Lilian Uchtenhagen (SP) konnten die Männer noch verhindern. 1983 sollte die Zürcherin die erste Schweizer Bundesrätin werden. Und damit die Nachfolgerin von Willy Ritschard – gut zehn Jahre nach der Einführung des Frauenstimmrechts. Aber die bürgerliche Mehrheit wählte Otto Stich, der von der SP nicht nominiert worden war. Ein Bubenstück.
Doch die Geschichte war dadurch nicht mehr aufzuhalten. Am 2. Oktober 1984 wurde Elisabeth Kopp (FDP) als erste Frau in den Bundesrat gewählt. Umgekehrt: Ihr Gegner, der Aargauer Bruno Hunziker, freisinniger Parteipräsident, war der erste Bundesratskandidat, der von einer Frau geschlagen wurde.
Elisabeth Kopp ist damit die erste von bisher nur sieben Bundesrätinnen. Sie wurde vor 34 Jahren gewählt. Die Juristin aus betuchtem Haus hatte sich die Wahl mit Mut erarbeitet. Sie war eine bürgerliche Vorkämpferin für die Sache der Frau. In ihrer Amtszeit setzte sie das neue partnerschaftliche Eherecht durch. Gegen heftigen Widerstand: Christoph Blocher tingelte als aufstrebender Nationalrat durchs Land, um es zu verhindern.
Erfolglos, aber die Männer sollten sich den Kopp-Sitz bald wieder zurückholen. Kopp wurde, wie die meisten Bundesrätinnen nach ihr, Justiz- und Polizeiministerin. Das berühmte Telefonat 1989 an ihren Gatten, der als Anwalt für umstrittene Geschäftsleute arbeitete, kostete sie den Job.
Die erste Frau im Bundesrat, Kämpferin für die Sache der Frauen, gescheitert an einem Mann. An ihrem Mann. Klar wurde spätestens jetzt: Einer Frau wurden selbst kleine Fehler nicht verziehen.
Nur mühsam kamen die Frauen wieder in die Gänge. Christiane Brunner sollte, so wollte es die SP, 1993 Bundesrätin werden. Die Bundesversammlung wählte einen Mann – Francis Matthey. Es brauchte einen Kraftakt der SP-Spitze, um ihn zum Amtsverzicht zu bewegen.
Der Weg war frei für Ruth Dreifuss, Genfer Gewerkschafterin. Ihre Amtszeit als Innenministerin sollte sich durch Beharrlichkeit, Furchtlosigkeit und eiserne Prinzipientreue auszeichnen. Sie behauptete sich beharrlich gegen Schwergewichte wie Adolf Ogi, Pascal Couchepin und Kaspar Villiger.
Ausgerechnet die belächelte CVP löste 1999 einen Quantensprung aus. Sie reservierte einen ihrer zwei Bundesratssitze für eine Frau. Auf dem Frauen- Doppelticket machte Ruth Metzler (35) das Rennen, Regierungsrätin aus Appenzell Innerrhoden. Seit 1875 war nie mehr ein jüngeres Bundesratsmitglied gewählt worden. Eine Revolution.
Doch das Imperium schlug zurück. Die immer mächtigere SVP drängte kompromisslos auf einen zweiten Bundesratssitz zulasten der CVP. 2003 folgte das Erdbeben: Ruth Metzler, Vizepräsidentin des Bundesrats, musste SVP-Mann Christoph Blocher weichen. Ihr bestens vernetzter Parteikollege, Aussenminister Joseph Deiss, duckte sich und schaffte die Wiederwahl.
Erstmals seit 1872 wurde ein wiederkandidierendes Bundesratsmitglied abgewählt. Eine Frau. Und dem rechtsbürgerlichen Durchmarsch fiel gleich noch FDP-Ständerätin Christine Beerli zum Opfer. Als Nachfolgerin von Kaspar Villiger vorgesehen, unterlag sie gegen Hans-Rudolf Merz. Statt drei Frauen sass jetzt mit Calmy-Rey nur noch eine im Bundesrat. Ein schwarzer Tag.
Doch 2006 war es erneut die CVP, die Mut zeigte. Sie präsentierte ihre talentierte Präsidentin Doris Leuthard selbstbewusst als Einervorschlag. Die Wahl der politischen Ausnahmeerscheinung aus dem Aargau ging ohne wesentliche Störmanöver über die Bühne. Erstmals sassen zwei Frauen im Bundesrat.
Es kam noch besser. Die Ladykiller von 2003 konnten sich nur vier Jahre freuen. Im Dezember 2007 musste Christoph Blocher seinen Sitz wieder räumen: Geschlagen von einer Frau, von der Bündner SVP-Regierungsrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Ironie des Schicksals: Auch Blocher war – wie zuvor Metzler – als Vizepräsident abgewählt worden.
Während Metzler vier Jahre zuvor klaglos abgetreten war, schwor der Zürcher Rache. Weil Widmer-Schlumpf die Wahl angenommen hatte, obwohl die SVP ihr das verbieten wollte, wurde die ganze Bündner SVP aus der Partei ausgeschlossen. Die BDP entstand. Der Zorn der SVP verfolgte Widmer-Schlumpf fortan auf Schritt und Tritt. Aber jetzt sassen drei Frauen im Bundesrat.
Der absolute Höhepunkt kam drei Jahre später. Am 22. September 2010 wurde Simonetta Sommaruga (SP) als siebte Bundesrätin gewählt. Erstmals stellten die Frauen die Mehrheit in der Regierung. Sie waren jetzt zu viert.
Allein, seither geht es bergab: Die Männer erobern das Terrain langsam, aber sicher zurück. Acht Jahre ist es jetzt her, seit die letzte Bundesrätin gewählt wurde. Nach Sommaruga schafften es nur Männer in die Regierung: Johann Schneider-Ammann, Alain Berset, Guy Parmelin, Ignazio Cassis.
Und nun, bei den nächsten Wahlen im Dezember? Doris Leuthard tritt ab, vielleicht ist Simonetta Sommaruga dann die letzte Frau im Bundesrat. Oder es geht wieder aufwärts. Erholt sich die FDP mit Karin Keller-Sutter endlich vom Kopp-Trauma? Sorgt die CVP erneut für eine Überraschung, indem auf Doris Leuthard erneut eine Frau folgt? Alles scheint möglich.