Welches ist der höchste Berg der Schweiz? Wie heissen die hiesigen drei Naturräume? Diese Fragen werden nicht nur während der Geografiekunde in der Primarschule gestellt, sondern auch an den Einbürgerungstests. Die junge grünliberale Partei (JGLP) will diese Prüfung den Kindern von eingewanderten Eltern ersparen.
Die Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern treibt die Schweizer Politik seit Jahren immer wieder um. Nun will sich die JGLP einbringen. «Es ist Zeit, dass wir die Einbürgerung umgestalten», sagt Tobias Vögeli von der JGLP.
Über ihre Mutterpartei wollen sie die Migrationspolitik im Parlament reformieren.
So sieht etwa ein Punkt, die «ius lexi», vor, dass Kinder von ausländischen Eltern ein Recht auf die Einbürgerung erhalten. Vorausgesetzt, sie haben die obligatorische Schulzeit hierzulande beendet. «Die Antworten auf die Fragen an den Einbürgerungstests haben wir in der Schule gelernt. Wenn jemand hier zur Schule ging, kennt die Person die Schweizer Werte, den politischen Prozess und ist ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft», sagt Vögeli.
Heute ist die Einbürgerung Sache der Gemeinden. Entsprechend können sie und die Kantone die Einbürgerung unterschiedlich gestalten. Natürlich nur, solange sie im Rahmen der nationalen Gesetzgebung bleiben.
So muss man in den Kantonen Bern, Waadt, Neuenburg, Jura, Zürich und Schaffhausen während zwei Jahren gelebt haben, um sich auf den roten Pass zu bewerben. In Solothurn sind es vier Jahre, im Kanton Tessin, Freiburg, Luzern und Appenzell Ausserrhoden drei. Alle restlichen Kantone verlangen eine Wohnsitzfrist von fünf Jahren.
Dabei legen die Gemeinden die Gesetze unterschiedlich streng aus. In der Schwyzer Gemeinde Arth wurden Schikanen bei der Einbürgerung bekannt. Letztes Jahr verdonnerte das Bundesgericht die Gemeinde schliesslich dazu, einen Italiener einzubürgern.
Vögeli findet den Gestaltungsraum, den die Gemeinden haben, schlecht. «Es soll keine Rolle spielen, ob ich in Bern, Zürich oder St.Gallen ein Gesuch stelle. Die Einbürgerung soll überall gleich sein», so der Co-Präsident der JGLP. Die teilweise willkürlichen Regeln über die Einbürgerung der Gemeinden seien nicht gerechtfertigt und müssten ausgemerzt werden, sagt Tobias Vögeli. «Das würden wir beispielsweise mit der ‹ius lexi› erreichen».
SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann hält nicht viel vom Vorhaben der Jungen Grünliberalen. «Ich sehe das Problem nicht: Ich kenne keinen Fall, bei dem jemandem der Pass verweigert wurde, der hier die Schulzeit absolviert hat», so Steinemann.
Ausserdem seien junge Menschen aus ausländischen Familien schon heute privilegiert. «Wenn ein Kind mit ausländischen Eltern hier zur Schule ging, wird ihm die Zeit doppelt angerechnet», sagt die SVP-Nationalrätin. So muss man beispielsweise statt zehn nur fünf Jahre in der Schweiz gelebt haben, um den Schweizer Pass zu beantragen.
Steinemann findet es richtig, dass die Gemeinden weiterhin bestimmen, wen sie einbürgern. «Es braucht Hürden. Jemand soll kontrollieren, ob die einbürgerungswillige Person straffällig wurde oder Sozialhilfe bezogen hat». Ein pauschales Recht auf den roten Pass befürwortet die Nationalrätin nicht. «Es ist gut, dass sich die Behörde die Person zuerst anschaut und nicht einfach anonym den Pass vergibt.»
Die JGLP ist nicht die einzige Partei, die eine erleichterte Einbürgerung fordert. Aus dem linken Lager versuchte etwa schon SP-Nationalrat Cédric Wermuth, Flüchtlingskindern bei Geburt den Schweizer Pass zu geben. Ohne Erfolg.
Ausserdem hat die Grüne-Ständerätin Lisa Mazzone zusammen mit Paul Rechtsteiner kürzlich eine Einbürgerungsoffensive lanciert. Diese soll die Einbürgerung für Ausländerinnen und Ausländern der zweiten Generation vereinfachen.
Eine ähnliche Vorlage hat das Schweizer Stimmvolk 2017 angenommen: Seither ist die Einbürgerung für junge Ausländerinnen und Ausländer von der dritten Generation erleichtert.
Das bestehende Gesetz reiche allerdings nicht, sagt Vögeli von der JGLP. Man sehe, dass es weniger Einbürgerungsgesuche gäbe oder die Anträge frühzeitig zurückgezogen würden. «Es ist ein mühseliger Weg und das kann nicht Sinn und Zweck sein, wenn ein Mensch schon längst integriert ist», so Vögeli.
Welche Forderungen die Mutterpartei von der JGLP dann tatsächlich im Parlament bringt, wird sich in der kommenden Sommersession zeigen. Die Jungpartei wird sich vorerst damit beschäftigen, Unterschriften für ihr Anliegen zu sammeln.