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Nach den Baselbietern auch die Aargauer: SVP sagt deutlich Ja zu Ecopop 

Abweichler von der Mutterpartei

Nach den Baselbietern auch die Aargauer: SVP sagt deutlich Ja zu Ecopop 

Nach der Baselbieter entscheidet auch die Aargauer Kantonalpartei anders als die Schweizer SVP. Sie sagt mit 93:59 Stimmen Ja zu Ecopop. Auch bei der Goldinitiative folgt sie nicht der Mutterpartei.
30.10.2014, 02:5630.10.2014, 04:03
Mathias Küng / Aargauer Zeitung
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Ein Artikel von
Aargauer Zeitung

Über 150 SVP-Mitglieder fanden am Mittwoch Abend den Weg nach Eiken ins Fricktal. Gespannt war man nach dem knappen Ja der Baselbieter SVP zur Ecopop-Initiative auf den Entscheid der Aargauer SVP. Würde sie auch von der Parole der Schweizer SVP abweichen? 

Der Applaus schien in der Diskussion bei befürwortenden Voten stärker auszufallen als bei ablehnenden. Der Eindruck täuschte nicht. Der Parteitag beschloss kurz vor 22 Uhr mit 93 : 59 Stimmen klar die Ja-Parole. 

Bankenprofessor Hans Geiger kämpft für ein Ja.
Bankenprofessor Hans Geiger kämpft für ein Ja.Bild: KEYSTONE

Zuvor hatte der Bankenprofessor und frühere Zürcher SVP-Ständeratskandidat Hans Geiger, der schon im Baselbiet eine Mehrheit auf seine Seite gezogen hatte, vehement ein Ja empfohlen. Die Überbevölkerung sei das langfristig wohl grösste Problem der Erde. Mit der von Ecopop erlaubten Nettozuwanderung von 0,2 Prozent könnten immer noch jährlich brutto 122'000 Menschen einwandern. 

Der Bundesrat hole die «Bilateralen»-Keule hervor, wenn ihm eine Initiative nicht passe. Diese steche aber nicht. Die EU brauche die Bilateralen genauso, etwa freie Fahrt durch die Schweiz dank dem Landverkehrsabkommen. Die Vertragskündigung sei eine leere Drohung. Er empfahl unter starkem Applaus ein Ja. 

Knecht: nicht kompatibel 

Die masslose Zuwanderung sei ein Problem, räumte der SVP-Nationalrat und Ständeratskandidat Hansjörg Knecht ein. Ecopop beantworte aber die Frage nicht, welche Zuwanderung die Schweiz brauche. Zuwanderung sei nicht per se schlecht. Sie müsse aber ein gesundes Mass haben und unseren Bedürfnissen entsprechen. Er habe vehement für die Masseneinwanderungsinitiative gekämpft, so Knecht. Doch Ecopop sei starr und in keiner Weise kompatibel mit einem ökonomisch agierenden Staat. 

«Ecopop verhindert Wachstum und Innovation und trägt dazu bei, dass sich die Schweiz im internationalen Vergleich benachteiligt.»
SVP-Nationalrat Hansjörg Knecht

Knecht: «Ecopop verhindert Wachstum und Innovation und trägt dazu bei, dass sich die Schweiz im internationalen Vergleich benachteiligt.» Die Schweiz zu isolieren, sei kein brauchbares Rezept zur Rettung der Welt. Ausserdem könne man die Bevölkerungsexplosion nicht verhindern, wenn Schweizer Entwicklungshelfer Kondome verteilen würden, schloss Knecht ebenfalls unter Applaus. 

Ärger über Bundesbern 

In der kontroversen und emotionalen Diskussion votierte alt Regierungsrat Ernst Hasler klar gegen Ecopop. Mehrere Votanten erhofften sich aber «einen Denkzettel für die Damen und Herren in Bern». Mit Ecopop könne man Druck auf das Departement Sommaruga ausüben, «damit endlich die Wirtschaftsflüchtlinge ausgewiesen werden». Ein anderer hoffte, wenn man dem Bundesrat zweimal denselben Auftrag gebe, müsse er «ihn endlich umsetzen». 

Jetzt auf

Demgegenüber bat SVP-Nationalrat Hans Killer um ein Nein. Man solle nicht denselben Fehler machen wie mit der Zweitwohnungs-Initiative. Jetzt habe man grösste Mühe, diese verfassungskonform umzusetzen. Killer: «Schiessen wir nicht übers Ziel hinaus.» Man möge den Prozess zur Umsetzung Masseneinwanderungs-Initiative nicht mit Ecopop torpedieren. 

Einige SVP-Vertreter sind zwar für ein Nein, erhoffen sich aber einen Denkzettel für das Departement von Simona Sommaruga.
Einige SVP-Vertreter sind zwar für ein Nein, erhoffen sich aber einen Denkzettel für das Departement von Simona Sommaruga.Bild: RUBEN SPRICH/REUTERS

Für ein Ja sprach sich Grossrat Christoph Rhiner aus. Ein hoher Nein-Anteil hülfe denen, die die Masseneinwanderungs-Initiative nicht umsetzen wollten, warnte er. Auch er will den Druck aufrechterhalten. 

Nationalrätin Sylvia Flückiger entgegnete, viele seien vorab für Ecopop, weil sie verärgert sind. Man solle aber nicht mit Ecopop die Wirtschaft an die Wand fahren, mahnte sie für einmal erfolglos. 

Klar mit 141 : 10 ein Nein empfiehlt die SVP dafür zur Initiative gegen die Pauschalbesteuerung. Ja sagt sie mit 125 : 20 zu Luzi Stamms Goldinitiative. 

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Zeit_Genosse
30.10.2014 08:19registriert Februar 2014
Die SVP zeigt ihre vielen Gesichter und ob man da noch von Partei sprechen kann? Es ist ein ansammlung von Wutpolitikern und Wutbürgern, die indifferenziert gegen die Landesregierung vorgehe und dafür Schaden an der Schweiz riskieren. Die Schweiz braucht eine vernünftige SVP, die nicht jedes Problem bei der EU und im Asylwesen verortet. Mit Ecopop verabschiedet sich die SVP und reisst einen Graben in die bereits zersplitterte "Partei." Ob die SVP-Führung ihre Polit-Wut-Meute dirigieren kann ist fraglich und damit schwächen sie ihre Führer mit kurzen Hosen.
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