«Herzlich Willkommen zu einem Perspektivenwechsel»: Mit diesen Worten grüsst «Arena» Moderator Sandro Brotz am Tag der Arbeit aus dem SRF-Studio. Nicht Politikerinnen und Politiker stehen hinter den steinernen Rednerpulten, sondern von der Coronakrise Direktbetroffene.
Zwei der Gäste sind nicht ganz unbekannt: Die Leichtathletin Mujinga Kambundji und der Komiker Marco Rima standen Brotz jeweils zur Rechten und Linken. Ebenfalls geladen sind der Hoteldirektor Beat Bührer und die Hairstylisten Pierina Fretz, die bereits erste «Arena»-Erfahrung in vorherigen Sendungen sammelte.
Berichten aus ihrem Corona geprägten Alltag sollen sie, so der Teaser der Sendung. Ganz ohne Politikerinnen und Behörden ging es dann aber doch nicht. Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Gewerkschaft und Bildung werden per Videokonferenz hinzugeschaltet und gewähren einen seltenen Einblick in Privatgemächer. Aber dazu später mehr.
Die schnellste Sprinterin der Schweiz Mjinga Kambundji macht den Anfang. Eigentlich wäre sie jetzt im Trainingslager und würde sich auf Wettkämpfe vorbereiten und der Leichtathletik-EM im Sommer entgegenfiebern. Stattdessen trainiert Kambundji zuhause auf dem Hometrainer – mit wenig Begeisterung. «Das grosse Ziel vor Augen fehlt», so die 27-Jährige Sportlerin.
Auch Komiker Marco Rima ist nicht zum Lachen zu Mute. Auf Ende Oktober wäre die Premiere seines neusten Bühenprogramms geplant gewesen. Ob das nun wirklich stattfinden kann, steht in den Sternen. Das belaste ihn und schlage auf sein Schaffen. «Ich weiss nicht mehr so genau, wie ich jetzt kreativ sein soll», so Rima.
Bereits wieder arbeiten kann Hairstylistin Fretz. Doch nur unter erschwerten Umständen. Sie sei verwirrt gewesen, als sie vernahm, dass Coiffeursalons und Kosmetikstudios die ersten wären, die ihre Tore wieder öffnen konnten. «Gerade jene Betriebe mit engem Körperkontakt», so Fretz. Sie arbeitet nun mit Schutzmasken und Wegwerfmäntelchen.
Hoteldirektor Bührer muss sich noch etwas gedulden. Ab dem 11. Mai darf auch er wieder Gäste empfangen und ihnen «endlich wieder Pommes Frites servieren». Auf Hochdruck arbeite er nun an der Umsetzung der nötigen Schutzvorkehrungen und einem Schritt in Richtung Normalität.
Ob dieser Schritt in die Normalität vom Bundesrat nun zu eilig angepeitscht wird, will Moderator Brotz unter anderem von Daniel Lampart, Chefökonom vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund, wissen. Dieser meldet sich aus dem Home-Office per Video, in dessen Hintergrund zahlreiche Gitarrenhälse aufblitzen. «Es ist der richtige Zeitpunkt, um die Massnahmen wieder zu lockern», sagt Lampart.
Geht es nach Komiker Rima, hätten die Turbo-Lockerungen auch früher kommen können. «Die Schweizerinnen und Schweizer sind super unterwegs», so Rima ganz staatsmännisch. «Wir müssen keine Angst mehr haben, auch nicht vor einer zweiten Welle», meint er weiter. Rima appelliert an die Selbstverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Wer krank sei, müsse halt verzichten. Aber eine eigene Risikoabschätzung zu machen, das könne man den Leuten doch zutrauen. Rimas Monolog heimst prompt ein «sind sie jetzt au no Epidemologe wordä, Herr Rima?» von Moderator Brotz ein.
Ebenfalls ein bisschen Gefallen findet Rima am zivilen Ungehorsam. Er freue sich jeweils, wenn er Jugendliche in Achtergruppen auf der Strasse sehe, die sich gegen alle Verordnungen stellen und «invincible sind» – oder aber Senioren beim Einkaufen. «Ich wünschte mir, dass man mit den Menschen einfach etwas milder umginge. Wir brauchen wieder etwas Freude und Heiterkeit im Leben, das stärkt ja auch unser Immunsystem.»
Ganz andere Probleme hat da Schulleiter Jethro Gieringer aus Baden. Gieringer, der nun die Vorgaben zur Schulöffnung am 11. Mai aus dem Kanton Aargau ganz konkret umsetzen muss, arbeitet sich von Baustelle zu Baustelle. Die Tage seien aktuell sehr lang und die Augenringe gross, sagt er per Video zugeschaltet.
Wie soll beispielsweise der musische Unterricht durchgeführt werden? Dürfen 25 Schülerinnen und Schüler gleichzeitig singen? Und wo steht dann die Lehrerin hin, vor oder hinter die Schüler? Und wie soll ein Sicherheitsabstand von zwei Metern eingehalten werden, wenn Schülerinnen im Werkunterricht eine Kreissäge bedienen müssen und eigentlich eine enge Betreuung durch die Lehrperson nötig wäre?
Fragen über Fragen, auf die auch die oberste Bildungsdirektorin des Landes, Silvia Steiner, noch keine ganz konkreten Antworten hat. Auch Steiner wird per Video zugeschaltet, im Hintergrund stapeln sich Sonntagsgeschirr und kleine Holzzylinder, die Pfeffermühlen zum Verwechseln ähnlich sehen. «Bei solch heiklen Bereichen wie im Werkunterricht, muss man womöglich Ersatzmassnahmen ergreifen», so Steiner. Sie sei froh, befasse man sich an der Basis genau mit diesen Details.
Für Gieringer und Konsorten braucht es nun noch einiges an Durchhaltevermögen, bis alle nötigen Problembereiche geklärt sind. Ebenfalls noch etwas länger durchhalten muss Leichtathletin Kambundji. Noch weiss sie nicht, ob und wann die ersten Wettkämpfe wieder stattfinden können.
Doch Kambundji blickt optimistisch in die Zukunft, wie sie zum Ende der Sendung sagt. «Im Sport lernst du, mit Niederlagen umzugehen. Und ich denke, es ist wichtig, die jetzige Zeit auch zu geniessen und sich vielleicht auch mal etwas anderem zu widmen.» Sie zum Beispiel habe wieder mit Vorlesungen für das Studium begonnen.
Wie wärs einmal mit einem Themenwechsel wie z.B. Masken?
And Now for Something Completely Different...
Genau wenn viele so denken, wird es vielleicht eben doch eine 2. Welle geben. Und dass man einfach zuhause bleibt, wenn man krank ist, bringt ja auch nicht viel, wenn viele asymptomatisch sind. Abstand halten und Hände waschen ist unerlässlich.