Vor fast einem Jahr, am 15. Oktober 2017, schickte Schauspielerin Alyssa Milano diesen Tweet in die Welt:
If you’ve been sexually harassed or assaulted write ‘me too’ as a reply to this tweet. pic.twitter.com/k2oeCiUf9n
— Alyssa Milano (@Alyssa_Milano) 15. Oktober 2017
Er war eine Reaktion auf den investigativen «New York Times»-Artikel vom 5. Oktober 2017 über Harvey Weinstein. Unter dem Begriff #MeToo sollten alle Opfer sexueller Belästigungen oder Übergriffe in die Öffentlichkeit treten. Damit war eine Bewegung geboren.
Just found this. Me on the left. A few years into the nightly abuse...#survivorculture#BoysToo#MenToo#MeToo pic.twitter.com/uJ8WNXxDLZ
— David! 💜 (@SCFounderDavid) 29. September 2018
Doch die Diskussion um unangemessenes Verhalten und strukturelle Diskriminierung bis hin zu offener Gewalt ist auch ein Jahr später nicht zu Ende. Im Gegenteil: Wann beginnt eigentlich Benachteiligung? Wie können Missbrauchsopfer unterstützt werden und wie bietet man Tätern Einhalt? Die Debatte darüber ist auch heute noch in sozialen Netzwerken lebendig.
Wir haben gesammelt, welche 9 Hashtags rund um #MeToo verwendet werden und (leider) weiter relevant sind.
Mit «WeToo» soll Solidarität mit «MeToo»-Betroffenen ausgedrückt werden. Ein Hashtag also für alle, die bislang selbst von sexuellen Belästigungen verschont geblieben sind, die Problematik jedoch anerkennen und Opfern den Rücken stärken wollen.
If you are reading this and you have been sexually abused in anyway, know that I believe in you and I stand here with you. You are not alone and you are worth so much more than that. It was not your fault. #metoo #wetoo #BelieveSurvivors #NotAlone
— Delilah Liggett (@delusional_baby) 30. September 2018
Unter dem Motto «MeTwo» sammelten Menschen (meist mit Migrationshintergrund) vor einigen Monaten Anekdoten aus ihrem Alltag, die zeigen, dass Rassismus leider immer noch allgegenwärtig ist. Von blöden Kommentaren à la «Und wo kommst du wirklich her? Ja, aber deine Eltern? Ja, aber ich meine ursprüng-lich?» bis hin zu üblen Beleidigungen – hier ist leider alles dabei.
Zahlreiche Opfer von sexueller Gewalt gehen nicht zur Polizei. Frauen zeigen die Täter nicht oder viel zu spät an – aus guten Gründen, wie sie unter #WhyIDidntReport erzählen. Viele Frauen wollen dem Täter nicht «schaden», haben Angst vor Schuldzuweisungen und demütigenden Fragen durch die Polizei. Sie reden sich ihren Fall als «nicht so schlimm» klein oder hören das sogar aus ihrem Umfeld.
Häufig begegnet Missbrauchsopfern der Vorwurf, wenn sie erst Jahre später an die Öffentlichkeit gehen, müssten sie ja Lügner sein. Psychologen wissen aber schon lange: Opfer brauchen oft lange, um sich traumatischen Ereignissen zu stellen. Wer sich schon immer fragte, warum, sollte mal #WhyIDidntReport eingeben.
#WhyIDidntReport Ich dachte ich liebe ihn. Ich wollte ihm seine Karriere nicht zerstören. Ich dachte es wäre meine Schuld und dass ich mich nicht genug gewehrt habe. Ich hatte Angst vor den Konsequenzen.
— Jenni (@Aletheia94) 23. September 2018
Because I felt ashamed of what happened and didn’t want to publicly ruin someone’s life, even though they privately ruined mine #WhyIDidntReport
— Cara Delevingne (@Caradelevingne) 27. September 2018
Viele Opfer von sexueller Gewalt trauen sich mit ihren Geschichten nicht an die Öffentlichkeit, aus Angst vor zwei Reaktionen: 1. Sie werden für Lügner gehalten 2. Die Schuld wird bei Ihnen gesucht.
Das Gegenteil von Victim-Blaming ist wohl der Hashtag #IBelieveYou oder auch #IBelieveSurvivors, der Betroffenen zeigen soll: Erstmal glaube ich dir. Und NICHT: Was hattest du an? Wie betrunken warst du? Erkläre dich gefälligst!
The three most powerful words...
— Rebecca (@Re_Becca_B) 16. Oktober 2017
A victim needs to hear...
Are "I believe you"#SexualAssault #Metoo #ibelieveyou #bebrave pic.twitter.com/XPElAPZIr4
Was nützt das ganze Gerede, wenn sich nichts ändert? Genau das ist der Hintergrund des Hashtags #TimesUp. Wer diesen nutzt, möchte damit zeigen: Es reicht jetzt. Sexuelle Gewalt und Diskriminierung muss langfristig ausgehebelt werden, Straftäter juristisch belangt – beginnen wir am Arbeitsplatz.
