«Die Geschichte wartet» – so hatte der «Walliser Bote» am Samstag getitelt im Hinblick auf den zweiten Wahlgang für den Ständerat. Tatsächlich hat sich dabei Historisches abgespielt, wenn auch die erwartete Rebellion ausgeblieben ist.
Zu dieser wäre es gekommen, wenn der SP-Nationalrat Mathias Reynard es geschafft hätte, die über 150 Jahre andauernde Dominanz der C-Parteien in der kleinen Kammer in Bern zu sprengen. Stattdessen konnte sich CVP-Politikerin Marianne Maret knapp durchsetzen. Sie ist die erste Frau, die für das Wallis im Ständerat Platz nehmen wird, und aktuell auch die einzige Walliserin in Bern.
Dabei standen die Zeichen nicht schlecht für die politische Revolution und einen Überraschungssieg Reynards. Der 32-jährige hatte im ersten Wahlgang ein bemerkenswertes Resultat hingelegt. Bei den Nationalratswahlen erhielt er gar am meisten Stimmen aller acht Walliser Nationalräte.
Entsprechend wurden ihm gute Chancen eingeräumt, das anscheinend Unmögliche im katholisch geprägten Bergkanton möglich zu machen: Das CVP-Doppelticket von Beat Rieder und Marianne Maret zu sprengen.
Der Sitz des Bisherigen, des Oberwallisers Rieder, galt zurecht als ungefährdet. Doch zwischen Reynard und der 61-jährigen Grossrätin Maret kam es zum erwartet knappen Zweikampf. Im improvisierten TV-Studio von «Canal 9» in der Brasserie du Grand Pont in der Sittener Altstadt, hüteten sich die Politexperten, die Resultate zu früh als definitiv auszurufen. Denn zuerst kamen die Stimmen aus dem deutschsprachigen, ländlichen Oberwallis, wo sich zeigte, dass die Wähler relativ geschlossen der Parteilinie folgten und für Maret stimmten.
Die Frage blieb: Würden die grösseren Städte wie Martigny oder Sion im frankophonen Unterwallis noch den Umschwung bringen. Denn auch im Wallis wächst die urbane, liberale Bevölkerung: Marets Vorsprung schmolz mit den städtischen Stimmen zwar noch, doch am Schluss obsiegte sie mit 48400 Stimmen insgesamt (44.9%) und 1400 Stimmen Vorsprung auf Reynard (43.6%). Beat Rieder erhielt 52300 Stimmen (48.6%). (bzbasel.ch)
Vielleicht täten die Oberwalliser doch langsam gut daran, das Gemeinsame und nicht das trennende zu suchen.
Besser wäre ihnen angeraten, ihre Kruzifixe endlich auf den Scheiterhaufen zu werfen und den Weg zu einer modernen, säkularen Politik zu finden, sonst stehen sie dann auf einmal alleine da.