Schweiz
Gesellschaft & Politik

SP-Nationalrat Tim Guldimann tritt nach nur zweieinhalb Jahren im Amt zurück

ZUR ERNENNUNG VON BOTSCHAFTER TIM GILDIMANN ALS OSZE GESANDTER FUER DIE UKRAINE STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES ARCHIVBILD ZUR VERFUEGUNG - Portrait von Tim Guldimann, Schweizer Botschafter und ehemaliger ...
SP-Nationalrat Tim Guldimann tritt zurück.Bild: KEYSTONE

Nationalrat Tim Guldimann tritt zurück – seine Begründung lässt aufhorchen

Tim Guldimann, ehemaliger Schweizer Botschafter in Berlin und SP-Politiker, tritt als Nationalrat zurück. Er will sein Mandat Ende der Frühlingssession niederlegen, wie die SP des Kantons Zürich mitteilt. Sein Nachfolger wird der ehemalige Juso-Chef Fabian Molina.
19.02.2018, 06:19
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Guldimann war in den Parlamentswahlen vom Oktober 2015 mit einem Glanzresultat in den Nationalrat gewählt worden. Der 67-Jährige ist der Zürcher SP angeschlossen, in Bundesbern vertritt er aber vor allem auch die Anliegen der Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen, zu denen er selbst gehört.

Der ehemalige Diplomat lebt mit seiner Familie in Berlin. Seinen Rücktritt begründet Guldimann in einem Schreiben an die Mitglieder der SP Kanton Zürich damit, dass es schwierig sei, «in einem Milieu zu leben und in einem anderen Milieu Politik zu machen».

Umzug komme nicht in Frage

«Um diese Distanz zu überwinden, hätte ich viel mehr Zeit im Kanton Zürich verbringen müssen», zitiert die SP weiter aus dem Schreiben. Diesen Anspruch an die Ausübung des Nationalratsmandats könne er jedoch mit seinem Anspruch an sich selber als Familienvater nicht in Einklang bringen.

Die Gleichstellung von Mann und Frau sei ein zentraler Punkt seines Wahlprogramms gewesen. Nun sei es an ihm, sie auch selber umzusetzen. Ein Umzug in die Schweiz komme nicht in Frage – seine beiden Töchter gingen noch zur Schule, und seine Frau sei berufstätig.

Guldimann hatte aber auch von Anfang an klargemacht, dass er als Auslandschweizer auch im Ausland wohnen werde. Die Flugtickets zwischen Bern und Berlin werden ihm für die Sessionen jeweils als Spesen zurückvergütet – anstelle eines GA.

Phantomdiskussionen

In einem Interview mit den Zeitungen «Tages-Anzeiger» und «Bund» vom Sonntag äussert Guldimann auch Kritik am Berner Politbetrieb. In der Schweiz oder im Parlament gehe es «nur darum, wie wir uns mit Europa arrangieren, damit wir nicht beitreten müssen. Oder wir führen eine Phantomdiskussion über fremde Richter.»

Auch gesellschaftspolitisch bringt er Kritik an: Die Schweiz sei punkto Gleichstellung immer noch von gestern. «Jeder kleinste Schritt wird sofort blockiert.»

Aus all diesen Gründen tritt Guldimann nun noch vor Ablauf der Legislatur, nach insgesamt zweieinhalb Jahren im Amt, zurück. Die Zürcher SP bedauert den Rücktritt Guldimanns. Seine Beweggründe seien jedoch absolut nachvollziehbar und verdienten Respekt, schreibt die Partei.

Verjüngung

Auf Guldimann folgt der Ex-Juso-Chef und Zürcher Kantonsrat Fabian Molina. Mit ihm erhielten die SP und der Kanton Zürich eine weitere starke Stimme in Bern, freut sich die SP. Zudem trage dieser Wechsel zur Verjüngung des Nationalrates und der SP-Fraktion bei. Molina ist 27 Jahre alt – und nicht der erste ehemalige Juso-Präsident, der den Sprung ins Bundeshaus schafft.

Der abtretende JUSO Praesident Fabian Molina an der Delegiertenversammlung der JUSO in Zuerich am Samstag, 18. Juni 2016. Am 18. Juni tritt Fabian Molina als JUSO-Praesident zurueck. Samira Marti und  ...
Fabian Molina wird den Sitz von Tim Guldimann im Nationalrat erben.Bild: KEYSTONE

Er übernahm 2014 den Juso-Vorsitz von David Roth, 2016 gab er das Präsidium wieder ab. Nach intensiven Jahren werde es nun «Zeit für die erste Frau an der Spitze», sagte er damals. Nachfolgerin wurde Tamara Funiciello.

Seit 2017 sitzt der Jungpolitiker im Zürcher Kantonsrat. Er ist dafür bekannt, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Derzeit arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Swissaid – laut der Internetseite des Hilfswerks ist er dort für Rohstoffpolitik und Unternehmensverantwortung zuständig. (sda)

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92 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Luca Brasi
18.02.2018 21:33registriert November 2015
Man hat ihm schon vor der Wahl gesagt, dass das mit dem Wohnsitz in Berlin kaum machbar ist, aber nein...
Die Zürcher SP ist -sagen wir einmal- "speziell"...
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Bijouxly
18.02.2018 20:28registriert Dezember 2014
Bitte nicht Molina...
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Raphael Stein
18.02.2018 21:08registriert Dezember 2015
Als er gewählt wurde dachte ich, warum nicht. Eine andere Sicht auf die Schweiz schadet gar nicht. Ehrliche Gründe vorzeitig abzutreten hat er auch. Wenn ich bloss wüsste was mich dran stört.
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