Grünes Licht für Salat, Rot für eine Flasche Cola: Migros und Coop wehrten sich lange dagegen. Noch im Juni 2019 lehnten die Detailhändler eine Lebensmittelampel mit der Begründung ab, dass Lebensmittel nicht grundsätzlich in gute und schlechte Kategorien eingeteilt werden sollten.
Genau ein Jahr später folgte die Kehrtwendung. Migros und Coop verkündeten, dass sie den Nutri-Score bei diversen Eigenmarken einführen werden. Coop bei der vegetarischen Marke Délicorn, Migros druckt die Ampel auf Tiefkühlprodukte der Marke Pelican und Cornatur. Man habe bei einem Teil der Kunden das Bedürfnis nach einer einfachen Nährwertkennzeichnung festgestellt, so die Detailhändler gegenüber der Sonntagszeitung.
Doch nicht nur in der Wirtschaft tut sich was. Auch auf politischer Ebene rückt der Nutri-Score in den Fokus der Aufmerksamkeit. Ein Postulat, eingereicht von der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK), fordert, dass der Bund prüft, wie teuer die Einführung des Ampelsystems Migros, Coop und Co. zu stehen kommt. Zudem will der Vorstoss, dass Anreize geprüft werden, wie die Detailhändler dazu bewegt werden könnten, den Nutri-Score auf weiteren Produkten abzudrucken.
«Ich würde es begrüssen, wenn wir das Ampelsystem in der Schweiz vermehrt anwenden können», sagt SP-Nationalrätin Yvonne Feri. Feri ist Mitglied der SGK und Berichterstatterin des Geschäfts. Der Nutri-Score ermögliche es, Lebensmittel wie Erdbeerjoghurts oder Lasagne untereinander zu vergleichen. «Die Ampeln sind aber sicherlich kein Ersatz für die bisherigen Deklarationen, weil sie nichts über die Zusammensetzung aussagen», fügt Feri hinzu.
Die Antwort des Bundesrates ist zurückhaltend. Er beantragt die Ablehnung des Postulats. Der Nutri-Score könne den Konsumentinnen und Konsumenten zwar eine Hilfe bei der Auswahl von gesunden Produkten sein, eine Prüfung der Wirksamkeit sei jedoch unerlässlich. Dafür zuständig sei bereits das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), weshalb eine separate Prüfung durch den Bundesrat nicht nötig sei.
Eine umfassende Prüfung hat das BLV bis dato aber noch nicht durchgeführt, wie das Amt auf Anfrage sagt: «Für eine Wirksamkeitsanalyse in der Schweiz ist es zu früh.» Es seien derzeit noch zu wenig Produkte mit dem Nutri-Score auf dem Markt. Doch auch die Sprecherin des BLVs betont, dass die Lebensmittelampel ein «bedeutender Baustein der Schweizer Ernährungsstrategie» sei.
Das BLV verweist auf eine Studie der Universität Wien. Die Studienautorinnen liessen rund 1000 erwachsene Schweizerinnen und Schweizer verschiedene Lebensmittel nach ihrer Ernährungsqualität bewerten. Einmal ohne Etikett und dann mit verschiedenen Kennzeichnungen, darunter auch dem Nutri-Score.
Die Lebensmittelampel schnitt am besten ab: «Der Nutri-Score zeigte den höchsten Prozentsatz an Verbesserungen bei der Lebensmittelauswahl», so die Studienautoren. Die Kennzeichnung könne ein nützliches Instrument sein, die Lebensmittelauswahl zu verbessern. Die Ampel könne gar dafür sorgen, dass die Belastung durch chronische Krankheiten sinke.
Heute Mittwoch stimmt der Nationalrat darüber ab, ob er dem Vorstoss der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) zustimmt und der Bundesrat sich intensiver damit beschäftigen muss.
Das ding ist ein Ansatz aber keinesfalls ein System mit welchem Ernährungsfragen geklärt werden können.
Ich befürchte auch eine langfristige Verwässerung der Deklarationspflichten. Deshalb auch das Interesse der Nahrungsmittelindustrie.
(mein Einkauf in Frankreich)