Schweiz
Interview

Über 300 Coronavirus-Ansteckungen in der Schweiz: Das meint der Experte

Epidemiologe und Mitglied der Covid-19-Taskforce des Bundes, Marcel Tanner,
Marcel Tanner ist Epidemiologe und Mitglied der Covid-19-Taskforce des Bundes.Bild: Annette Boutellier
Interview

Erstmals wieder über 300 Neuinfektionen: Warum die Zahl nicht das Wichtigste ist

Das Bundesamt für Gesundheit hat gestern 311 laborbestätigte Covid-19-Neuinfektionen gemeldet. Der Epidemiologe Marcel Tanner von der Task Force des Bundes erklärt die Bedeutung der 300er-Grenze.
20.08.2020, 06:3320.08.2020, 08:50
bruno knellwolf / ch media
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Herr Tanner, das Bundesamt für Gesundheit BAG meldet 311 Neuinfektionen für die Schweiz. Hat die Überschreitung der 300er-Grenze eine besondere Bedeutung?
Marcel Tanner:
Ob 299 oder 311 spielt keine Rolle. Es geht nicht um eine präzise Obergrenze. Entscheidend ist, wie sich die Neuinfektionen im Land verteilen.

Das heisst?
Finden Hunderte Fälle an einem einzigen Ort statt, kann das Contact Tracing-System dort bereits bei 200 an seine Grenzen stossen, weil das System überlastet ist. Ist die Infektionszahl nur an einem Tag über 300, ist das noch machbar. Geht das aber über mehrere Tage oder steigt die Zahl der Neuinfektionen kontinuierlich an, dann kommt die Kapazität des Contact Tracings in den Kantonen an ihren Anschlag und wir kommen möglicherweise in eine Welle hinein. Geschieht das aber zum Beispiel nur an einem einzigen Ort, ergibt sich keine flächendeckende Welle für die ganze Schweiz.

>> Coronavirus: Alle News im Liveticker

Wann kann man bei Infektionen von einer Welle sprechen?
So wie am Meeresstrand, wenn eine Welle alles mitreisst. Der Volksmund spricht von Welle. Eigentlich geht es darum, dass unser System, das Covid-Tracing, dann nicht mehr feststellen kann, wo die Übertragungen stattfinden und wir nicht mehr gezielt eingreifen können.

Vor zwei Wochen sind viele aus den Ferien zurückgekehrt. Könnte die hohe Zahl damit zu tun haben?
Das kann sein, das ist sicher eine sehr wichtige Hypothese, die man nun auf jeden Fall prüft. Das macht das Contact Tracing. Zuvor kann ich dazu nichts wissenschaftlich Fundiertes sagen.

Wir gehen im Moment nicht von einer nationalen Welle aus, sondern von Hotspots.
Es handelt sich noch immer um Hotspots. Man muss nun herausfinden, wo diese sind. Dann kann man feststellen, ob das zum Beispiel Ferienrückkehrer aus Spanien sind oder Menschen, die in einer Partymeile in Basel oder Zürich gefestet haben. Die Frage, wo die Übertragungen stattfinden, ist wichtiger als die reine Infektionszahl.

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41 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Theor
20.08.2020 06:49registriert Dezember 2015
Das Interview hat gefühlt keinerlei Informationswert.
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Dave1974
20.08.2020 09:38registriert April 2020
Auch wenn manche es offenbar nicht wahrhaben wollen: er hat recht.
Viele schauen auf die Schlagzeilen und dann kommt noch immer das "Ahhhhh Corona! Wir werden alles zumachen müssen!", statt sich mal damit zu befassen, wie die Zahl zustande kommt.
Nur wenige Kantone kommen mit "zu hohen" Zahlen daher und dort muss die Verantwortung übernommen und wiederum geschaut werden, wie sich die Zahlen regional entwickelten, resp. entwickeln.
Manche machen das gut und andere lassen es offenbar schleifen, was auch mich nachdenklich stimmt, weil mir eine nachvollziehbare Begründung fehlt.
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MyPersonalSenf
20.08.2020 06:52registriert Mai 2018
Und teotzdwm bekommt das gemeine Volk seit montanten Täglich einfach einw nackte Zahl in den Kopf gehämmert. So gut wie keine Details.. um ja die Angst und die Unsicherheit nicht zu verlieren.

Und jetzt an alle Aluhüte: ich bin keiner von euch.. ich bin es einfach leid von verängstigten Leuten umzingelt zu sein. Die meissten Menschen denken eben nicht rational sondern mit ihren Emotionen, da kann eine Zahl schon viel viel Schaden anrichten..
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