Schweiz
Deutschland

Reichsflaggen an den Coronademos in Berlin und Zürich: Sind sie erlaubt?

29.08.2020, Berlin: Teilnehmer einer Kundgebung gegen die Corona-Massnahmen stehen vor dem Reichstag, ein Teilnehmer haelt eine Reichsflagge. (KEYSTONE/DPA/Fabian Sommer)
Die Reichsflagge an der Demonstration in Berlin.Bild: keystone

Reichsflaggen an den Coronademos in Zürich und Berlin: Sind sie überhaupt erlaubt?

Neben Regenbogenfahnen und regierungskritischen Transparenten stachen auffällig viele Symbole aus der rechten Szene ins Auge. Erstaunlich ist: Vieles, was in Deutschland verboten wäre, ist in der Schweiz erlaubt.
30.08.2020, 18:0030.08.2020, 20:45
Samuel Schumacher / ch media
Mehr «Schweiz»

22'000 Menschen in Berlin, gut 1000 in Zürich: Am Wochenende gingen Gegner der Coronamassnahmen in Deutschland und der Schweiz wieder auf die Strasse und machten ihrem Unmut über die geltenden Einschränkungen Luft.

Gesichtsmasken trugen die wenigsten. Dafür wurden auffällig viele Reichskriegsflaggen geschwenkt. Welches ist ihr historischer Hintergrund, und wo gibt es einen Bezug zur Nazi-Zeit? Eine kleine Flaggenkunde:

Die Reichskriegsflagge

Bild
bild: ch media

Die Reichskriegsflagge wurde anlässlich der Neugründung des Deutschen Reiches 1871 geschaffen und unter anderem als Kriegsflagge der deutschen Marine und später der gesamten deutschen Streitkräfte verwendet. Die Nazis ersetzten später den Adler in der Mitte der Flagge durch das Hakenkreuz. Die Reichskriegsflagge zu zeigen, ist in Deutschland und der Schweiz grundsätzlich erlaubt. Allerdings gilt sie spätestens seit der Zwischenkriegszeit als Symbol rechtsradikaler Kreise. 2013 sorgte der damalige Walliser SVP-Nationalrat Oskar Freysinger für Aufsehen, weil die Kameras des SRF in seinem Keller eine aufgehängte Reichskriegsflagge filmten.

Die Reichsflagge

Bild
bild: ch media

Auch die schwarz-weiss-rote Reichsflagge erlebt an den Coronademos in Deutschland derzeit ein Revival. Die Farbkombination stammt aus dem Jahr 1866. Sie war die Nationalflagge des Deutschen Kaiserreichs (1871 bis 1918). Von 1933 bis 1935 verwendeten die Nationalsozialisten die Flagge als offizielle Farben des Dritten Reiches.

Erst nach dem Tod von Reichspräsident Paul von Hindenburg 1935 wurde sie durch die Hakenkreuzflagge ersetzt. Herman Göring, damals Chef der Nazi-Luftwaffe und Reichstagspräsident, erklärte in einer Rede am 15. September 1935 anlässlich der Ablösung der alten schwarz-weiss-roten Flagge: «Die alte Flagge, sie ist in Ehren eingerollt worden. Sie gehört einem vergangenen Deutschland der Ehre an.» Auch sie gilt als eindeutiges rechtsextremes Symbol. Sie ist aber weder in Deutschland noch in der Schweiz verboten.

Die Naziflagge

Bild
bild: ch media

Die Hakenkreuzflagge war von 1935 bis zum Untergang des Dritten Reiches 1945 die Nationalflagge. Zuvor schon wurde sie von den Nazis als Parteiflagge verwendet. In seinem Buch «Mein Kampf» schreibt Hitler, das Hakenkreuz stehe «für den Sieg des arischen Menschen». Die Verwendung und Verbreitung jeglicher Darstellungen des Hakenkreuzes ist in Deutschland verboten, ausser sie geschieht in klar historischem Kontext (z.B. im Rahmen einer historischen Theateraufführung).

In der Schweiz hingegen darf die Flagge theoretisch gezeigt werden, sofern man damit nur eine eigene politische Überzeugung zum Ausdruck bringen und nicht Propaganda betreiben will. Die Abgrenzung ist schwierig. Dennoch sind mehrere politische Vorstösse, die ein Hakenkreuz-Verbot zum Ziel hatten, in den vergangenen Jahren gescheitert.

Die Nazireichskriegsflagge

Bild
bild: ch media

Die nationalsozialistische Variante der Reichskriegsflagge, die an Stelle des deutschen Adlers ein Hakenkreuz (Swastika) setzte, wurde offenbar von Adolf Hitler persönlich entworfen und erstmals 1935 gehisst.

Teilweise wurde das Hakenkreuz zusätzlich auf die Rückseite der Flagge genäht, damit es von beiden Seiten betrachtet nach rechts deutete. Die Flagge wurde primär auf Kriegsschiffen, an Wehrmachtsgebäuden und zur Bedeckung der Särge gefallener Soldaten verwendet. Sie ist in Deutschland - wie alle Gegenstände mit Hakenkreuz - verboten, in der Schweiz hingegen nicht. (bzbasel.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Wenn aus Hakenkreuzen Friedensbotschaften werden
1 / 21
Wenn aus Hakenkreuzen Friedensbotschaften werden
Hakenkreuze sind Schandmale. Anstatt die Nase zu rümpfen, kannst du sie aber auch kreativ bekämpfen. Hier einige Beispiele!

Bild: instagram
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Mit Liebe und Humor gegen Nazi-Schmierereien
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
78 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Funboy
30.08.2020 19:00registriert Juni 2019
Funfact: im deutschen Reich herrschte eine Impfpflicht
45522
Melden
Zum Kommentar
avatar
Tilman Fliegel
30.08.2020 18:30registriert Februar 2014
Reichsbürger sind doch per Definition anti-demokratisch, oder nicht?
30526
Melden
Zum Kommentar
avatar
rönsger
30.08.2020 20:50registriert Dezember 2014
Erstens frage ich mich, was die Reichskriegsflagge mit dem Protest gegen Corona-Massnahmen zu tun hat. Und zweitens - auf die Schweiz bezogen: Was bitteschön hat diese Flagge hier zu suchen? Und wie ist das Gedankengut jener geschnitzt, die in Zürich neben den Fahnen wacker mitmarschieren, um für mehr Freiheit und Demokratie zu demonstrieren?
15314
Melden
Zum Kommentar
78
Netflix erhöht die Preise in der Schweiz – und zwar nicht nur «es bitzli»
Netflix feiert in der Schweiz sein 10-jähriges Bestehen. Um diesen Erfolg zu feiern, hat der Streaming-Gigant beschlossen, die Preise für seine drei Abonnements massiv zu erhöhen: bis zu 12 Prozent, und um 8 Prozent für das billigste.

Das teuerste Netflix-Abo ist nicht teuer genug: Der Marktführer und bereits teuerste Streaming-Anbieter der Schweiz erhöht erneut seine Preise – um bis zu 12 Prozent, wie der Online-Vergleichsdienst Moneyland.ch am Mittwoch berichtete.

Zur Story