Die Schweiz wartet auf Corona-Lockerungen. Ob wir bald auf Sonnenterrassen dinieren können, hängt von der epidemiologischen Lage ab. Ende März gab der Bundesrat bekannt, welche konkreten Richtwerte für die Beurteilung der pandemischen Lage dabei eine Rolle spielen.
Rausgefallen ist die Positivitätsrate. Weil die Schweiz nun viel offensiver testet, sei dieser Richtwert nicht mehr aussagekräftig, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Die ausgeweitete Teststrategie der Schweiz treibt aber nicht nur die Positivitätsrate in die Höhe – sondern auch die Fallzahlen und den R-Wert.
«Mit den Selbsttests haben wir keinen Überblick mehr darüber, wie viele Menschen sich insgesamt testen lassen. Deshalb ist der Prozentsatz der positiven Tests nicht mehr aussagekräftig», sagt Didier Trono. Er ist Leiter der Expertengruppe Diagnostik und Tests der Corona-Taskforce des Bundes.
Martin Bühler, Leiter des Corona-Krisenstabs in Graubünden und Raphael Ben Nescher vom Berner Covid-Krisenstab sehen das ähnlich. «Fallzahlen und R-Wert verlieren durch das Testen an Gehalt», so Nescher gegenüber dem «Sonntagsblick».
Soll der Bundesrat folglich nur noch Kriterien zurate ziehen, die über die Auslastung des Gesundheitssystems Auskunft geben? Trono von der Covid-Taskforce sieht das kritisch. «Die Plätze auf den Intensivstationen können als Kriterium herangezogen werden, wenn wir uns in einer Notsituation befinden. Das ist aber aktuell nicht der Fall.» Der Diagnostiker wünscht sich einen qualitativeren Ansatz im Hinblick auf Öffnungsdiskussionen. «Auch Langzeitfolgen wie Long-Covid müssen unbedingt miteinbezogen werden.»
Trono rät von vorschnellen Lockerungen ab. «Die Pandemiebekämpfung ist ein Marathon. Wir befinden uns im Zieleinlauf, brauchen aber noch etwa zwei bis zweieinhalb Monate Geduld, bis genügend Menschen geimpft sind.»
Neben den konkreten Richtwerten hat das BAG drei verschiedene Phasen definiert, bei denen auch die Impfrate in der Bevölkerung eine Rolle spielt. In Phase 1 werden Personen aus der Risikogruppe geimpft. Die zweite Phase beginnt, sobald alle impfwilligen Risikopersonen eine Impfung erhalten haben. Sobald die zweite Phase erreicht ist, können die oben aufgeführten fünf Richtwerte höhere Werte aufweisen. In der dritten Phase sind alle impfwilligen Menschen geimpft.
Noch befindet sich die Schweiz in der ersten Phase. Für die zweite Phase müssen die Richtwerte noch genauer definiert werden, schreibt das BAG in einer Mitteilung. Morgen Mittwoch wird der Bundesrat über weitere Lockerungsschritte informieren. Doch der Spielraum ist aufgrund der epidemiologischen Lage begrenzt.
Meiner Meinung nach der wichtigste Wert...
Eine neue Ansteckung von „heute“ kann nicht mehr mit einer Ansteckung von „gestern“ verglichen werden. Weil immer mehr Risikopersonen geimpft sind, schlagen höhere Fallzahlen immer weniger auf Hospitalisation- und Todesfallrate.