Sie kauen nervös Kaugummis und Fingernägel: Die Mitglieder des «Kutüsch», wie sich der Verein nennt, verfolgen auf einer Grossleinwand wie Erdogan und seine AKP den Sieg der Referendumsabstimmung ausrufen und ihre Anhänger in den Strassen von Ankara und Istanbul feiern.
Die Erdogan-Gegner sind hier unter sich. Sie alle hoffen auf einen Sieg des «Hayir»-Lagers, das die Verfassungsreform von Präsident Erdogan ablehnt, aber seit spätestens 20 Uhr abends wissen sie, dass die Verfassungsreform wohl nur noch auf juristischem Weg abgewendet werden kann.
Sie zweifeln das Resultat an und vermuten breit angelegte Manipulation in den Abstimmungslokalen wo die Ja-Stimmen einiges unbürokratischer gezählt worden sein sollen als die Nein-Stimmen:
Eine weitere Zweiflerin ist Hûrû Tat, Vorstandsmitglied des Vereins. Sie hat Nein gestimmt, befürchtet aber, dass sich Erdogan durchsetzen werde. Denn die Oppostion in der Türkei werde unterdrückt: «Das ist ungerecht.»
Sie sorgt sich besonders auch um die türkischen Frauen im Falle eines Ja's: «Erdogan repräsentiert das patriarchische System. Eine solche faschistische, islamgefärbte Diktatur ist eine Gefahr für Minderheiten.» Ein Ja wäre eine Katstrophe für den Frieden und die Demokratie, meint Tat.
Nachdem die türkischen TV-Sender den knappen Sieg des Nein-Lagers vermelden, leert sich der «Breitsch-Träff» schnell. Die noch verbleibenden Mitglieder des Türkisch-Kurdischen Kulturvereins Bern sind enttäuscht. Sie starren mit leerer Miene auf die Grossleinwand. Niemand ist gesprächig, alle hören stumm den neusten Entwicklungen aus der Türkei zu. Grossrat Hasim Sançar ist als einziger bereit, vor die Kamera zu treten. Auch er ist enttäuscht vom Ausgang der Abstimmung.