Für die Biker baut Lausanne die Stadt um – und zwar in rasantem Tempo. In den letzten Wochen hat die verkehrsgeplagte Waadtländer Metropole in einer Hauruck-Übung 7,5 Kilometer neue Velowege aufgemalt. Dies auf Kosten der Automobilisten: Mittels Corona-Notverfahren haben die Behörden dazu nicht weniger als 608 Parkplätze aufgehoben.
«Wir haben die Gelegenheit genutzt, die uns Corona gegeben hat», sagt die Lausanner Verkehrsdirektorin Florence Germond (SP) am Montag zu «24Heures». Ziel sei, dass sich die Velofahrer zu Beginn des Schulstarts auf den Strassen sicherer fühlten und darum mehr Leute auf die Fahrräder umstiegen.
>> Coronavirus: Alle News im Liveticker
Weniger Fahrspuren, weniger Parkplätze im Zentrum: Für die Autopendler ist das Leben in Lausanne nicht mehr dasselbe wie vor Corona. «Wir verbieten zwar die Autos nicht ganz in der Innenstadt. Aber wir wollen den Leuten einfach eine nachhaltigere Mobilität ermöglichen», so die SP-Politikerin weiter.
Lausanne gibt wie Genf punkto Veloverkehr mächtig Gas. In der Deutschschweiz hingegen haben die Städte keine «Corona-Velospuren» geschaffen. Warum ist dies etwa in der selbsternannten «Velohauptstadt» Bern nicht passiert?
«Mit der Velo-Offensive haben wir bereits vor dem Corona-Stillstand laufend Sofortmassnahmen zur Verbesserung der Velo-Infrastruktur eingeleitet und etwa vor dem Bundeshaus die Velospuren verbreitert», sagt Verkehrsplaner Karl Vogel zu watson.
Das Velo sei in der Bundesstadt beliebt wie eh und je. Bei den Velozählstationen verzeichne man Höchstwerte. Zudem: Die Stadt Bern richte sich allgemein nach den ordentlichen Bauverfahren. «Eine Beschleunigung liegt nicht in unserer Kompetenz», so Vogel weiter.
Corona hin oder her: Nach und nach zieht die Stadt ein sternförmiges Netz von Velohauptrouten in die Agglomeration. Über die ersten Strecken flitzen bereits zahlreiche Velopendler. «In Planung befinden sich derzeit 30 Kilometer Velohauptrouten», führt Vogel aus.
Ähnlich tönt es in der Stadt Zürich. Dort halten die Behörden nichts davon, temporäre Velowege wie in Lausanne einzurichten. «Nach dem Ende der Coronakrise hätten wir solche Sofortmassnahmen, die am Gesetz vorbei aufgemalt werden, wieder rückgängig machen müssen», sagte ein Sprecher des Baudepartementes zu SRF.
Provisorische Massnahmen zu Gunsten des Veloverkehrs sucht man in der Deutschschweiz vergebens. «In der Romandie ist der Nachholbedarf grösser», sagt Christoph Merkli, Leiter Infrastruktur und Politik Pro Velo Schweiz, zu watson.
Während sich die Automobilisten in Lausanne über die provisorischen Velospuren echauffierten, würden sie von den Velofahrerinnen sehr geschätzt. «Lausanne hat die Gelegenheit beim Schopf gepackt. Die grosse Frage ist natürlich jetzt, ob die Velospuren dauerhaft bleiben.»
Ob dies möglich ist, hängt auch mit den Reaktionen aus der Bevölkerung zusammen. Die Rückmeldungen aus der Bevölkerung seien positiv, lässt Germond verlauten. Das Projekt habe eine sehr hohe Akzeptanz: Zu «24Heures» sagt sie weiter, es seien nur 20 Beschwerden eingegangen.
Für das Lokale Gewerbe wäre zum Beispiel dann ein städtisches Logistiksystem denkbar: Kaufe ich in einem Geschäft in der Innenstadt ein, kann ich angeben in welchem P+R sich mein Auto befindet. Ein Transportsystem leitet den Einkauf dorthin. Ich hole die Waren dann im P+R ab und lade sie ins Auto