Die SVP kann den Umfragen wenig abgewinnen: «Die Prognosen dienen in der heutigen Zeit insbesondere zur Unterhaltung des Medienpublikums», sagt SVP-Generalsekretär Martin Baltisser: «Die SVP kann problemlos auf solche Umfragen verzichten.»
Grundsätzlich würden die Umfragen allenfalls bestimmte Entwicklungen in der Meinungsbildung sichtbar machen, meint Baltisser: «Aber auch Medienunternehmen versuchen damit Einfluss auf die Meinungsbildung zu nehmen.» Baltisser glaubt, dass gerade Wahlumfragen, welche kurz vor dem Wahltermin erscheinen, einen mobilisierenden oder demobilisierenden Einfluss haben. Er bemängelt, dass die Ergebnisse der Umfragen sich nur selten überprüfen lassen.
Die BDP will die Umfragen beibehalten. Sie dienen der Partei als Gradmesser, um die eigene Kampagne anzupassen. «Zudem helfen die Umfragen, die Aufmerksamkeit für Volksabstimmungen hoch zu halten», meint BDP-Präsident Martin Landolt.
Ob neben Lonchamps GfS Bern noch andere Institute mit dem Auftrag betraut werden sollten, will er nicht beurteilen: «Das müssen diejenigen entscheiden, die die Rechnung zahlen», sagt er. Im Hinblick auf die letzten Abstimmungen kann Landolt den Fehlprognosen Longchamps allerdings etwas Gutes abgewinnen: «Ich könnte mir vorstellen, dass gerade bei Ecopop die Ausgangslage lange als ‹unberechenbar› empfunden wurde und dies deshalb mobilisiert hat», sagt er.
FDP-Präsident Philipp Müller hält sich bedeckt: «Es liegt nicht an mir zu beurteilen, ob auf die Umfragen verzichtet werden könnte», sagt er. An ihren Einfluss auf das Abstimmungsverhalten glaubt er aber nicht: «Die Umfragen sind einzig ein guter Indikator, um Abstimmungskampagnen besser zu planen», findet er.
CVP-Präsident Christophe Darbellay möchte auf die Umfragen nicht verzichten, relativiert jedoch deren Aussagekraft: «Man darf die Resultate nicht überbewerten. Sie sind so sicher wie Wetterprognosen, also für maximal fünf Tage gültig», sagt Darbellay.
An ihren Einfluss auf das Stimmverhalten glaubt er nicht: «Sie beeinflussen eher den Wahlkampf als die Stimmbürger», meint er. Vor Ecopop hätten alle Angst gehabt, diesbezüglich hätten die letzten Umfrageergebnisse eine Art Schockwirkung erzielt. Eines stört den CVP-Präsidenten jedoch an den Prognosen: «Sie dürften etwas genauer sein. Das Quasi-Monopol Longchamps sollte in Frage gestellt werden. Michael Hermann vom Institut sotomo könnte sogar präziser sein als Longchamps», sagt er.
Auch die SP will die Umfragen nicht kippen. «Anders als beispielsweise Economiesuisse haben wir nicht die Möglichkeit, eigene Umfragen in Auftrag zu geben», sagt Mediensprecher Michael Sorg. «Die Umfragen geben uns einen wichtigen Anhaltspunkt, wie wir mit der Kampagne stehen.»
Sorg ist der Meinung, dass die Umfragresultate weniger Einfluss auf das Stimmverhalten, sondern eher auf die interne Mobilisierung der Parteien nehmen. Die Monopolstellung Longchamps sieht aber auch die SP nicht gerne: «Für unsere politische Arbeit würden wir es begrüssen, wenn wir uns auf mehrere Umfragen stützen könnten, die gleich seriös erstellt werden», sagt Sorg.