Schweiz
Gesellschaft & Politik

Partygänger können aufatmen: Musikbranche zwingt Bund in die Knie

Fertig Party: Mit der neuen Verordnung hätten kleinere Lokale möglicherweise schliessen müssen. 
Fertig Party: Mit der neuen Verordnung hätten kleinere Lokale möglicherweise schliessen müssen. bild: shutterstock

Partygänger können aufatmen: Musikbranche zwingt Bund in die Knie 

Ab 2019 sollten schärfere Lärmschutzregeln gelten, die Party-Veranstalter und Gastronomen um ihre Existenz fürchten liessen. Doch nun zeigte der Druck der Musikbranche Wirkung.
27.09.2018, 14:4627.09.2018, 18:48
Mehr «Schweiz»

Gastronomen, Konzertveranstalter und Clubbesitzer der ganzen Schweiz liefen Sturm, als das Bundesamt für Gesundheit BAG im August die verschärften Lärmschutzregeln bekanntgab. Mit der abgeänderten Verordnung würden Kosten auf sie zukommen, die sie nicht bewältigen könnten, so das Credo. Es drohe schweizweit die Schliessung zahlreicher Lokale. 

Nun können Partygänger und Clubbesitzer aufatmen: Das BAG krebst zurück. Beim Dachverband der Schweizer Musikveranstalter herrscht Freude: «Es konnte ein einvernehmlicher Lösungsvorschlag gefunden werden», heisst es in einer Mitteilung.  

Mit der Verschärfung des Gesetzes hätten Schweizer Veranstalter ab einer Lautstärke von 93 Dezibel die Konzerte oder Partynächte mit einem geeichten Messgerät aufzeichnen müssen. Bisher besteht diese Pflicht nur für Veranstaltungen, bei denen der Durchschnitt für länger als drei Stunden über 96 Dezibel liegt. 

Die Messwerte sind tief angesetzt. Die aktuelle Schweizer Schallverordnung gehört damit bereits zu den strengsten der Welt. Zum Vergleich: Das Gesprächslevel in einer gut gefüllten Bar liegt mit etwas Hintergrundmusik bei 90 Dezibel.

Der grösste Kritikpunkt bei der angepassten Verordnung war aber, dass die Messgeräte und die entsprechende Ausbildung von Mitarbeitern mehrere Tausend Franken kosten. Vor allem kleine Betreiber sahen sich deshalb vom finanziellen Ruin bedroht. 

Mit 11'000 Unterschriften gegen neue Regelung

Felix Mechelke, ein 26-jähriger Musiker aus Luzern, hatte Ende August die Petition «Macht unsere Konzerte nicht kaputt» lanciert. Innerhalb von nur einem Monat kamen über 11'000 Unterschriften zusammen. «Das spricht Bände – die Leute wollen Musik geniessen und dabei nicht eingeschränkt werden». Ob auch diese Mobilisierung beim BAG Eindruck gemacht hat? Gut möglich. 

Jetzt ist das Bundesamt jedenfalls bereit, es bei den bisherigen Auflagen zu lassen. Eine Arbeitsgruppe aus den Verbänden sei zusammengesetzt worden, um gemeinsam mit Fachkreisen eine Empfehlung für Messgeräte vor Ort zu erstellen, schreibt der Dachverband der Schweizer Musikveranstalter. Diese soll sowohl die Messqualität als auch den Gesundheitsschutz gewährleisten.

In einem weiteren Schritt soll die Branche dann eine Empfehlung zum Messverfahren für Veranstalter ausarbeiten. Der Bundesrat wird voraussichtlich Anfang 2019 definitiv über den Inhalt und die Inkraftsetzung entscheiden.

Partywochenende? Dann warten diese 10 Kater-Stufen auf dich

Video: watson/Knackeboul, Lya Saxer

Die Street Parade 2018

1 / 26
Die Street Parade 2018
quelle: epa/keystone / ennio leanza
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
29 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Frances Ryder
27.09.2018 15:11registriert Januar 2018
In der Schweizer Politik dauert zwar alles doppelt so lang, aber wenn man bedenkt, wie in anderen Ländern die ganze Bevölkerung bei gewissen Themen Sturm läuft und es die Politiker einen Dreck interessiert, kann man doch froh sein, dass man in der Schweiz mit mickrigen 11'000 Unterschriften schon auf die Politik Einfluss nehmen kann.
826
Melden
Zum Kommentar
avatar
super_silv
27.09.2018 15:33registriert August 2014
Von 90dB auf 96db ist aber auch eine ver 4Fachung der Lautstärke. Also nicht so wenig. Aber trotzdem bin ich froh gibt es keine neuen Gesetze
8721
Melden
Zum Kommentar
avatar
nickmiller
27.09.2018 16:13registriert März 2014
Die Leute vom BAG verhalten sich langsam aber sicher wie astreine Wumpi Bumpis. Erst Menschen mit MS oder ä
Ähnlichem den Zugang zu medizinischem Canabis erschweren und jetzt mit übersteigerter Aktionitis kleine Musikbetriebe gefähren. Welche Lobbygruppe steckt da dahinter? Die Pharma kanns ja nicht sein...
8621
Melden
Zum Kommentar
29
Nach Shitstorm: Bundesrat verzichtet auf Gratis-Skipass

Der Bundesrat verzichtet ab 2025 auf Abonnemente der Seilbahnen Schweiz. Bereits 2024 liess er sich die diese in Rechnung stellen. Bis Ende 2023 hatte er sie gratis erhalten. Am unentgeltlichen SBB-Generalabonnement 1. Klasse hält er aber fest.

Zur Story