Es geht weniger schnell als erhofft, aber dennoch stetig vorwärts: Laut jüngsten Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) haben 7.1 Prozent der Schweizer Bevölkerung bereits eine Covid-19-Impfung erhalten (siehe Tabelle). In erster Linie wurden Bewohner von Alters- und Pflegeheimen, Angehörige von Risikogruppen und das Gesundheitspersonal geimpft.
Im zweiten Quartal dieses Jahres sollten laut der Armeeapotheke, die für die Beschaffung zuständig ist, deutlich grössere Mengen an Impfdosen geliefert werden. Bis Ende Juli sollen alle Erwachsenen, welche das wünschen, geimpft sein.
Mit diesen Aussichten hat die Diskussion um sogenannte Impfprivilegien neuen Schub erhalten. Insbesondere auch weil es ab April unter eingeschränkter Kapazität wieder kulturelle und sportliche Veranstaltungen mit Publikum geben soll. Das sieht die bundesrätliche Öffnungsstrategie vor.
Spätestens dann stellt sich die Frage, ob eine Ungleichbehandlung von Geimpften und Nichtgeimpften zulässig ist. In anderen Ländern wird diese Unterscheidung bereits praktiziert. So etwa in Israel. Zu den ab Sonntag wieder geöffneten Fitnessklubs, Schwimmbädern sowie zu Kultur- und Sportveranstaltungen sind nur Inhaber des «Grünen Passes» für Geimpfte zugelassen.
In der Schweiz will der Bundesrat demnächst die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin anhören. Letzte Woche schrieb die Kommission in einer Stellungnahme, dass «sowohl die Aufhebung gewisser Einschränkungen für geimpfte Personen als auch das Verlangen einer Impfbescheinigung für einzelne Aktivitäten des täglichen Lebens unter bestimmten Bedingungen rechtfertigbar» seien.
In der Kulturbranche überwiegt derzeit gegenüber Privilegien für Geimpfte noch Skepsis. Einerseits ist deren Zahl aktuell zu klein, um eine gewinnbringende Zielgruppe zu sein. Andererseits gibt es noch viele ungeklärte Fragen. Christoph Bill vom Verband der grossen Konzert-, Show- und Festivalveranstalter SMPA, sagt:
Gerade wenn noch nicht alle Impfwilligen die Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen, sei ein Ausschluss von Ungeimpften «ethisch fragwürdig». Auch nachher sei fraglich, ob eine Impfpflicht der richtige Ansatz sei. Allenfalls könnte von Konzertbesuchern ein negativer Schnelltest verlangt werden, sodass Konzerte ein sicherer Ort seien. Abgesehen davon, seien sie das auch mit den vorhandenen griffigen Schutzkonzepten.
Ähnlich tönt es bei René Gerber von ProCinema. Er sagt:
Für einen wirtschaftlichen Betrieb sei nicht alleine die Frage ausschlaggebend, wie viele Zuschauer – ob ausschliesslich geimpfte oder nicht – im Saal sitzen dürften: «Unsere Branche ist stark vom internationalen Kontext abhängig. Wenn die Kinos in den Nachbarländern und in den USA geschlossen bleiben, kommen keine neuen Filme in den Vertrieb, die wir zeigen können.»
Wie für die Ethikkommission ist auch für Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen, die Frage entscheidend, ob Geimpfte das Virus verbreiten können – oder ein deutlich geringeres Infektionsrisiko darstellen: «Dazu fehlen uns heute noch die notwendigen Erkenntnisse.» Deshalb gelte die Impfung aktuell nur als Selbstschutz.
Sollte der Nachweis vorliegen, dass Geimpfte für andere nicht oder nur selten ansteckend sind, «werden wir uns überlegen, ob für sie die gleichen Einschränkungen gelten sollen». Nebst Veranstaltungen denkt Berger auch an die Quarantäne und die Aufhebung von Besuchseinschränkungen, etwa in Altersheimen.
Derzeit beugen sich drei Bundesämter gemeinsam über Regeln zu Impfprivilegien. Grundsätzlich sei eine rechtliche Ungleichbehandlung von Geimpften und Nichtgeimpften möglich, schreibt das Bundesamt für Justiz. Firmen und Privatpersonen könnten – ohne gegensätzliche Regelung – frei entscheiden, mit wem sie einen Vertrag abschliessen wollen. Allerdings sind Daten- und Persönlichkeitsschutz zu beachten.
Noch gebe es zu viele offene Fragen für allgemeingültige Antworten zu den Impfprivilegien. «Geprüft werden sowohl Regelungen, um die Ungleichbehandlung auszuschliessen, als auch Regelungen, um die Ungleichbehandlung explizit zuzulassen.» Mit Letzteren könnten künftige Lockerungen der bestehenden Einschränkungen begleitet werden. (aargauerzeitung.ch)
Solche "Privilegien" für geimpfte sind ethisch höchstens temporär verhältnismässig, bis sich jeder impfen kann der will und die Spitalbelastung durch die nichtgeimpften noch zu hoch ist.
Danach ist das nicht mehr vertretbar wenn nicht sogar menschenrechtswidrig.