Schweiz
Frauen-Fussball-WM

WM-Frauenfussball: In der Schweiz fehlt das Geld bei den Frauen

Sarah Akanji
Sarah Akanji hat 2016 das Frauenteam beim FC Winterthur gegründet und konnte bereits im Juni 2018 mit diesem in die 1. Liga aufsteigen. bild: instagram/akanjisa

«Wir suchen Sponsoren» – warum niemand in den Schweizer Frauenfussball investiert

Während die USA-Spielerinnen jubeln, herrscht im Schweizer Frauenfussball Tristesse. In einem Brief fordert die Winterthurer Fussballerin und Politikerin Sarah Akanji mehr Lohn und mehr Zuschauer. Doch der Schweizer Fussballverband winkt ab.
08.07.2019, 19:5509.07.2019, 12:27
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Der WM-Final der Frauen in Frankreich war der Abschluss intensiver Wochen für den Frauenfussball: Ob politische Statements von Spielerinnen, mediale Diskussionen und Analysen zum weiblichen Fussball oder Tweets von US-Präsident Trump – die Frauen-WM hat den Nerv der Zeit getroffen.

Auch wenn die Schweiz nicht von der Partie war, sorgte das Turnier auch hierzulande für Debatten. Noch bevor die WM begann, lancierte die Winterthurer Fussballerin und SP-Kantonsrätin Sarah Akanji mit Parteikollegen eine Petition. Sie forderte, dass das Schweizer Fernsehen nicht nur einzelne, sondern alle Spiele live zeigt.

Am Tag des WM-Finals verschickte sie bereits die nächste Forderung. In einem Brief an den Schweizer Fussballverband (SFV) stellte sie vier Forderungen für die Förderung des Frauenfussballs. Akanji fordert:

  • Mehr Frauen im Zentralvorstand und in den Kommissionen des SFVs.
  • Mehr finanzielle Mittel für den Frauenfussball.
  • Mehr Werbung für Frauenfussballspiele.

Akanji verfolgte den WM-Final live in Lyon, jetzt will sie weiterkämpfen: «Der Frauenfussball hat durch die WM einen grossen medialen Aufschwung erlebt. Aber jetzt müssen wir weitermachen und den Boom nicht abflachen lassen», sagt die Fussballerin und Schwester vom Profi-Fussballer Manuel Akanji. «Wir wollen mit dem Brief dem SFV Druck machen, damit der Frauenfussball den Platz und Respekt bekommt, den wir verdienen.» Und das hänge auch mit den finanziellen Mitteln zusammen. «Der SFV muss mehr in den Frauenfussball investieren», fordert Akanji.

Hier sieht sich der Schweizer Fussballverband (SFV) bereits an seinem Limit. «Wir investieren bereits jährlich über vier Millionen Franken in den Frauenfussball», sagt SFV-Sprecher Marco von Ah. Der Frauenfussball sei auf dem Werbemarkt einfach zu wenig lukrativ und dieser erkenne das Potential des Sports noch nicht. «Deshalb sind wir seit Längerem auf der Suche nach einem grossen Presenting-Sponsor für die Schweizer Meisterschaft.»

Doch auch wenn das Schweizer Nationalteam an der Weltmeisterschaft mitgespielt hätte, bis zur Schlussphase hätten sie es nicht geschafft. «Da herrscht ein anderes Leistungsniveau. Die USA ist eine Profitruppe, sie trainieren fast wie ein Klubteam», sagt von Ah. Hier sieht Sarah Akanji das Problem: «Für die Schweizerinnen ist es gar nicht möglich, an ein solches Niveau heranzukommen, denn Profi-Fussballspielerinnen müssen neben täglichen Trainings normal arbeiten.» Vom Zeit-Leistungs-Problem berichtet auch Tatjana Haenni, Frauenfussball-Ressortleiterin beim SFV. In einem Interview mit der Sonntagszeitung sagt sie: «Viele hören mit 22 Jahren auf, weil sie müde sind. Beruf, Karriere, Schule...und siebenmal pro Woche Training. Nach ein paar Jahren setzen sie ihre Prioritäten auf das private und berufliche Leben.»

Deshalb fordert Akanji in ihrem Brief auch mehr Lohn für Spitzen-Fussballerinnen. Diese Forderung will der SFV nicht kommentieren und verweist auf die einzelen Klubs.

Trotz allem: Die Anzahl Spielerinnen hat in den letzten zehn Jahren stetig zugenommen. Bereits vor der Frauen-WM stieg die Zahl steil an.

So ist die Zahl der Frauenfussballerinnen in der Schweiz explodiert

Als nächstes wolle man sich mit dem SFV an einen Tisch setzen und die Forderungen besprechen. Ob es zu einem Streik bei den Frauenfussballerinnen kommt? «So etwas ist nicht geplant. Noch nicht», sagt Akanji.

Anmerkung: In einer früheren Version dieses Artikels wurde die Grafik zur Anzahl der Fussballerinnen anders dargestellt. Mittlerweile wurde der Ausschnitt angepasst. Wir entschuldigen uns für allfällige Missverständnisse!

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Alle Fussball-Weltmeisterinnen
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Alle Fussball-Weltmeisterinnen
2019: USA – Holland 2:0.
quelle: epa / ian langsdon
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67 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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TrueClock
08.07.2019 20:11registriert September 2015
Der Graph ist wohl das letzte. Sieht eigentlich so aus
«Wir suchen Sponsoren» – warum niemand in den Schweizer Frauenfussball investiert
Der Graph ist wohl das letzte. Sieht eigentlich so aus
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fcsg
08.07.2019 20:23registriert Juni 2015
Es gibt in der Schweiz rund 280‘000 registrierte männliche Fussballer, also über 10-mal mehr als Frauen. Diese Anzahl reicht gerade einmal aus, um rund 10 Teams einen vollständigen Profibetrieb zu ermöglichen. Etwa die Hälfte davon kämpft mit ständigen Finanzproblemen. Wie sollen diese Teams nun in den Aufbau eines Frauenteams investieren, wenn dort einfach nichts zurückkommt? Wer als Frau professionell spielen will, muss ins Ausland. Wer als männlicher Fussballspieler wirklich gut verdienen will und das Talent dazu hat, geht schliesslich auch ins Ausland.
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Zanzibar
08.07.2019 20:01registriert Dezember 2015
Es ist hald schwierig. Wenn nur ein paar 100 Nasen an ein Spiel gehen ist das für Sponsoren schlicht uninteressant. Das Geld kommt nur mit steigenden Zuschauerzahlen. Wie diese allerdings erreicht werden können weiss ich auch nicht...
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