Schweiz
Justiz

Beschwerde des Kettensäge-Angreifers von Schaffhausen abgelehnt

Beschwerde des Kettensäge-Angreifers von Schaffhausen abgelehnt

07.05.2021, 12:0007.05.2021, 13:02
Mehr «Schweiz»
Im Juli 2017 versetzte der Beschuldigte die Schaffhauser Vorstadt in Panik. Mit einer Kettensäge bewaffnet stürmte er in die Filiale der CSS-Versicherung und griff gezielt Mitarbeiter an. (Archiv)
Der Tatort in Schaffhausen.Bild: KEYSTONE

Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Mannes abgelehnt, der im Juli 2017 in Schaffhausen zwei Personen mit einer Kettensäge verletzt hatte. Aufgrund einer psychischen Erkrankung war eine stationäre Massnahmen gegen ihn verhängt worden.

Am 24. Juli 2017 hatte der Mann in der Schaffhauser Filiale der CSS-Versicherung mit laufender Motorsäge Mitarbeitende angegriffen. Zwei Männer wurden durch die Säge verletzt; ein Paar, das sich gerade beraten liess, erlitt einen Schock. Der Verurteilte wurde am Tag darauf festgenommen.

Laut einem psychiatrischen Gutachten litt der damals 51-Jährige an einer schweren Form von paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie. Das Kantonsgericht Schaffhausen sprach ihn der mehrfachen versuchten, vorsätzlichen Tötung schuldig. Wegen seiner psychischen Erkrankung sei er jedoch nicht schuldfähig. Das Gericht verhängte deshalb eine stationäre Massnahme nach Artikel 59. Das heisst, dass der Angreifer eine Therapie erhält, um eine Rückfallgefahr zu verringern.

«Ein Irrtum»

In seiner Beschwerde forderte der Mann die Annullierung dieser Strafe, da der Angriff eine so genannte Putativnotwehr darstellte. Dabei handelt es sich um eine Notwehr, bei der eine Person irrtümlicherweise meint, sie werde angegriffen.

Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat gemäss Artikel 13 des Strafgesetzes «zugunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat».

Der Mann hatte den Angriff vor Gericht mit «Geisteskräften» begründet, die auf ihn wirken würden. Die Mitarbeiter des Krankenkassenbüros hätten ihn mit ihren negativen Kräften umbringen wollen. Da habe er sich mit der Motorsäge zur Wehr gesetzt.

Unterscheidung

Das Bundesgericht wies die Interpretation der Putativnotwehr in seinem am Freitag veröffentlichten Urteil zurück, obwohl der Artikel 13 des Strafgesetzes den Begriff «irrige Vorstellung» nicht weiter umschreibe und zu den Ursachen des Irrtums keine Aussage treffe.

Für das Bundesgericht biete der vorliegende Fall die Gelegenheit, krankheitsbedingte von gewöhnlichen Irrtümern zu unterscheiden, heisst es in dem Urteil. Der psychisch «gesunde» Irrende habe eine Fehlvorstellung über die «objektive» Wirklichkeit.

Für eine an Schizophrenie leidende Person sei dagegen bereits diese «objektive» Wirklichkeit nicht wahrnehmbar. Krankheitsbedingt habe sie eine eigene, subjektive Wirklichkeit, die nicht mehr kritisch hinterfragt werden könne.

Wer daher aufgrund einer psychischen Krankheit «irre», irrt gemäss Bundesgericht nicht im Sinne von Artikel 13 des Strafgesetzes. Die irrige Annahme eines schuldunfähigen Beschuldigten, sei unbeachtlich, wenn sie auf die zur Schuldunfähigkeit führende Erkrankung des Beschuldigten zurückgehe. (Urteil 6B_1073/2020 vom 13. April 2021) (aeg/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
15 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Unicron
07.05.2021 13:11registriert November 2016
Es ist erschreckebd wie sehr seine Argumente nach Querdenker und 5G Gegner klingen. Mysteriöse Geisteskräfte die versuchen jemanden aus der Ferne umzubringen?
Könnte 1:1 aus irgend so einem Telegram Chat stammen.
8110
Melden
Zum Kommentar
avatar
Therealmonti
07.05.2021 13:01registriert April 2016
Einmal mehr ein bis zum Bundesgericht weitergezogener Gerichtsfall, der bloss Kosten verursacht. Der einzige Profiteur: Der Verteidiger.
5835
Melden
Zum Kommentar
15
Von 1 bis 16 Franken pro 100 Gramm – so krass variieren die Osterhasen-Preise
Fast drei Osterhasen verputzen Herr und Frau Schweizer im Durchschnitt pro Jahr. Wie viel sie dafür berappen, variiert gewaltig. Denn der Luxus-Osterhase vom Chocolatier ist fast 16 Mal teurer als die Billigstvariante aus dem Discounter.

Auch in diesem Jahr werden an Ostern wieder haufenweise Osterhasen aus Schokolade verdrückt. Nach Schätzungen von Chocosuisse, dem Verband der Schweizer Schokoladenfabrikanten, werden in der Schweiz pro Jahr allein für den Inlandmarkt rund 20 Millionen Osterhasen produziert – das sind fast drei Osterhasen pro Kopf. Rund 7 Prozent des jährlichen Schokoladenabsatzes in der Schweiz gehen auf das Konto der Osterfeiertage.

Zur Story