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Kampfjet-Beschaffung für die Schweiz: Das entscheidet der Nationalrat heute

Der Eurofighter von Airbus ist einer der vier Kampfjets, die für die Schweizer Luftwaffe in Frage kommen. Die Auswahl trifft der Bundesrat. Heute fällt der Nationalrat den Grundsatzentscheid. (Archivb ...
Bild: KEYSTONE

Jetzt debattiert der Nationalrat über die neuen Kampfjets – was du dazu wissen musst

09.12.2019, 16:1112.02.2021, 22:19
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Heute Montag entscheidet der Nationalrat über den Kauf neuer Kampfflugzeuge für 6 Milliarden Franken. Trotz Störfeuer von links und Differenzen bei den Kompensationsgeschäften ist das Beschaffungsgeschäft im Parlament ungefährdet.

Um was geht's?

Formell diskutiert der Nationalrat heute um einen referendumsfähigen Planungsbeschluss. Dieser wird – wie zuvor bereits im Ständerat – eine komfortable Mehrheit finden. Die bürgerlichen Parteien stehen geschlossen hinter der Kampfjet-Beschaffung. Sie werden das Geschäft nicht durch Geplänkel auf Nebenschauplätzen verzögern oder gar gefährden, auch wenn sie im Detail nicht überall einig sind.

Diese vier Kampfjets sind in der engeren Auswahl

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Diese vier Kampfjets sind in der engeren Auswahl
Eurofighter (Airbus, Deutschland),
quelle: epa/epa / clemens bilan
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Was gibt es dann zu diskutieren?

Nun, offen sind diverse Minderheitsanträge. Sie stammen von den linken Parteien. Die Grünen wollen gar nicht erst auf das Geschäft eintreten, lehnen den Kampfjet-Kauf also grundsätzlich ab. Eine links-grüne Minderheit beantragt ausserdem, den Planungsbeschluss an den Bundesrat zurückzuweisen.

Ziel ist eine Zwei-Typen-Luftwaffe aus den heutigen F/A-18 und einem leichten Kampfflugzeug. Dieses soll zusammen mit den neuen Luftabwehrraketen sowie neuen Radarüberwachungs- und Kontrollsystemen höchstens 4 Milliarden Franken kosten. Die internationale Zusammenarbeit will die Linke verstärken. Für diese Pläne gibt es bei den Mitte- und Rechtsparteien keine Unterstützung.

Sind die Bürgerlichen wirklich so geschlossen?

Jein. Obwohl sie auch beim Thema Offsetgeschäfte nach aussen hin Einigkeit demonstrieren, gehen die Meinungen dort auseinander. Umstritten ist deren Anteil. In der Regel werden 100 Prozent des Vertragsvolumens kompensiert. Der Bundesrat hat aber lediglich 60 Prozent vorgeschlagen. Er begründete das damit, dass die Beschaffung mit den faktischen Industriesubventionen verteuert wird. Bei Offsetgeschäften sollen ausländische Unternehmen verpflichtet werden, den Vertragswert von Aufträgen im Ausland durch Aufträge in der Schweiz zu kompensieren. Die ist bei Rüstungsgeschäften üblich.

Der Ständerat beschloss trotzdem eine Kompensation von 100 Prozent. Die kleine Kammer hat auch eine Liste der möglichen Branchen in den Planungsbeschluss geschrieben und die genauen Anteile festgelegt, die auf die Landesteile entfallen müssen.

Mit dem letzten Teil ist die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (SiK) einverstanden. Die Branchen-Liste will sie jedoch streichen, da nur 60 Prozent des Vertragsvolumens kompensiert werden soll: 20 Prozent sollen auf Aufträge in direktem Zusammenhang mit den Kampfjets, 40 Prozent auf Geschäfte in der Rüstungs- und Sicherheitsindustrie entfallen.

Wieso will die Kommission das?

Die Kommission will die Angriffsfläche in der Volksabstimmung minimieren. Es gehe darum, dem Volk eine möglichst transparente Vorlage zu unterbreiten, erklärte Kommissionspräsident Werner Salzmann (SVP/BE). Eine vollständige Kompensation würde die Beschaffung zudem unnötig verteuern und sicherheitspolitisch nicht relevanten oder sogar dubiosen Geschäften Tür und Tor öffnen.

Werner Salzmann, Praesident der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, spricht waehrend einer Medienkonferenz ueber die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge, am Dienstag, 26. November 2019 in ...
Werner Salzmann.Bild: KEYSTONE

Obwohl sich insbesondere die SVP einen höheren Offset-Anteil wünscht, gibt es im Nationalrat keine entsprechenden Minderheitsanträge. Hingegen reichen die Anträge von links-grün für tiefere Anteile von 50 Prozent bis zum völligen Verzicht auf eine Kompensation.

Die SiK hatte dem Planungsbeschluss mit 18 zu 5 Stimmen zugestimmt. Dieser untersteht dem fakultativen Referendum. Der Bundesrat wird beauftragt, zum Schutz des Luftraums neue Kampfflugzeuge für maximal 6 Milliarden Franken zu kaufen.

Wer bestimmt den letztlich, welches Flugzeug die Schweiz kauft?

Der zu beschaffende Flugzeugtyp ist nicht teil des Planungsbeschlusses. Darüber entscheidet später der Bundesrat. Im Rennen sind das Tarnkappenflugzeug F-35 von Lockheed Martin, der F/A-18 Super Hornet von Boeing, der Rafale des französischen Herstellers Dassault und das Airbus-Flugzeug Eurofighter.

Wie geht es nun weiter?

Der Evaluationsbericht zu den Flugzeugtypen soll im zweiten Halbjahr 2020 vorliegen. Eine Referendumsabstimmung findet voraussichtlich am 27. September 2020 statt. Spätestens Anfang 2021 will der Bundesrat entscheiden, welches Kampfflugzeug gekauft werden soll. Ab 2025 steigen die ersten Jets in den Schweizer Himmel auf, 2030 soll die Beschaffung abgeschlossen sein. Parallel dazu werden die F/A-18 und die letzten Tiger ausser Dienst gestellt. (sda)

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quelle: epa/epa / ian langsdon
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Video: srf
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152 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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FITO
09.12.2019 10:23registriert April 2019
So lange dass über 10% der schweizer Bevölkerung von Armut betroffen ist, so lange braucht es keine Spielzeuge für 3-4 Dutzend Aerophile!
Komischerweise stieg gerade diese Armutsquote während der Zeit an, als das Parlament von genau dieser bürgerlichen Allianz dominiert wurde die jetzt dieses Geschäft mit aller Gewalt durchdrücken will.
Von jeglichen Kompensationsgeschäften mit den Amis ist zudem abzusehen, da man bei diesen zwei Flugzeugen nicht einmal vollen Zugriff auf die Technik hätte und die Katze im Sack kauft.
www.infosperber.ch/Politik/Technisch-verblendete-Schweizer-Kampfjet-Politik
http://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation-bevoelkerung/soziale-situation-wohlbefinden-und-armut/armut-und-materielle-entbehrungen/armut.html
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Ihr Kommentar hat 20min Niveau
09.12.2019 08:59registriert August 2017
Gut, wenn die Gutbürgerliche Altherrenstube so schulterklopfend geschlossen hinter diese Vorlage tritt: Ich will nie mehr hören dass kein Geld für die AHV da wäre!
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Platon
09.12.2019 10:18registriert September 2016
Mein Nein ist schon sicher. Offsetgeschäfte sind eine klientelpolitische Sauerei sondergleichen!
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