Schweiz
Coronavirus

Lockdown in Deutschland: So wappnet sich Schweiz gegen Einkaufstourismus

Im Kanton Schwyz ist beim Einkaufen ab Freitag eine Maske zwingend. (Symbolbild)
Wegen des Lockdowns dürften viele Deutsche aus dem grenznahen Raum in der Schweiz shoppen gehen. Bild: sda

Einkaufstourismus andersrum: So wappnet sich die Schweiz vor deutscher «Shoppingwelle»

Mitten im Weihnachtsrummel macht Deutschland am Mittwoch die Läden dicht. Entsprechend viele Deutsche aus dem grenznahen Gebiet dürften auf Schweizer Geschäfte ausweichen. Das birgt Risiken.
16.12.2020, 06:0416.12.2020, 12:53
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Nach Deutschland geht auch Holland in den harten Lockdown: Premierminister Rutte begründete dies unter anderem wegen Shopping-Touristen aus Deutschland. «Viele Bürgermeister in Grenznähe fürchteten, dass die Deutschen in Scharen auf Weihnachtsmärkte in den Niederlanden ausweichen», sagte der Premier an einer Medienkonferenz. Mit dem Lockdown haben die Holländer der deutschen Einkaufswelle den Riegel geschoben. Nicht so die Schweiz, die wie Holland an manchen Orten längst mit dem Nachbarland verschmolzen ist.

So etwa Kreuzlingen TG. Die Grenzstadt am Bodensee (22'000 Einwohner) bildet einen gemeinsamen urbanen Raum mit Konstanz (85'000 Bewohner). In normalen Zeiten stürmen Schweizer Shopping-Touristen en masse in die Einkaufszentren ennet der deutschen Grenze.

«Der mögliche Ansturm ist für uns ein zweischneidiges Schwert.»
Stadtpräsident Kreuzlingen

Ab Mittwoch geht es in die umgekehrte Richtung. «Das ist für uns ein zweischneidiges Schwert», sagt Thomas Niederberger, Stadtpräsident von Kreuzlingen, zu watson. Einerseits würden sich Geschäfte und das lokale Gewerbe über die zusätzliche Kundschaft aus Lockdown-Deutschland freuen. Andererseits gelte es derzeit, die Kontakte wegen des Virus möglichst einzuschränken. «Wichtig ist, dass die Schutzkonzepte auch bei einem möglichen Ansturm von deutschen Kunden eingehalten werden», so der FDP-Politiker. Er erwartet trotz Weihnachtsstress kein Verkehrschaos in Kreuzlingen. «Mit dem Velo oder zu Fuss oder ÖV sind unsere Nachbarn rasch über der Grenze», sagt Niederberger.

Das Einkaufszentrum Karussell in Kreuzlingen.
Das Einkaufszentrum Karussell in Kreuzlingen. bild: zvg

Ziel dürfte etwa das Einkaufszentrum Karussell Kreuzlingen sein, wo neben Hauptmieter Coop etwa Manor, H&M oder Ochsner Sport um Kundschaft buhlen. Wird nun wegen des möglichen Andrangs aus Deutschland zusätzliches (Sicherheits-)Personal aufgeboten? Der Zentrumsleiter kann auf watson-Anfrage keine Auskunft geben und verweist an die Coop-Medienstelle. Dort heisst es, in der Weihnachtszeit setze man auf «unsere wirkungsvollen Schutzkonzepte», die laufend an die behördlichen Vorgaben angepasst würden.

Furcht vor einer «Sogwirkung»

Aber werden die Deutschen angesichts des hohen Preisniveaus in der Schweiz tatsächlich in Scharen zu uns kommen? Ruedi Bartel, Präsident von Gastro Thurgau, hat seine Zweifel. Dies zeige sich etwa bei den Restaurants, die in Deutschland bereits mehrere Wochen geschlossen sind. «Es hat auch im Grenzgebiet keinen Ansturm auf die Schweizer Beizen gegeben», so der Wirt des Gasthaus Krone in Balterswil TG. Und wenn, hätten deutsche Gäste wegen der höheren Preise halt nur Mineral statt Wein bestellt. Aber Läden würden in den kommenden Tagen aufgrund des Weihnachtsgeschäfts sicher eher überrannt als Restaurants, so Bartel.

Breitet sich wegen den Einkaufstouristen das Virus weiter aus? Lukas Engelberger, Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren, befürchtet, dass die in der Schweiz geöffneten Geschäfte «eine Sogwirkung» auf die Bewohner der grenznahen deutschen Gebiete entwickelten. «Das bereitet uns aus einer epidemiologischen Sichtweise Sorgen, weil es zu mehr Ansteckungen führen könnte», sagte er zu CH-Media.

Lukas Engelberger, Regierungsrat und Praesident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK), waehrend einer Medienkonferenz nach einem Austausch mit Bundesrat Alain Ber ...
GDK-Präsident Engelberger fürchtet «eine Sogwirkung». Bild: keystone

Die lokalen Behörden zeigen sich noch relativ gelassen. Der Thurgauer Gesundheitsdirektor Urs Martin (SVP) rechnet in grenznahen Gebieten mit einem «leicht erhöhten Besucherstrom aus Deutschland.» Angesicht der angespannten Lage im Gesundheitswesen sei eine allzu grosse Reisetätigkeit jedoch nicht zu begrüssen.

Diese Regeln gelten für Grenzgänger
Für Schweizer Einkaufstouristen und für Grenzgänger aus Deutschland ändert sich mit dem Lockdown nichts. Die sogenannte 24-Stunden-Regel von Baden-Württemberg gilt vorerst weiter. Nach dieser Regel dürfen Schweizer aus grenznahen Kantonen grundsätzlich weiter ohne Quarantänepflicht nach Baden-Württemberg fahren, wenn sie sich nicht länger als 24 Stunden dort aufhalten. Das gilt für Einreisende aus den Kantonen Zürich, Schaffhausen, Thurgau, St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden, Aargau, Solothurn, Jura, Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Auch Grenzgänger aus Deutschland können weiterhin zum Arbeiten in die Schweiz pendeln.

Nun bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang unsere nördlichen Nachbarn in die Schweiz pilgern. In Belgien fürchtet man sich übrigens nun nach dem Lockdown des Nachbarlands vor einer «holländischen Welle» von Shoppingtouristen, wie eine belgische Zeitung titelte.

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69 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Zürischnurre
16.12.2020 06:55registriert Februar 2016
„So wappnet sich die Schweiz vor deutschen «Shoppingwelle»“
Sorry aber ich musste schon beim Titel Schmunzeln und dann: „in Scharen...“ 😂😂🤣🤣😂
Träumt weiter liebe Stadpräsidenten, keine S... wird kommen! Ok ein paar Besserverdiener vielleicht.
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Varanasi
16.12.2020 07:03registriert August 2017
Ich persönlich glaube nicht, dass viele Deutsche über die Grenze zum Einkaufen kommen.
Man dachte auch, dass die deutschen Innenstädte jetzt vor dem Lockdown überrannt wurden, was nicht geschah.
Dazu kommt noch die Hochpreisinsel Schweiz.
Nein, ich denke, die meisten werden online bestellen und nicht die Schweizer Geschäfte überrennen.
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Fairness
16.12.2020 06:44registriert Dezember 2018
Die ganze Welt sollte mal gemeinsam in den Lockdown. Oder zumindest Europa.
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