Schülerinnen und Schüler sollen bald wieder zum Unterricht. Seit Wochen unterrichtet die Schweiz wegen Coronavirus von zu Hause aus, was für Kinder, Jugendliche und Eltern eine riesige Herausforderung bedeutet.
Geht es nach dem Bundesrat, so soll ab dem 11. Mai die Rückkehr zur Normalität beginnen. Die Öffnung soll zunächst nur die obligatorischen Schulen betreffen. Für Berufsschulen und Gymnasien wird der 8. Juni angepeilt. Das sind bislang auch die einzigen Details, die bekannt sind.
Das stört Schülerinnen, Lehrer und Eltern gleichermassen. Gymnasiasten sammeln tausende Unterschriften für Petitionen und fordern Klarheit. Diese wird voraussichtlich erst Ende April vorliegen, wenn der Bundesrat die definitiven Beschlüsse fasst.
Zeit für einen Blick ins Ausland: watson zeigt auf, wie die Öffnung der Schulen in Dänemark sowie den beiden Nachbarländern Deutschland und Österreich diskutiert und beschlossen wird.
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Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sprach von einer «ersten vorsichtigen Phase» der Öffnung des Landes, als sie die Lockerungen für das Schulsystem bekannt gab. Das Land im Norden Europas hat am 12. März alle Schulen geschlossen und begann letzte Woche mit der schrittweisen Öffnung der Schulen.
Vorgeschrieben war ein Mindestabstand von zwei Metern zwischen den Schulbänken, in die Pause dürfen die Schüler nur in kleinen Gruppen. Um genügend Platz zu haben, stellten einige Schulen Zelte auf. Wer auch nur die geringsten Krankheits-Anzeichen zeigt, wird nach Hause geschickt.
Ein Korrespondent der NZZ berichtet jedoch aus Kopenhagen, dass der Rückgang zur Normalität nicht reibungslos abgelaufen sei. So sei zu Beginn nur die Hälfte aller Schulen bereit gewesen, den Unterricht in den Klassenräumen wieder zu starten. «Man hat den Eindruck, dass die dänische Regierung die Schulöffnung zu wenig mit den Bildungsbehörden abgestimmt hat», sagt Journalist Niels Anner.
Er berichtet, dass im Kindergarten nur noch in ganz kleinen Gruppen gespielt werden durfte, um das Ansteckungsrisiko zu mindern. «Das Regime, das dafür sorgt, dass sich Kinder nicht zu nahe kommen, ist strikt», wird der Korrespondent zitiert. Änderungen gab es auch beim Unterricht: Seine Tochter habe einen anderen Stundenplan und es kämen Aushilfslehrerinnen und -lehrer zum Einsatz.
Die Wiederaufnahme des Schulbetriebs ist nicht unbestritten. Eine Facebook-Gruppe mit dem Namen «Mein Kind sollte kein Versuchskaninchen für Covid-19 sein» vereinte bis heute über 40'000 Kritikerinnen und Kritiker der Schulöffnung.
Im Nachbarland machte sich Bundeskanzler Sebastian Kurz mit frühem Eingreifen beliebt beim Volk. Die Schulen liess sein Kabinett in ganz Österreich bereits ab dem 12. März schrittweise schliessen. Die Lockerung soll ab Mai folgen, wie er am Dienstag bekannt gab. Am Freitag will das Bildungsministerium weitere Details präsentieren.
Welche Schutzmassnahmen gelten werden, ist noch unklar. Das dürfte auch den obersten Lehrervertreter Paul Kimberger ärgern. Vergangene Woche warnte er, dass es an den Schulen derzeit an Schutzmasken, Desinfektionsmitteln und Zugang zu Seife und warmem Wasser in den Klassen fehle. An einen «Schulstart» sei nicht zu denken, solange Hygienemassnahmen nicht eingehalten werden können. «Die Schulen dürfen auf keinen Fall ein Motor für die Infektionszahlen werden», so Kimberger weiter.
Das Nachbarland Deutschland kannte als eines der ersten Länder Europas die Schliessungen von Schulen. Das passierte zunächst örtlich und situativ bereits ab Anfang März, bundeslandsweit wurden sie ab dem 16. März beschlossen.
Ähnlich föderalistisch sieht es beim Fahrplan für die Öffnung der Schulen in Deutschland aus. Auch hier konzentrierte man sich in einem ersten Schritt auf die Prüfungen und Prüfungsvorbereitungen, die seit gestern Montag (20. April) in mehreren grossen Bundesländern erlaubt sind.
Andere Bundesländer warten ab. Grundsätzlich gilt für den sogenannten Regelschulbetrieb der 4. Mai als Stichtag: Ab dann wollen die Länder nach und nach den Unterricht wieder aufnehmen. Einzelne Bundesländer gaben bereits Fahrpläne bekannt. So will Bayern den Unterricht für die ältesten Jahrgänge ab dem 11. Mai aufnehmen, Niedersachsen will einige Klassen sogar erst ab dem 18. Mai ins Schulhaus lassen.
In Sachsen, wo seit Montag erste Schülerinnen und Schüler die Schulbank drücken, wurden Desinfektionsmittel und Schutzmasken verteilt.
Die Kultusminister der Bundesländer (sie sind zuständig für den Bildungsbereich) wollen bis Ende April ein Konzept zu Hygienemassnahmen, Schulbusbetrieb, Pausenzeiten und Gruppenaufteilung erarbeiten.
Klar ist, dass es unter den Bundesländer-Vertretern jene geben wird, die auf die Bremse drücken werden. So kritisierte der Thüringer Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) die rasche Öffnung der Schulen, weil das Schulsystem nicht auf diese «Herausforderung» ausreichend vorbereitet sei.
«Es gibt nicht genügend Lehrer und nicht genügend Schulen für die geforderten kleinen Klassen», sagte Ramelow und merkte an, dass es auch an Masken mangle, um Lehrerinnen und Lehrer zu schützen.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wünschte sich eine «gemeinsame Strategie» für die 16 Bundesländer. Er selbst steht derzeit in der Kritik, weil in seinem Bundesland einige Abschlussklassen diese Woche ihren Unterricht beginnen sollten. Ein Schülervertreter kritisierte, dass der Infektionsschutz zumindest in seiner Schule «nicht wirklich» umgesetzt werden könne. Dort sei die Seife schon um elf Uhr «alle».
Wir wissen einfach zu wenig über das Virus.