Schweiz
Feminismus

Internationaler Frauentag: So zukunftsoptimistisch sind Frauen

Gute Rahmenbedingungen für berufstätige Eltern: eine von sechs Forderungen der SP-Bundeshausfraktion zur Gleichstellung für die kommende Legislatur. (Themenbild)
Die Mehrheit der Frauen übernehmen die Kinderbetreuung, weil es an Teilzeitmöglichkeiten für Männer mangelt. Bild: KEYSTONE

Junge blicken optimistisch in eine gleichgestellte Zukunft – doch es gibt einen Haken

Heute Sonntag wird weltweit für die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau demonstriert. In einer neuen Studie gaben die Mehrheit der Jungen an, dass sie punkto Gleichstellung optimistisch gestimmt sind. Doch je älter sie werden, desto mehr schwindet dieser Optimismus.
08.03.2020, 11:0208.03.2020, 13:11
Helene Obrist
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Jedes Jahr, Anfang März, strömen Tausende von Menschen auf die Strasse, um für die Rechte der Frau zu kämpfen. Der Weltfrauentag ist ein Symbol für die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Denn diese ist noch nicht erreicht. Zahlreiche Studien zeigen, dass Frauen in zahlreichen Lebensbereichen noch immer benachteiligt werden.

Eine im Mai 2019 veröffentliche Befragung von Amnesty International zeigte: Jede fünfte Frau in der Schweiz wurde schon Opfer von sexueller Gewalt. Auch in der Wirtschaft bestehen weiterhin Unterschiede. Das zeigen Zahlen des Bundesamt für Statistik. Nur knapp 32 Prozent der erwerbstätigen Frauen sind in einer Führungsposition und leiten ein Unternehmen.

Auf einen weiteren Aspekt konzentrierte sich eine aktuelle Umfrage der Organisation Plan International Schweiz. Laut den Studienautoren blicken 75 Prozent der Männer und Frauen im Alter von 14 bis 24 optimistisch in die Zukunft. Sie sind guter Hoffnung, dass die Gleichstellung der Geschlechter in der Schweiz zur Norm werden wird.

Doch der Schein trügt. «Wir waren sehr überrascht, als wir dieses Ergebnis sahen», sagt Suba Umathevan, CEO von Plan International Schweiz gegenüber watson. Der jugendliche Optimismus scheint nicht angebracht zu sein, so Umathevan weiter. «Sobald die Frauen älter werden und die Schulbank gegen einen Arbeitsplatz tauschen, kommt es häufiger vor, dass sie Ungleichheit erfahren oder miterleben.» Das Selbstvertrauen beginne mit steigendem Alter und Eintritt in die Berufswelt zu schwinden.

Auch die Studienautoren schreiben, dass die Schweizer Schulen wohl «ein besserer Ort für Optimismus zu sein scheinen, als die Arbeitsplätze, die die Jugendlichen am Ende erwarten.»

Untermauert werden diese Aussagen von den weiteren Studienergebnissen: Mit zunehmenden Alter steigt nämlich der Anteil Frauen, die sich am Arbeitsplatz ungleich behandelt fühlen, von 21 auf 31 Prozent.

Realität zeigt ein anderes Bild

42 Prozent der Frauen gaben an, dass sie am Arbeitsplatz bereits diskriminiert wurden. Und auch in Führungspositionen wird es nicht einfacher: Rund 60 Prozent der Befragten sagte, dass Frauen mehr Leistungen als Männer erbringen müssten, wenn sie denn eine Führungsposition inne hätten.

Die wichtigsten Resultate der Umfrage zusammengefasst:

Bild
bild: piktochart/watson

Auch bei der Teilzeitarbeit sind die Unterschiede gross. Mit 31 Jahren beginnen Frauen, weniger Zeit am Arbeitsplatz zu verbringen. 82 Prozent der Männer in der Schweiz arbeiten Vollzeit. Bei den Frauen sind es nur 41 Prozent. Das sei vor allem ein institutionelles und strukturelles Problem und basiere nicht auf individuellen Entscheidungen, so Umathevan.

Fast 6 von 10 Männern würden zu Hause bleiben und sich um die Kinder kümmern, wenn die Frau den besseren Job hätte.

Die Bereitschaft der Männer, mehr Teilzeit zu arbeiten oder die Kinderbetreuung ganz zu übernehmen, wäre nämlich da. Fast sechs von zehn Männern sagten, dass sie zu Hause bleiben und sich um die Kindern kümmern würden, wenn die Frau den besseren Job hätte.

Die Bereitschaft, die Teilzeitstatistiken zu ändern, wäre folglich da. Und der Optimismus dafür offenbar auch. Doch das alleine reiche nicht, so die Studienautoren. «Es braucht weiterhin Massnahmen, um die Gleichstellungen in unseren politischen und wirtschaftlichen Institutionen zu verankern.»

Zur Studie
Die Mädchenrechtsorganisation Plan International Schweiz wollte wissen, wie junge Frauen und Männer in der Schweiz zum Thema Gleichberechtigung stehen. Befragt wurden 1002 junge Frauen und 1242 junge Männer zwischen 14 und 24 Jahren sowie 714 Frauen zwischen 24 und 40 Jahren.
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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Biindli
08.03.2020 11:57registriert Oktober 2015
Ich habe manchmal auch den Verdacht, dass sich Männer nicht wirklich um Teilzeit bemühen. Mein Mann hat schon zweimal relativ mühelos eine 80%-Teilzeitstelle in einem typischen "Männerberuf" gefunden. Er hat sich teilweise auf 100%-Stellen beworben und im Brief erläutert wieso er nur 80% arbeiten kann. Nur eine Firma hat ihn deswegen nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Von anderen Männern höre ich oft: "Ich muss gar nicht fragen. Bei uns geht das nicht." Aber wer nicht fragt... will nicht wirklich?
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Bruno Wüthrich
08.03.2020 13:00registriert August 2014
Ich glaube, viele dieser Artikel, die da bezüglich Gleichberechtigung erscheinen, berücksichtigen nicht alle Aspekte. Beispiel: Ich kenne Männer, die fühlen sich durchaus ebenfalls diskriminiert. Nicht gegenüber Frauen, sondern generell. Sie haben den Eindruck, mehr zu arbeiten als andere und trotzdem nicht in eine führende Position zu kommen. Der einzige Unterschied: Sie können nicht das Geschlecht als Ursache anführen. Bei den Frauen muss es aber wohl jeweils zwingend das Geschlecht sein. Ich glaube deshalb, die tatsächliche Diskriminierung der Frauen ist viel kleiner als hier angenommen.
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Füdlifingerfritz
08.03.2020 11:14registriert März 2018
"Denn diese (Gleichberechrigung) ist noch nicht erreicht. Zahlreiche Studien zeigen, das Frauen in zahlreichen Lebensbereichen noch immer benachteiligt werden."
Falls hier von der CH gesprochen wird, wovon ich ausgehe, da es im nächsten Absatz um Frauen in der CH geht, ist diese Aussage leider eine Lüge. Die Autorin nenne mir bitte ein einziges Recht, das Frauen im der CH nicht haben, Männer aber schon. Eines genügt. Vowon die Autorin hier schreibt nennt sich GleichBEHANDLUNG. Das ist nicht dasselbe wie GleichBERECHTIGUNG. Sollte man fast wissen, wenn man über dieses Thema schreibt.
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