Schweiz
Interview

Schweiz soll ein Jahr lang keine Asylbewerber reinlassen

Interview

«Es wird auf die Tränendrüse gedrückt»: Ständerat Peter Föhn erklärt, weshalb er dieses Jahr lieber keine Asylbewerber möchte

Während die Flüchtlinge zu Zehntausenden nach Deutschland strömen, behandeln National- und Ständerat ein Asylmoratorium. Der Schwyzer SVP-Ständerat Peter Föhn versucht im Interview zu erklären, dass auf die Tränendrüse gedrückt wird und weshalb die Schweiz mindestens ein Jahr lang keine Flüchtlinge mehr aufnehmen sollte.
08.09.2015, 07:2909.11.2015, 14:42
Anna Wanner / Aargauer Zeitung
Mehr «Schweiz»

Diese Woche stehen zwei Asyl-Debatten an: Erstens will eine Mehrheit des Parlaments die Asylverfahren beschleunigen. Zweitens wird über ein Asylmoratorium debattiert. Die SVP fordert, dass für mindestens ein Jahr kein Bewerber mehr in ein Asylverfahren aufgenommen werden darf. Die Grenze wäre für Asylsuchende dicht. Der Nationalrat widmet sich am Mittwoch der Asyl-Frage, tags darauf behandelt das Stöckli das Asylmoratorium, das der Schwyzer SVP-Ständerat Peter Föhn beantragt.

Peter Föhn, Deutschland empfängt Flüchtlinge mit Transparenten. In der Schweiz sollen für mindestens ein Jahr keine Flüchtlinge mehr aufgenommen werden. Wie passt das zusammen?
Peter Föhn: Natürlich ist es verheerend, was in den betroffenen Ländern abgeht. Die Medien zeigen aber am liebsten Schreckensszenarien.

Das Asylmoratorium will, dass die Schweiz ein Jahr lang Flüchtlinge abweist.
Mit dem Moratorium wollten wir nie, aber gar nie jemanden abweisen, der an Leib und Leben bedroht ist. Wir wollen die Asylbewerber einfach nicht als Flüchtlinge für immer aufnehmen, sondern ihnen einen vorübergehenden Aufenthaltsstatus geben. Wichtig ist, dass die Leute zurückgehen, wenn der Krieg vorbei ist. Was mich am meisten stört, sind die Wirtschaftsflüchtlinge aus Eritrea, aus dem Osten. Es kommen die falschen Leute zu uns. Sogar aus Syrien kommen nicht die Ärmsten, sondern jene, die sich Schlepper leisten können.

«Ich habe noch keinen Deutschen gesehen, der gern einen Asylsuchenden bei sich aufnimmt.»

Sie haben gesagt: «Bilder, die uns erreichen, sind schlimm.» Was bedrückt Sie?
Was an der Grenze passiert: Den Menschen wird das Paradies versprochen, deshalb schliessen sie sich den Schleppern an. Erst zu spät merken sie, dass es die heile Welt nicht gibt.

Die Menschen fliehen vor Krieg. In Ihrem Antrag fordern sie: Während eines Jahres «dürfen keine Personen mehr ins Asylverfahren aufgenommen werden».
Als vorläufig Aufgenommene dürften sie hierbleiben. Das haben wir auch bei den Flüchtlingen aus dem Jugoslawienkrieg so gehandhabt. Nur hat man damals nicht bis zum Schluss durchgehalten und die vorläufig Aufgenommenen nach Kriegsende hierbehalten.

Wieso wollen Sie die Menschen nicht als Flüchtlinge anerkennen?
Es kann nicht sein, dass wir und Europa überschwemmt werden. Das sind Auswirkungen der gescheiterten Schengen/Dublin-Abkommen. Die Flüchtlinge haben gemerkt, sie müssen eine Grenze überschreiten und schon sind sie im ihnen versprochenen gelobten Land.

Deutschland erwartet 800'000 Flüchtlinge, die Schweiz geht von 35'000 aus. Das sind vergleichsweise wenig.
Ja. Wir sind noch nicht überschwemmt. Trotzdem können nicht Tausende Wirtschaftsflüchtlinge zu uns kommen. Vor allem dürfen wir ihnen das Bleiberecht nicht gewähren.

Der Unterschied zu Deutschland ist frappant. Wieso wollen Sie nicht helfen?
Ich habe noch keinen Deutschen gesehen, der gern einen Asylsuchenden bei sich aufnimmt.

