Noch im Frühling 2016 lehnte das Parlament die Forderung nach einem zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub ab. Doch seit Beginn dieser Legislaturperiode hat sich einiges getan. Es ist keine Minderheit mehr, die findet, dass der bisher geltende Vaterschaftsurlaub von einem Tag nicht mehr zeitgemäss ist. Wenige Tage nach dem Frauenstreik dann sprach sich der Ständerat mit einer deutlichen Mehrheit für eine 2-Wochen-Forderung aus.
Am Mittwochabend stimmte nun auch der Nationalrat dem Vorschlag zu. Ursprünglich forderte eine Volksinitiative vier Wochen. Diese wurde unter anderem vom Gewerkschaftsdachverband Travailsuisse und der Frauendachorganisation Alliance F lanciert. Es war dann aber der indirekte Gegenvorschlag von zwei Wochen, der auch im liberalen Lager auf Anklang stiess und so vor beiden Räten bestehen konnte.
Es ist davon auszugehen, dass die Volksinitiative nun zurückgezogen wird. Ansonsten müsste das Volk über Initiative und 2-Wochen-Gegenvorschlag abstimmen.
Mit dem Entscheid des Nationalrats ist die Sache allerdings nicht erledigt – im Gegenteil. Die Elternzeit-Debatte geht nun erst richtig los. Denn schon sind zwei weitere Initiativen geplant. Eine davon von Netzaktivist Daniel Graf und seinem Verein Public Beta. «Gleichstellung Plus» nennt er sein Modell, bei dem Vater und Mutter nach der Geburt je 15 Wochen beurlaubt werden sollen.
Mit diesem Modell wären Frauen und Männer beim Geburtsurlaub tatsächlich gleichgestellt. Nicht so wie bei den jetzt beschlossenen zwei Wochen für den Vater und den 14 Wochen für die Mutter. Graf geht es um die echte Gleichstellung und darum, die Rollenbilder im Alltag zu verändern. «Heute gilt ein Mann als progressiv, wenn er seinem Kind die Windeln wechselt. Dabei sollte das zur Normalität werden, so wie es das bei Müttern ist», sagt er.
Mit seiner Initiative wolle er einen ersten Schritt in Richtung einer flexiblen Elternzeit machen. Dafür bräuchte es aber einen Ausbau über 30 Wochen hinaus. Das längerfristige Ziel sei, dass Vater und Mutter selber bestimmen können, wie sie die Wochen nach der Geburt ihres Kindes aufteilen. Doch damit sich die Männer nicht aus der Verantwortung stehlen können und die ganze Sorgearbeit nach wie vor in den Schoss der Mutter fällt, sei der erste Schritt, den Vaterschaftsurlaub auf 15 Wochen zu fixieren. Im Frühling 2020 soll die Initiative lanciert werden.
Die zweite Initiative zur Elternzeit plant die SP. Die Sozialdemokraten gehen aufs Ganze. Sie fordern mit dem Volksbegehren, dass die Elternzeit aus 14 fixen Wochen für die Mütter, 14 fixen Wochen für die Väter sowie 10 flexibel aufteilbaren Wochen besteht. Total also 38 Wochen. «Das wirkt ganz konkret der Diskriminierung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt entgegen und verhindert die Zementierung von Rollenbildern», so SP-Nationalrätin Nadine Masshardt.
Doch es gibt einen Haken, wie das Beispiel von der Elternzeit in Norwegen zeigt. Dort ziehen zwar vier von fünf Norwegern den 14-wöchigen Vaterschaftsurlaub tatsächlich ein. In den frei aufteilbaren Wochen bleiben aber hauptsächlich die Norwegerinnen zu Hause, wie die NZZ berichtet. Eine flexible Elternzeit verbessere die Stellung der Mütter im Berufsleben kaum.
Darum suche die SP Gespräche mit Organisationen, die bereits auf diesem Thema aktiv sind, sowie mit weiteren möglichen Bündnispartnern, um das Anliegen möglichst breit abzustützen. «Erfahrungen in den umliegenden Ländern zeigen, dass eine mehrmonatige Elternzeit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf massiv fördert».
Leider gibt es aber zu viele "Früher hatten wir das auch nicht wieso sollte es heute anders sein"-Verfechter, weshalb sich schlussendlich vielleicht gar nichts ändern.