Fluggäste, die andere Passagiere belästigen, die Besatzung attackieren oder gar das Flugzeug beschädigen, gehören längst zum Alltag vieler Fluggesellschaften. Auslöser der Konflikte an Bord sind meist von banaler Natur: eine geschlossene Fensterblende, die Rückenlehne des Vordermanns, eine Anweisung des Kabinenpersonals.
Im Jahr 2019 wurden 1357 Straftaten beim Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) gemeldet. Das entspricht 508 Delikten mehr als im Vorjahr, verglichen mit 795 im Jahr 2017 und 695 im Jahr 2016. Die Anzahl der gemeldeten Querulanten in Flugzeugen hat sich in der Schweiz gegenüber 2016 also fast verdoppelt.
Die Swiss kommuniziert keine genauen Zahlen, bestätigt aber eine Zunahme der Vorfälle mit randalierenden Passagieren. «Hauptgründe für die tendenziell leichte Erhöhung können die Zunahme der Passagierzahlen durch die Inbetriebnahme neuer Flugzeuge mit mehr Kapazität sowie die verstärkte Sensibilisierung unseres Boden- und Kabinenpersonals sein», sagt die Sprecherin der Swiss.
Derselbe Trend zeichnet sich nicht nur bei den heimischen, sondern auch bei internationalen Fluggesellschaften ab: 2019 wurden der International Air Transport Association (IATA) von verschiedenen Fluggesellschaften 10'854 Passagiervorfälle gemeldet – Tendenz stark steigend.
Der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) zufolge wird alle drei Stunden die Sicherheit eines Fluges von einem sogenannten «unruly passenger» bedroht. Über 70 Prozent dieser Fälle enthalten nach der EASA physische Aggressionen. Gemäss derselben Organisation muss einmal im Monat ein Flugzeug wegen eines problematischen Vorfalls in Europa notlanden.
Diese Zahlen sind für die Fluggesellschaften ein Problem. Nicht nur werden Sicherheit und Komfort an Bord gefährdet, eine Unruhe stiftende Person kann auch hohe Kosten verursachen. Wenn eine Maschine notlanden oder den Flugkurs ändern muss, kann dies das Unternehmen schnell über 100'000 Dollar kosten, zitiert die «Süddeutsche Zeitung» den IATA-Vizepräsidenten Paul Steele.
Die drei häufigsten Ursachen von Krawallen in hoher Höhe sind gemäss IATA Rauchen, Trunkenheit und Verstösse gegen die Anweisungen des Kabinenpersonals. «In den vergangenen Jahren waren Alkohol- und Drogenkonsum die häufigste Ursache für renitentes Verhalten», sagt eine Swiss-Sprecherin zu watson.
Ausserdem ist es nicht die Bord-Bar, die dem Frieden meist zum Verhängnis wird, sondern der vorher oder heimlich während dem Flug konsumierte Alkohol, wie die IATA mitteilt. Das bestätigt auch die Swiss: Selbst mitgebrachter und heimlich konsumierter Alkohol sei auch ein der Swiss bekanntes Problem.
Am meisten gemeldet worden sei 2019 aber die Missachtung von Sicherheitsregeln, teilt Swiss mit. Manche Passagiere schnallen sich trotz ausdrücklicher Anweisung nicht an. Andere wiederum wollen ihre elektronischen Geräte nicht abschalten, obwohl sie mehrfach auf das Verbot hingewiesen wurden.
Nicht selten kommt es dabei zu verbalen oder gar physischen Auseinandersetzungen mit dem Flugpersonal. «Ebenfalls zugenommen haben die verbalen Beschimpfungen des Kabinen- oder Bodenpersonals und anderer Passagiere», sagt die Swiss-Sprecherin.
Bei rund 10 Prozent der Fälle kommt es zur Androhung von Übergriffen oder sexueller Belästigung. In 4 Prozent der Vorfälle kann das Verhalten des Passagiers das Leben anderer Menschen gefährden, manche versuchen gar ins Cockpit zu gelangen, zeigt eine Umfrage der IATA.
