Andere Länder, andere Impfstrategien: Während die Schweiz zuerst die ältere Bevölkerung impft, ist es in Indonesien genau umgekehrt. Zuerst werden die 18- bis 59-Jährigen geimpft, dann die Älteren. Wieso das so gemacht wird und warum das in der Schweiz momentan nicht zur Debatte steht, erklärt in vier Punkten:
Der Gedanke hinter der indonesischen Impfstrategie ist simpel: Durch das Impfen der Jungen soll die Verbreitung des Virus gestoppt werden, da es vor allem junge Leute sind, die viele Kontakte zu anderen haben. Wer die Generation der Superspreader daran hindert, Infektionen weiterzugeben, so die Logik, der erstickt die Ausbreitung und schützt indirekt auch die Alten.
Das ist nicht richtig oder falsch – es ist schlicht eine andere Strategie. Auch wenn böse Zungen behaupten könnten, Präsident Joko Widodo stelle den Schutz der Wirtschaft über den Schutz der Gesellschaft. Fakt ist: Indonesien hat eine sehr junge Bevölkerung. Gerade mal 29,7 Jahre beträgt das Durchschnittsalter. Auch ist die Vermischung der Altersgruppen im Inselstaat viel grösser. So kann es also durchaus Sinn machen, zuerst die arbeitende, mobile Bevölkerung zu impfen.
Auch Israel hat mittlerweile damit begonnen, die Jungen zu impfen. Genauer gesagt Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahre, die kurz vor dem Schulabschluss stehen – etwas ältere Israelis, wie zum Beispiel Studierende, müssen also noch warten. So will Israel eine Rückkehr zum Präsenzunterricht in den Oberstufen und einen «halbwegs normalen» Abschluss ermöglichen. Zuvor hatte sich das Virus an den Oberstufen sehr stark ausgebreitet. Die beiden Länder Indonesien und Israel können aber nicht miteinander verglichen werden, da Israel bereits praktisch alle Personen aus der Risikogruppe geimpft hat.
Damit die indonesische Strategie erfolgreich ist, müsste man genügend Impfdosen zur Verfügung haben. Eine schleppende Impfung von jungen Leuten bringt nichts, da die Verbreitung erst ab einem gewissen Anteil geimpfter Personen abnimmt.
Für die Schweiz ist dieser Punkt allerdings sekundär – man wird nicht von der momentanen Strategie abkommen, zuerst die Risikogruppen zu impfen. Das macht auch Sinn, haben wir doch sehr viel mehr ältere Personen in der Schweiz und eine geringere Durchmischung von Jung und Alt.
Nachdem jedoch alle Personen aus der Risikogruppe geimpft sind, die das auch wollen, sieht die Schweizer Impfstrategie allerdings keine weitere Unterkategorien mehr vor. Stand jetzt würde es dann heissen: First come, first serve. Bis dahin sollten jedoch genügend Impfdosen vorhanden sein, um eine ganze Bevölkerungsgruppe, wie zum Beispiel die 18- bis 29-Jährigen, schnell zu impfen. Doch auch dann stellen sich zwei weitere Probleme.
Ein möglicherweise fataler Denkfehler ist die Gleichsetzung der Immunität einer bestimmten Gruppe mit der Annahme, dass diese immune Gruppe das Virus auch nicht mehr weiterverbreiten kann. Bis jetzt ist es nämlich nicht klar, ob die Impfung auch vor der Weiterverbreitung des Virus schützt.
Und so läuft zumindest Indonesien Gefahr, dass sich die Jungen nach der Impfung zu sehr in Sicherheit wähnen und folglich vermehrt ältere Personen infizieren. Bis sich diese Frage nicht geklärt hat, wird man voraussichtlich auch in der Schweiz nicht über eine weitere Unterkategorisierung nachdenken.
Und wenn doch, dann hätten wahrscheinlich auch noch andere Gruppen ein Wörtchen mitzureden. Bereits jetzt wird die Frage heiss diskutiert, ob man Lehrerinnen und Lehrer mit zu der Risikogruppe zählen soll. Auch Polizistinnen und Polizisten, SBB-Mitarbeitende und andere Berufsgruppen, die zur kritischen Infrastruktur gehören und/oder viel Kontakt zu anderen Personen haben, könnten Kandidaten sein, um prioritär geimpft zu werden.