Die ganz heisse Phase des Wahlkampfs hat begonnen. Wer kann sein Wählerpotenzial am besten ausschöpfen? Im Endspurt arbeiten die Parteien vor allem daran, ihre eigene Basis an die Urne zu bringen. Verschiedene Befragungen zeigten einheitliche Tendenzen, wie das neue Parlament zusammengesetzt sein könnte. Zwar handelt es sich dabei stets um Momentaufnahmen, nicht um Prognosen für den Wahlausgang. Doch dass im Nationalrat die Grünen und die GLP zulegen werden, gilt vielen bereits als ausgemacht.
Interessanter sind da schon die teils heftig umkämpften Ständeratssitze. Die nationalen Parteientrends und die politische Grosswetterlage sind dafür nur bedingt aussagekräftig. Ständeratswahlen sind Kopfwahlen. Und in der kleinen Kammer können bereits wenige Sitzverschiebungen die Kräfteverhältnisse umpflügen.
Ein Blick in einzelne Kantone lohnt sich. Im Auftrag des Zeitungsverbundes CH Media hat das Meinungsforschungsinstitut Sotomo die Stimmberechtigten in sieben Kantonen exklusiv zu ihren Wahlabsichten befragt. Die repräsentativen Umfragen – en détail veröffentlicht in unseren Partnerzeitungen – versprechen mitunter harte Fights ums Stöckli:
Im Aargau werden gleich beide Sitze im Stöckli frei, Pascale Bruderer (SP) und Philipp Müller (FDP) beenden ihre politische Karriere. Laut Sotomo-Umfrage könnte FDP-Nationalrat Thierry Burkart den Sprung ins Stöckli hauchdünn schon im ersten Wahlgang schaffen: Bei einem absoluten Mehr von 42.5 Prozent kommt er demnach auf 43 Prozent der Stimmen. Hinter ihm folgt mit 38 Prozent SVP-Nationalrat Hansjörg Knecht.
Auf den dritten Platz schafft es mit 29 Prozent SP-Nationalrat Cédric Wermuth. Danach kommt CVP-Kantonalpräsidentin Marianne Binder. Ihr Rückstand ist mit 17 Prozent jedoch erheblich. Allerdings: Insbesondere, wenn FDP-Mann Burkart die Wahl im ersten Durchgang schaffen sollte, dürften die Karten für den zweiten Wahlgang neu gemischt werden. Wer schafft es dann, über sein Lager hinaus Mehrheiten zu beschaffen?
Ein zweiter Wahlgang zeichnet sich für die Ständeratswahlen in St. Gallen ab. Die beiden Bisherigen Benedikt Würth (CVP, 41 Prozent) und Paul Rechsteiner (SP, 39 Prozent) holen gemäss Umfrage am meisten Stimmen. Herausgefordert werden sie von zwei Nationalräten. Roland Rino Büchel (SVP, 35 Prozent) könnte Ex-Gewerkschaftsführer Rechsteiner – er ist der dienstälteste Parlamentarier im Land – gefährlich werden. Marcel Dobler (FDP) kommt auf 25 Prozent. Die beiden Herausforderer punkten primär im eigenen Lager, bei Würth und Rechsteiner ist das Elektorat breiter abgestützt.
Zumindest der bisherige FDP-Ständerat Damian Müller könnte in Luzern die Wahl im ersten Anlauf schaffen. In der Umfrage kommt er auf knapp 50 Prozent der Stimmen. Die bisherige CVP-Nationalrätin Andrea Gmür kommt demnach auf 38 Prozent. Sie hat somit beste Chancen, den Sitz ihres zurückgetretenen Parteikollegen Konrad Graber zu verteidigen. Doch SVP-Herausforderer Franz Grüter folgt seiner Ratskollegin mit 35 Prozent in kurzem Abstand.
Die Sotomo-Umfrage zeigt: Während Gmür durchaus mit Stimmen aus dem linken Lager rechnen darf, kann Grüter zumindest auch FDP-Wähler auf seine Seite ziehen. Hinter ihren eigenen Kandidaten stehen die Sympathisanten von FDP, CVP und SVP jeweils geschlossen.
Ein Wahlkrimi zeichnet sich in Baselland ab. Wer holt sich nach dem Rücktritt von Claude Janiak (SP) den einzigen Ständeratssitz? Im ersten Wahlgang dürfte niemand das absolute Mehr erreichen, das bestätigt die Wahlumfrage. In Führung liegt die bisherige FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger mit 37 Prozent der Stimmen.
Ihr folgen allerdings zwei linke Parlamentarier, die zusammen deutlich mehr Stimmen erzielen: 29 Prozent sprechen sich für die Grüne Maya Graf aus, 28 Prozent für den Sozialdemokraten Eric Nussbaumer. Die Freisinnige punktet der Umfrage zufolge in ihrer Basis und bei SVP-Wählern, aber nicht über die politische Mitte hinaus. Im zweiten Wahlgang hätten Graf oder Nussbaumer so die besseren Karten. Bedingung dafür dürfte aber sein, dass sich die linken Parteien auf eine einzige Kandidatur einigen können.
Überraschung in Solothurn: Kaum jemand zweifelte bisher daran, dass die Standesherren Pirmin Bischof (CVP) und Roberto Zanetti (SP) ihre Wiederwahl locker schaffen werden. Doch die Wahlumfrage zeigt nun: Das Rennen ist offener als gedacht. Beide könnten das absolute Mehr deutlich unterschreiten und müssten folglich in einen zweiten Wahlgang. Bischof kommt in der Umfrage auf 41 Prozent der Stimmen, Zanetti auf 40 Prozent. Dicht auf den Fersen ist ihnen SVP-Nationalrat Christian Imark, der 37 Prozent erzielt. Ausserhalb seiner eigenen Basis mobilisiert er aber mässig.
Im Thurgau könnte nach dem ersten Wahlgang alles klar sein – das legt zumindest die Sotomo-Umfrage nahe: Brigitte Häberli-Koller (CVP, 52 Prozent) dürfte die Wiederwahl im ersten Durchgang souverän schaffen, der bisherige Regierungsrat Jakob Stark (SVP, 51 Prozent) gleichzeitig den Sitz seines Parteikollegen Roland Eberle verteidigen.
Im Kanton Zug könnten die Freisinnigen den Sitz verlieren, der durch den Rücktritt von Joachim Eder frei wird. An der Spitze liegt laut Umfrage der Bisherige Peter Hegglin (CVP) mit 49 Prozent. Er dürfte die Wiederwahl auf Anhieb schaffen.
Ex-Regierungsrat Matthias Michel (FDP, 36 Prozent) ist klar hinter dem amtierenden Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP, 42 Prozent) positioniert. Gemäss dieser Momentaufnahme könnte Tännler sogar bereits im ersten Wahlgang knapp das absolute Mehr überschreiten. Für die SVP wäre seine Wahl in Zug eine Premiere. In Zug halten die Freisinnigen seit bald 50 Jahren ununterbrochen einen Ständeratssitz.
Die Fehlertoleranzen der Umfragen liegen je nach Stichprobengrösse und Gewichtungsverfahren zwischen 2.1 und 3.9 Prozentpunkten – nach oben wie nach unten. (aargauerzeitung.ch)
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