Die SVP will im Vorfeld der Abstimmung über das revidierte Asylgesetz vom 5. Juni keinen Rappen ausgeben. Präsident Toni Brunner sagte gestern in Bern, die Partei werde weder Inserate schalten noch eine Plakatkampagne durchführen. «Ich bin guten Mutes, dass wir die Revision mit Argumenten bodigen können», sagte der scheidende Parteichef. «Wir werden das mit Herzblut tun.»
Der Entscheid überrascht, hat doch die SVP im vergangenen September eigenhändig das Referendum gegen das Gesetz von Asylministerin Simonetta Sommaruga ergriffen. Gegen den Widerstand aller anderen Parteien.
Bei der Schlussabstimmung in der Herbstsession kritisierte SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz (BE) die Vorlage als «typische ‹Tun als ob›-Übung». Sommaruga schaffe mit dem neuen System Anreize für Flüchtlinge, die Schweiz als Zielland auszusuchen. Es werde «Gratis-Anwälte», Enteignungsverfahren, Rekurse und hohe Kosten «ohne Wirkung» geben: «Eine weitere Stufe der organisierten Unverantwortlichkeit.»
Überraschend ist der Verzicht auf eine eigene Kampagne auch, weil man die SVP bisher nicht für ihre Sparsamkeit kannte. Schwerreiche Mitglieder wie der Zürcher Alt-Bundesrat Christoph Blocher versorgen die Partei im Vorfeld von Urnengängen seit Jahrzehnten mit finanziellen Mitteln für Plakate, Inserate und Werbefilme. Für den Wahlkampf 2015 liess die Partei gemäss Schätzungen sieben Millionen Franken springen, für die Kampagne zur Masseneinwanderungs-Initiative 2014 weit über zwei Millionen und für die Durchsetzungs-Initiative diesen Februar vier bis fünf Millionen Franken.
Warum also tritt die Partei ausgerechnet in ihrem Kernthema Asyl auf die Bremse? Hat die SVP seit der Niederlage bei der Abstimmung zur Durchsetzungsinitiative am 28. Februar den Mut verloren? An der Pressekonferenz in Bern stellte Brunner dies in Abrede. Bei einem Referendum gehe es darum, ein neues Gesetz in einem letzten Akt vors Volks zu bringen. Die SVP werde «im unbezahlten Raum» gegen die Asylrevision kämpfen, erwarte aber gleichzeitig, dass die Medien die Vorlage «von allen Seiten beleuchten».
Die Partei habe die Erfahrung gemacht, dass in der Tagespresse jeweils nur eine Seite zu Wort komme. Fraktionschef Amstutz doppelte nach: «Bitte beleuchten Sie die Revision aus allen Winkeln, wie es für die vierte Macht im Staat die Pflicht wäre.» Auch die SVP habe keine unbeschränkten Mittel und sei auf Spendeneingänge angewiesen. In den Themenfeldern EU und Masseneinwanderungs-Initiative stünden wichtige Projekte an mit entsprechendem finanziellen Aufwand.
Auf die Frage einer Journalistin, wie denn die Alternative der SVP zum neuen Asylgesetz aussehe, antwortete Amstutz ausweichend. Das Problem sei, dass das bestehende Gesetz nicht eingehalten werde. In der Schweiz herrsche eine «Willkommenskultur für Flüchtlinge». Das Grenzwachtkorps figuriere dabei «als Empfangsdame», statt Migranten an der Grenze zurückzuweisen. Diese müssten nur das Wort «Asyl» aussprechen und könnten dann ohne Ausweispapiere einreisen. Gleichzeitig werde jeder Schweizer Bürger, der beim Fischen ohne Patent erwischt werde, «vor den Kadi gezerrt».
Zum Schluss der Pressekonferenz bezeichnete Parteipräsident Brunner Asylministerin Sommaruga als «unsere Frau Merkel». Auch das trug wenig zur inhaltlichen Klärung bei.
Immerhin: Nicht nur die SVP, auch die Befürworter des Gesetzes werden vor der Abstimmung im Juni auf Inserate und Plakate verzichten.