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Schweizer Nachrichtendienst sammelt weiterhin illegal Daten

Schweizer Nachrichtendienst sammelt weiterhin illegal Daten

30.01.2020, 11:0003.02.2020, 13:41
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In den Geheimdienst-Computern finden sich nach wie vor viele Datensätze, die dort nicht sein dürften. Die parlamentarische Oberaufsicht übt scharfe Kritik am Nachrichtendienst des Bundes. (Symbolbild)
Der NDB sammelt illegal Daten.Bild: KEYSTONE

Die Geschichte scheint sich zu wiederholen: Nach wie vor sammelt der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) mehr Informationen als ihm das Gesetz erlaubt. Zu diesem Schluss kommt die parlamentarische Oberaufsicht. Auch Politikerinnen und Politiker werden überwacht.

In den letzten Jahren hatten Fälle wie jene von alt SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen und der ehemaligen SP-Ständerätin Anita Fetz zu reden gegeben: Linke Politikerinnen und Politiker tauchten teils dutzendfach in den Datenbanken des NDB auf. Eine Aufsichtseingabe von grundrechte.ch veranlasste die Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte (GPDel), genauer hinzuschauen.

Eine von 48: Ständerätin Anita Fetz (SP/BS) tritt nicht zur Wiederwahl an. (Archivbild)
Anita FetzBild: KEYSTONE

Die parlamentarische Oberaufsicht stellt dem Nachrichtendienst in ihrem Jahresbericht kein gutes Zeugnis aus. Unter anderem verstiess der NDB gegen das Gesetz, in dem er tausende nicht benötigte Zeitungsartikel, Agenturmeldungen und Texte von Internetseiten sammelte. Das gleiche gilt für die täglichen Ereignisübersichten, die die GPDel analysiert hat.

Daten nicht gelöscht

Kritisch beurteilt sie auch die Berichte kantonaler Nachrichtendienste. Das Gesetz verbietet nämlich die Beschaffung von Informationen über politische Betätigungen, es sei denn, es bestehe Terror- oder Spionageverdacht. Schon vor Jahren war die Überwachung kurdischstämmiger Politiker in Basel ans Licht gekommen. Die GPDel stellte nun fest, dass die entsprechenden Informationen auch nach 15 Jahren noch nicht aus den Datenbanken des Nachrichtendienstes gelöscht worden sind.

Der NDB messe den Schranken des Gesetzes bei der Datenerfassung zu wenig Beachtung bei, schreibt die GPDel in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Bericht. Ein Grund dafür ist eine interne Weisung, die laut GPDel von einer falschen Auslegung von Rechtsbegriffen ausgeht. Obwohl sich die Aufsichtsdelegation auf die Beurteilungen des Bundesamts für Justiz und des Bundesverwaltungsgerichts stützt, lehnt der Direktor des Nachrichtendienstes eine Korrektur der Weisung ab.

Unvollständige Auskunft

Mängel stellte die GPDel auch bei der Auskunftserteilung fest. In einigen untersuchten Fällen waren die Auskünfte unvollständig. Teilweise fehlten Informationen über den Zweck der Datenbearbeitung, die Empfänger oder die Herkunft der Angaben.

Zur Datenbearbeitung macht die GPDel insgesamt neun Empfehlungen. Neben der Löschung der alten Informationen aus Basel-Stadt und der Anpassung der kritisierten Weisung geht es unter anderem um eine Überprüfung der tatsächlich benötigten öffentlichen Informationen. Im Visier hat die Aufsicht dabei vor allem die Presseschauen.

Weitere Empfehlungen betreffen die Auskunftsbegehren. Die GPDel verlangt unter anderem, dass unvollständige Auskünfte ergänzt und Betroffene über die Löschung von Daten ins Bild gesetzt werden. Der NDB hat inzwischen rund 3.3 Millionen ältere Pressemeldungen aus den Datenbanken gelöscht. Ausserdem werden nicht benötigte Datenbestände identifiziert. Für diese wird eine maximale Aufbewahrungsfrist geprüft. (aeg/sda)

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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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FITO
31.01.2020 08:12registriert April 2019
Wie war das nur noch mal damals als man das BÜPF durchdrückte und die Wähler schamlos belogen hat?
Für den NDB ist dies natürlich ein gefundenes Fressen und die Schlapphüte nehmen sich immer wie mehr Rechte.
Nun haben wir den Salat!
Danke an alle Parteien, die für diese Verarschung des "Volkes" verantwortlich waren.
Schweizer Nachrichtendienst sammelt weiterhin illegal Daten 
Wie war das nur noch mal damals als man das BÜPF durchdrückte und die Wähler schamlos belogen hat?
Für den NDB ist dies natürlich ein ...
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Alegoh
30.01.2020 11:38registriert September 2019
Sollte das nicht ein riesen Skandal sein? Warum wird das nur so beiläufig erwähnt? Der Direktor stellt sich und seine Spitzeltruppe bewusst über das Gesetz aber es interessiert (anscheinend) niemanden? Ich verstehe diese Welt nicht mehr..
24020
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giandalf the grey
30.01.2020 11:34registriert August 2015
Ganz ehrlich: Wen wunderts?! Wenn man Geheimdiensten und der Polizei den kleinen Finger gibt, nehmen die immer die ganze Hand, packen die andere auch noch und binden sie dir hinter dem Rücken zusammen. Das ist der Job. Das gehört dazu, wenn man die Staatsgewalt ist. Und das gilt global, das Ausmass ist in den USA nur deshalb grösser, weil sie das grössere Budget haben. Aber heeeey, stimmen wir doch "Ja" zum NDG, wir haben ja nichts zu verbergen?! Fichen? Nein, ich bin Vegi und die Tiere leiden auch wenn man sie wieder rein wirft...
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