Zwölf Klimaaktivisten haben ihren Prozess wegen einer Aktion in den Räumlichkeiten der Grossbank Credit Suisse (CS) in Lausanne gewonnen. Das Bezirksgericht in Renens VD sprach sie am Montag frei.
Der Gerichtspräsident und einzige Richter Philippe Colelough kam zum Schluss, dass die zwölf Mitglieder der Bewegung Lausanne Action Climat (LAC) aus Gründen eines «rechtfertigenden Notstandes» gehandelt hätten. Er befand, dass das Vorgehen der Aktivisten angesichts der Klimakatastrophe «notwendig und angemessen» gewesen sei.
BREAKING: Die zwölf mutigen Klimaaktivist*innen, welche in November 2018 in der Filiale von @CreditSuisse Tennis spielten um auf die klimaschädlichen Investitionen der Bank aufmerksam zu machen, wurden gerade vom Bezirksgericht von Lausanne freigesprochen! 🌍🎾💚#RogerWakeUpNow
— Klimastreik Schweiz 🔥 (@klimastreik) January 13, 2020
Ihre Aktion sei der «einzige wirksame Weg gewesen, um die Bank zu einer Reaktion zu bewegen, und der einzige Weg, um die notwendige Aufmerksamkeit von den Medien und der Öffentlichkeit zu erhalten», begründete der Gerichtspräsident sein Urteil weiter.
Der Prozess war der erste in dieser Grössenordnung in der Schweiz seit Beginn der Mobilisierung für das Klima. Vor Gericht standen zwölf Mitglieder der Bewegung Lausanne Action Climat (LAC). Die Aktivisten im Alter zwischen 21 und 34 Jahren hatten am 22. November 2018 während eineinhalb Stunden eine CS-Filiale in der Waadtländer Hauptstadt besetzt.
"It is a historic victory that gives a message of hope. [...] The right to life takes precedence over the financial interests [...] We have shown that Credit Suisse is outlawed with its fossil fuel investment practices." #RogerForClimate #DiscreditSuisse pic.twitter.com/i6GN5pyHY2
— RogerWakeUp (@RogerWakeUpNow) January 13, 2020
Als Tennisspieler verkleidet prangerten sie die "Heuchelei einer Bank an, die sich in ihren Kampagnen des positiven Ansehens von Roger Federer bedient und gleichzeitig eine umweltschädliche Investitionspolitik verfolgt". Die Bank erstattete Anzeige.
Im Frühjahr 2019 wurden die Protestierenden wegen Hausfriedensbruchs und Widerstands gegen Anordnungen der Polizei zu bedingten Geldstrafen von je dreissig Tagessätzen bei zwei Jahren Bewährung und zu einer Geldstrafe von je 400 bis 600 Franken - umwandelbar in 13 bis zwanzig Tage Haft - verurteilt.
Zusammen mit den Gerichtskosten hätte sich die Rechnung für die Aktivisten auf total 21'600 Franken belaufen. Diese Strafen wollten sie nicht akzeptieren. Sie fochten die Strafbefehle an und beschritten damit den Gerichtsweg.
Ähnliche Aktionen wie in Lausanne hatten am selben Tag auch in Basel und Genf stattgefunden. In Basel protestierten die Umweltaktivisten aber nicht in den Räumen der Bank, sondern auf dem Trottoir vor dem CS-Sitz. Die Polizei griff nicht ein.
In den nächsten Monaten dürften in der Schweiz weitere Prozesse gegen Klimaaktivisten stattfinden. Allein im Kanton Waadt sind fast 120 Mitglieder der Bewegung Extinction Rebellion für verschiedene Aktionen per Strafbefehl verurteilt worden. Weil die meisten von ihnen die Strafbefehle anfochten, werden auch diese Fälle vor Gericht verhandelt werden.
(aeg/sda)
Friedliches Demonstrieren ist demokratischer, als es die neoliberalen Banker bei ihren Kampf um uneingeschränkte Privatisierung der Umwelt zugeben wollen
Hausfriedensbruch in einem öffentlich zugänglichen Gebäude (ohne Hausverbot), lächerlich!
Wenn der Notstand, der einen Bruch der Rechtsordnung rechtfertigt, so weit definiert wird, öffnet das alle Schleusen. Die Menschen, die die Bank besetzten, waren nicht unmittelbar persönlich von der Bank bedroht.
Welche andere Rechtsbrüche werden noch durch den Klimanotstand gerechtfertigt? Darf ich ein Auto demolieren? Oder darf ich einen Flughafen lahmlegen? Rechtfertigt es sich ein Flugzeug abzuschiessen, wenn niemand auf die Klimaaktivisten hören will?
Notstand muss eng ausgelegt werden und darf nur objektiv, nicht subjektiv beurteilt werden.