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Verhafteter Mann unter Spionageverdacht wurde von NDB eingesetzt

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Sicht auf den Sitz des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, VBS, wo auch der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) ansässig ist.Bild: KEYSTONE

Verhafteter Mann unter Spionageverdacht wurde von NDB eingesetzt

03.05.2017, 19:0804.05.2017, 08:37
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Was die Bundesstellen bis heute nicht kommentieren wollten, ist nun bestätigt: Der in Deutschland unter Spionageverdacht verhaftete Schweizer ist vom Nachrichtendienst des Bundes (NDB) eingesetzt worden. Das sagte Corina Eichenberger, Vizepräsidentin der NDB-Aufsicht.

«Wir haben uns vor etwa fünf Jahren mit dem Fall beschäftigt, der NDB hat uns den Fall damals vorgelegt», sagte die Aargauer FDP-Nationalrätin am Mittwochabend auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Die Vizepräsidentin der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) bestätigte damit eine Meldung des «Blicks».

Der Schweizer arbeitete in einer Zeit für den Nachrichtendienst, in der die Schweiz als Schwarzgeld-Oase massiv unter Druck war. «Die Deutschen haben illegale Wirtschaftsspionage betrieben, indem sie illegale Daten-CDs erwarben», sagte Eichenberger.

Der NDB habe im Rahmen der Spionageabwehr herausfinden wollen, wer das Mandat dazu gegeben hatte – da wurde der Mann eingesetzt. «Aufgrund seiner Informationen wurden Haftbefehle gegen drei deutsche Steuerfahnder erlassen wegen Verdacht auf nachrichtliche Wirtschaftsspionage.»

Alles legal

Die Spionageabwehr gehöre zum Auftrag des NDB, sagte Eichenberger. Damals sei im gesetzlichen Rahmen alles korrekt abgelaufen. «Hätten wir das anders gesehen, hätten wir interveniert und den NDB für sein Vorgehen mindestens gerügt.» Auch jetzt sehe sie keinen Anlass, daran zu zweifeln, «dass der NDB richtig gehandelt hat».

Eichenberger geht nicht davon aus, dass die Verhaftung des Mannes in Frankfurt von vergangener Woche etwas mit den Tätigkeiten vor fünf Jahren zu tun hat. «Was jetzt passiert, ist wahrscheinlich etwas anderes», sagte sie der SDA. Über die Gründe der Festnahme werde sich die GPDel an einer Sitzung am (morgigen) Donnerstag im Detail informieren lassen.

Wahlkampf oder Staatsaffäre?

Die deutsche Regierung verlangt von der Schweiz Aufklärung in der Affäre. Sie berief deshalb am Dienstag die Botschafterin in Berlin zu einem klärenden Gespräch ins Aussenministerium ein. Dies hält Eichenberger für übertrieben. «Dieses Vorgehen hat mich erstaunt, das muss man unter dem Thema Wahlkampf abbuchen.»

Die deutsche Regierung sieht in der Affäre keine Belastung für die Beziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz. Das Verhältnis beider Länder sei «so eng und so gefestigt», dass es durch die Affäre «nicht so schnell» erschüttert werden könne, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, am Mittwoch in Berlin. Beide Seiten hätten ein «starkes Interesse», dass sich der Fall nicht negativ auf die bilateralen Beziehungen auswirke. Die Schweiz müsse aber an der Aufklärung mitwirken.

Die Schweizer Behörden wollten bis anhin Angaben von Medien und des Anwalts des Verhafteten nicht bestätigen, wonach es sich beim Auftraggeber um den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) handelt. Er könne und wolle nicht zum konkreten Fall Stellung nehmen, sagte Verteidigungsminister Guy Parmelin am Dienstag mit Verweis auf die laufenden Verfahren. Er habe die Ausführungen der deutschen Generalbundesanwaltschaft zur Kenntnis genommen, sagte er lediglich.

Der 54-jährige Schweizer war am vergangenen Freitag in Frankfurt verhaftet worden. Laut dem deutschen Generalbundesanwalt wird ihm vorgeworfen, während über fünf Jahren für einen ausländischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein.

Verfahren auch in der Schweiz

Auch die Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt gegen den Mann. Sie bestätigte am Dienstag, dass sie im Januar 2015 ein Strafverfahren wegen des Verdachts des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes eröffnet habe.

Die Verhaftung in Frankfurt sei aber nicht im Rahmen des Schweizer Verfahrens erfolgt. Die Bundesanwaltschaft habe davon erst durch den deutschen Generalbundesanwalt erfahren. Die beschuldigte Person sei zudem nie für die Bundesanwaltschaft tätig gewesen. (sda)

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