«Die Swiss trainiert und sensibilisiert sowohl das Kabinen- als auch das Bodenpersonal darauf, auffällige Passagiere bereits am Boden zu identifizieren», sagt die Swiss-Sprecherin. Dabei stehe die Deeskalation der Situationen an erster Stelle.
«Im Durchschnitt werden zwischen 5 und 10 Prozent der gemeldeten Fälle mit einer Geldstrafe belegt», sagt Christian Schubert vom BAZL. International werden knapp 40 Prozent aller Vorfälle juristisch verfolgt: Nur rund jeder dritte Unruhestifter muss demnach mit Konsequenzen rechnen, wie die IATA mitteilt.
Das liegt hauptsächlich an der unklaren internationalen Regelung. So fühlt sich beispielsweise die Polizei in Abu Dhabi nicht für den Unruhestifter verantwortlich, nur weil sich die Lufthansa-Maschine dort zur Landung gezwungen sah. Die Unsicherheit darüber, wer auf wessen Boden für welches Vergehen im Luftraum juristisch verantwortlich ist, führt zu einem Mangel an gerichtlicher Zuständigkeit.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Polizei der Zugang zu Aussagen oder Informationen teils verwehrt bleibt, weil die Betroffenen ihre Reise bereits fortgesetzt haben.
Abhilfe soll das Montreal-Protokoll 2014 schaffen – sowohl für die mangelnde Gerichtsbarkeit als auch für die steigende Anzahl Vorfälle an Bord. Das Protokoll gibt Regierungen ein juristisches Werkzeug in die Hand, um das Fehlverhalten in Flugzeugen hart zu bestrafen. Konnten in der Vergangenheit viele randalierende Fluggäste gerichtlich nicht belangt werden, so soll sich das nun ändern.
#BREntscheid Fluggesellschaften sollen Passagiere, die gegen die Verhaltensregeln an Bord verstossen, in Zukunft einfacher gerichtlich belangen können. Dazu wird das internationale Abkommen von Tokio geändert. Medienmitteilung: https://t.co/ya39bDdR2L pic.twitter.com/L1czhzNHPV
— UVEK - DETEC - DATEC (@UVEK) May 27, 2020
Der Bundesrat hat am 27. Mai 2020 das internationale Protokoll unterzeichnet und an das Parlament zur Verabschiedung weitergereicht, wie aus einer Medienmitteilung des BAZL hervorgeht. Damit soll das Montreal-Protokoll das bereits bestehende Tokio-Protokoll in der Schweiz bald ergänzen.
Neu gilt eine «zusätzliche obligatorische Gerichtsbarkeit des Halter- wie auch des Landestaates». In anderen Worten: Der Staat, in dem das Flugzeug gelandet ist, kann nun ebenso juristisch gegen Unruhestifter vorgehen wie das Land, aus dem die Fluggesellschaft stammt.
Als weitere Änderung enthält das Protokoll eine Liste der schwersten Straftaten. Zudem sieht das Protokoll auch Schadenersatzansprüche vor, die gegenüber den Querulanten geltend gemacht werden können.
Allerdings tritt das Montreal-Protokoll erst in Kraft, wenn mindestens 22 Länder das Protokoll ratifiziert haben. Derzeit seien es gerade einmal sechs Staaten, schreibt die IATA.
Da waren schon ein kaputtes Display, welches die Besatzung mit allem möglichen wieder versucht hat zum funktionieren zu bringen. Kann man in so einer Situation nicht akzeptieren, dass das einfach mal passieren und die Crew einfach nix dafür kann?
Ein anderes mal war es tatsächlich ein zu lautes Triebwerk. 🤦♂️
1) Stress. Viele Leute sind beim Fliegen extrem gestresst, da sie die Abläufe nicht kennen bzw. vieles auf sie einwirkt.
2) Alkohol u. Tabletten. Viele Passagiere trinken zu viel, da häufig der Alk gratis ist. Einige tun dies um Punkt 1 erträglicher zu machen. Jedoch vergessen fast alle, dass Alk durch die Höhe stärker wirkt. Das selbe mit Tabletten.
3) Generelle Enthemmung. Heute ist man viel schneller mit "Ausrasten", auch bei kl. Sachen. Einige Leute könne sich regelrecht in etwas reinsteigern.