass der Schutz von Drittpersonen gewährleistet werden soll und da gibt es für die Gerichtsinstanzen kein Spielraum.
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Super8
26.05.2021 08:13registriert November 2019
Ich will Auto fahren, mache aber keinen Führerschein, weil ich nie einen wollte.

Die Logik von Carlos.
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holden27
26.05.2021 07:56registriert Februar 2015
"Eine Therapie sei bei seinem Mandanten aber nicht zielführend, so der Anwalt. In den vergangenen Jahren hatte sich «Carlos» immer geweigert, eine Therapie zu absolvieren."
Genau deshalb wäre ja eine Therapie sinnvoll. Er beweist ja, dass es sich nicht gebessert hat, er Griff immer noch andere Menschen an. Eine Therapie könnte da vlt helfen. Nur weil er sich weigert, soll nicht darauf verzichtet werden. Wenn er sich bessern will, soll er etwas dafür tun.
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