Die Lockerung der Regeln zu Kriegsmaterialexporten führt zu deutlichen Reaktionen. Bürgerliche sehen sehen darin ein positives Signal für die Arbeitsplätze in der Branche. Der Bundesrat knicke vor der Rüstungsindustrie ein, lautet derweil der Tenor links der Mitte.
«Bundesrat Schneider-Ammann liest der Rüstungsindustrie die Wünsche von den Lippen ab» wird SP-Nationalrätin Claudia Friedl am Freitag in einer Mitteilung ihrer Partei zitiert. Die SP fordert, die aktuelle Fassung der Kriegsmaterialverordnung zu respektieren und sofort alle Bewilligungen für Kriegsmaterialausfuhren in Länder zu stoppen, die in innere oder internationale Konflikte verwickelt sind.
Auch die Grünen kritisieren den Bundesratsbeschluss scharf. Dieser sei – gleich wie die heutige Praxis – gesetzeswidrig und aus humanitären Gründen nicht zu rechtfertigen, schreibt Nationalrat Balthasar Glättli. Der Beschluss gefährde die Möglichkeit der neutralen Schweiz, ihre guten Dienste zur Überwindung bewaffneter Konflikte anzubieten.
Die CVP sieht dem Entscheid ebenfalls sehr kritisch entgegen. «Es gibt gegenwärtig keinen Grund, weshalb die Verordnung gelockert werden sollte», sagt CVP-Sprecher Michaël Girod auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Klare Worte findet die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (Gsoa). Der Entscheid laufe der schweizerischen Neutralitätspolitik diametral entgegen, schreibt die Gsoa in einer Mitteilung. «Der Bundesrat verrät so die humanitäre Tradition der Schweiz», sagt Gsoa-Sekretärin Anna Naeff. Die Lockerung sei eine Schande für den Depositärstaat der Genfer Konventionen und das Gründungsland des Roten Kreuzes.
Da es sich um eine Verordnungsänderung handle, über welche die Stimmbevölkerung nicht mitentscheiden kann, liege der Ball nun beim Parlament. Dieses müsse eine Gesetzesänderung vorschlagen, damit die Änderung in einer Volksabstimmung diskutiert werden können.
Die FDP glaubt, dass die Schweiz durch diesen Entscheid ihr Know-How aufbauen kann. Eine erfolgreiche Rüstungsindustrie sei essentiell für die Kapazität der Selbstverteidigung und damit für ihre Glaubwürdigkeit und Souveränität. «In den Genehmigungsverfahren werde von Fall zu Fall überprüft werden müssen, ob die Neutralität verletzt werde», sagte die Sprecherin Karine Barras.
Erwartet hat man den Entscheid bei der SVP. «Wir begrüssen den Beschluss des Bundesrates», sagt SVP-Nationalrat Werner Salzmann gegenüber Keystone-SDA. Der Entscheid helfe, die 10'000 Arbeitsplätze in der Schweizer Wehrtechnik zu sichern.
Die Schweizer Neutralität werde nicht verletzt, da es sich nur um Exporte in Länder mit einem internen bewaffneten Konflikt handle. Hinzu komme, dass Schweizer Anbieter im Vergleich mit jenen aus der EU «nicht mit gleich langen Spiessen» kämpften.
Diese Argumentation führt auch der Industrieverband Swissmem. Rüstungsunternehmen in der Schweiz müssten zwar auch nach dem heutigen Entscheid strengeren Kriterien genügen als Anbieter in vergleichbaren EU-Ländern, sagt Swissmem-Sprecher Ivo Zimmermann. «Aber es ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung.» (sda)