Auf der US-Website timesupnow finden Betroffene spezialisierte Arbeitsrechts-Anwälte. Bei den diesjährigen Golden Globes trugen einige Stars sogar Times-Up-T-Shirts, um auf die Missstände in der Filmindustrie aufmerksam zu machen.
#TimesUp has called for a walkout tomorrow in support of Supreme Court nominee Brett Kavanaugh's accusers https://t.co/DOCYqtW3yC pic.twitter.com/AaRkSMMqRG
— Variety (@Variety) 24. September 2018
«Freu dich doch!», «Ist doch nur flirten» – wer sich das schon anhören musste, weil er sich über sexistische Sprüche aufgeregt hat, weiss, was für ein Quatsch das ist. Damit aber auch noch beim Letzten einsickert, WIE quatschig das ist, wurde #NoWomanEver 2016 ins Leben gerufen. Unter diesem Hashtag beschreiben Frauen bis heute, wie absurd es wäre, wenn sie sich über Anzüglichkeiten und blöde Sprüche auch noch freuen würden. Wirklich witzig!
Wir kannten uns nicht, aber als er mich vor seinem Kumpel fragte, ob ich ihn oral befriedige, wusste ich, er ist der eine <3 #NoWomanEver
— Martina (@MissMartypenny) 20. Juni 2016
"Es war gut, dass er die Atmosphäre mit einem sexistischen Witz auflockerte" said #noWomanEver
— Petra Wlasak (@Petra_Wlasak) 23. Juni 2016
Studien ergeben schon seit Jahren: Wer sexuelle Übergriffe oder Gewalt als Opfer erlebt, wird häufiger selbst Täter, als Menschen, die gewaltfrei aufwachsen. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, müssen Opfer sich auch mit ihren Traumata auseinandersetzen – das meint der Hashtag #survivorculture.
#survivorculture get to know the patterns in your family history. What toxic patterns are you repeating? pic.twitter.com/JIX102lmgn
— Veronica 🏳️🌈🇬🇺🇨🇷🇨🇦🇵🇷🇺🇸🇲🇽🌊 (@SpearsSurvivor) 30. September 2018
Unter dem Schlagwort werden die Missbrauchsereignisse von früher geteilt, aber auch Anekdoten davon, wie es gelang, einen Weg aus der Trauer und Wut zu finden.
Viele haben sich über die Einführung des gegenseitigen Einverständnisses zum Sex in Schweden lustig gemacht, aber so ein Gesetz wäre vermutlich überhaupt nicht nötig gewesen, wenn klar wäre: «Nein» heisst «Nein». Weiss doch jeder? Nee, leider nicht. Sonst würde es bei der Diskussion um Vergewaltigungen vor Gericht und am Stammtisch nicht immer auch darum gehen, dass es (angeblich) unterschiedliche Auffassungen davon gab, was gewünscht war.
Stop sexual violence #NoMeansNo pic.twitter.com/Y7BYhZS2Qp
— Sarah O. (@SarahOlu_) 22. Juni 2015
Unter dem Hashtag #NoMeansNo erinnern Twitter-User daher daran, wann man lieber KEINEN Sex initiieren sollte: Wenn der andere unter Drogen oder bewusstlos ist, zum Beispiel (Hallo, Mr. Cosby), eine finanzielle/berufliche Abhängigkeit besteht (Hallo, Mr. Weinstein) oder der andere – selbst wenn höflich lächelnd – sagt, dass er heute nicht möchte (gilt auch in Beziehungen!).
Ein Hashtag, der 2013 breite gesellschaftliche Diskussionen ausgelöst hat. Unter dem Sammelbegriff «aufschrei» teilten Frauen online mit, wie ihnen Sexismus im Alltag begegnet – und tun das bis heute. Und manch ein Twitter-Nutzer war schockiert zu erfahren, dass Übergriffe, Beleidigungen und Benachteiligungen eben nicht nur «den anderen» passierte, sondern auch Verwandten und Freundinnen aus seiner Timeline.
"EY DU NUTTE! DU HURE! ICH ZIEH DIR DEIN SHIRT DURCH DEINE FOTZE! WIE HÄSSLICH DU BIST SCHEISS NUTTE!" Typ, einfach so, BerlinHbf.#aufschrei pic.twitter.com/NeRrxGHXuI
— Kai Wargalla (@KaiWargalla) 17. September 2017
Die Initiatorinnen Anne Wizorek, Jasna Strick und Nicole von Horst mussten nach ihrer «Erfindung» allerdings auch mit Drohbriefen und Hasskommentaren leben (wie sie bei VICE erzählten) – nur ein weiterer Beweis dafür, dass all diese Twitter-Diskussionen weiter bitter nötig sind...