Darum geht es nicht.
Doch. Wir müssen das System kritisch hinterfragen. Meine Schwester ist keine vier Jahre Gemeinderätin und muss nun dreimal mehr Flüchtlinge aufnehmen. Auch die Vorschriften zur Unterbringung sind übertrieben. So wird den Flüchtlingen ein Haus mit Holzheizung, wie wir es im Muotathal haben, nicht zugemutet, weil sie nicht selber heizen können.

Müssten wir die Vorschriften lockern, um mehr Flüchtlinge aufzunehmen?
Et voilà! Vorschriften lockern respektive Flüchtlingen strengere Auflagen geben. Dann wäre die Schweiz nicht mehr so attraktiv.

«Die Diskussion dreht sich in der Schweiz um eine winzige Minderheit. Es wird auf die Tränendrüse gedrückt.»

Zurück zu den Syrern. Welche Flüchtlinge sollten wir denn noch aufnehmen?
In Syrien herrscht Bruderkrieg. Helfen könnte man am besten vor Ort: Einerseits muss der Krieg verhindert werden, was die Aufgabe der UNO wäre, die dort eingreifen müsste. Andererseits müsste die Schweiz humanitäre Hilfe leisten. Mit einem Franken könnten wir vor Ort mindestens zehn Mal mehr bewirken.

In Ihrem Vorstoss steht, der humanitäre Gedanke des Asylrechts werde mit Füssen getreten. Tragen Sie nicht selbst dazu bei?
Asyl heisst nichts anderes, als jene aufzunehmen, die an Leib und Leben bedroht sind.

Und dazu zählen Sie die Syrer nicht?
Wieso ist die Rede nur von Syrern? Es kommen mehr Leute aus Eritrea oder aus dem Osten zu uns als aus Syrien! Die Diskussion dreht sich in der Schweiz um eine winzige Minderheit. Es wird auf die Tränendrüse gedrückt.

Was ist denn das Kriterium, damit ein Flüchtling als solcher anerkannt würde?
Der arme Cheib, der nichts hat, nichts zu essen. Einfach nichts. Dem helfe ich sofort.

Mit Kontingenten könnten wir genau jenen helfen.
Genau. Dazu gehören aber keine Eritreer im besten Mannesalter, die nach Europa kommen.

Jetzt auf

Wie finden wir denn die armen Cheibe?
Das wäre vor Ort zu entscheiden. Alte, Waisen oder Halbwaisen, aber keine Dienstverweigerer aus einem Land, wo es keinen Krieg gibt. (aargauerzeitung.ch)

Auf dem Weg in ein besseres Leben: Hunderte Flüchtlinge treffen mit dem Zug in München ein

1 / 24
Auf dem Weg in ein besseres Leben: Hunderte Flüchtlinge treffen mit dem Zug in München ein
Hunderte Migranten erreichen den Hauptbahnhof in München. Die Flüchtlinge kamen aus Budapest mit dem Zug, die meisten von ihnen stammen aus Syrien, Irak und Afghanistan.
quelle: epa/dpa / sven hoppe
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
48 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
dk222
08.09.2015 08:06registriert Januar 2014
Wenn der Föhn aus den Schwyzer Bergen bläst, kriege ich Kopfschmerzen in Zürich. Oder ausgedeutscht: Was interessiert mich die Meinung eines unbedeutenden, konservativen, verknorzten Innerschweizer Politikers bezüglich eines globalen Problems? Nada, wtf.
9317
Melden
Zum Kommentar
avatar
Bouz
08.09.2015 08:23registriert Februar 2015
"Die Medien zeigen aber am liebsten Schreckensszenarien." Und wie ist das bei der svp herr föhn? Auf diese weise geht doch die svp auf stimmenfang 😉.
8711
Melden
Zum Kommentar
avatar
Yolo
08.09.2015 08:18registriert Mai 2015
Toll wie sich der Föhn stellenweise wiederspricht.

"Asyl heisst nichts anderes, als jene aufzunehmen, die an Leib und Leben bedroht sind." und dann solche wieder ausgrenzen...

Der Name ist Programm, nichts als warme Luft!
7713
Melden
Zum Kommentar
48
Was der Böögg als Wetterprophet wirklich taugt (Spoiler: Zum Glück wenig)
Das Brauchtum ist einfach: Je schneller der Kopf des Bööggs beim Sechseläuten explodiert, desto schöner wird der Sommer. Doch so simpel ist es natürlich nicht – zum Glück.

Sagenhafte 57 Minuten benötigte der Böögg gestern, bis sein Kopf mit einem lauten «Chlapf» weggesprengt wurde. Länger benötigte er seit der lückenlosen Datenerfassung 1965 noch nie:

Zur Story