Nach Angaben der Bundeskanzlei wollten 4652 Männer und Frauen am 20. Oktober in den Nationalrat gewählt werden. So viele Kandidierende wie noch nie. Doch offenbar gibt es einige, die es mit ihrer Kandidatur nicht ganz ernst gemeint haben. Mehrere Gewählte krebsen nach den Wahlen zurück und sagen, dass sie ihr neues Amt in der Grossen Kammer nicht annehmen wollen.
So der Grünen-Politiker Pierre Eckert aus Genf. Nachdem seine Parteikollegin Lisa Mazzone am Wochenende in den Ständerat gewählt wurde, würde er ihren Sitz im Nationalrat erben. Aber aus persönlichen Gründen wolle er nicht, sagte er gegenüber der Zeitung Le Temps.
Und er ist nicht der Einzige. Wie das SRF in seiner Sendung Heute Morgen berichtet, politisiert auch Jocelyne Haller lieber weiter im Genfer Kantonsparlament als im Nationalrat. Sie kandidierte für die Linksaussen-Bewegung «Ensemble à gauche».
Auch die BDP-Politikerin Beatrice Simon will lieber Berner Regierungsrätin bleiben, als ihr Amt im Nationalrat anzunehmen. Nachdem Simon zwar in die grosse Kammer gewählt worden war, aber bei ihrer Wahl um einen Berner Ständeratssitz eine Abfuhr erhalten hatte, erklärte sie, dass sie weder für den zweiten Wahlgang im Stöckli antrete, noch den Nationalratssitz wolle. Es sei jetzt wichtiger, dass die bürgerliche Regierungsmehrheit im Kanton Bern stabil bleibe. Stossend ist, dass Simon im Wahlkampf noch erklärt hatte, dass sie im Fall einer erfolglosen Ständeratskandidatur den Nationalratssitz annehmen und auf das Regierungsamt verzichten werde.
Gegenüber dem SRF sagt Politikwissenschaftlerin Stefanie Bailer, das sei schlechter politischer Stil. Es sei zwar nicht verboten, nach der Wahl das Amt nicht anzunehmen. «In gewisser Weise ist es aber eine Missachtung des Wählerwillens.»
Auch Politologe Georg Lutz ist der Meinung, dass Wähler eigentlich davon ausgehen müssen, dass die Gewählten ihr Amt auch antreten. Allerdings seien Nationalratswahlen nicht nur Personen-, sondern auch Parteiwahlen. Über 70 Prozent der Wähler würden eine Liste einwerfen, «die nicht verändert wurde», das heisst, es wurde weder gestrichen noch panaschiert noch kumuliert, sagt Lutz im SRF-Beitrag.
Die Politik-Experten sind sich einig: Solche Fälle kann man nicht verhindern. Zuletzt bleibe es den Wählerinnen und Wählern überlassen, bei der nächsten Wahl allfällige Spielchen zu durchschauen und die Konsequenzen zu ziehen. (sar)
Der Fall von Frau Simon ist schon sehr stossend. Gerade weil sie A sagte aber B gemacht hat. Gerade bei Politikern in solch wichtigen Ämtern wie Regierungsrat darf der Wähler einfach vorgängig wissen, was im Falle einer Wahl passiert.
Aber das ist wohl dieser typische gummige BDP-Pragmatismus. Wer sich so verhält, verhält sich halt auch im politischen Alltag gummig (und das ist was anders als "vernünftit"). Kein wunder ist diese Partei wohl bald am Ende
Schlussendlich habe ich aber lieber jemand, der sich das Amt nicht zutraut und nicht antritt als jemand inkompetentes im Amt oder der immer abwesend ist.