Schweiz
Coronavirus

Das Gezanke um die Maskenpflicht – Bund dafür, Kantone zögern

Jetzt beginnt das Gezanke um die Maskenpflicht – Bund dafür, Kantone zögern

Angesichts der ansteigenden Corona-Fallzahlen will das Bundesamt für Gesundheit, dass die Kantone einheitliche und strengere Massnahmen ergreifen. Diese wolle erst die weitere Entwicklung abwarten.
31.07.2020, 06:5201.08.2020, 06:05
Ch. Bernet, L. Fluri, S. Altermat / chmedia
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Passagiere mit Masken in einem Bus der Trasporti Pubblici Luganesi TPL am Montag, 6. Juli 2020 in Lugano. Ab Montag, 6. Juli 2020, muessen schweizweit alle Passagiere in den oeffentlichen Verkehrsmitt ...
Im ÖV schon Pflicht, in den Läden vielleicht schon bald.Bild: keystone

Das Coronavirus ist sich in der Schweiz wieder am Ausbreiten. 220 bestätigte Neuinfektionen in den letzten 24 Stunden meldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Donnerstagmittag.

Das ist der höchste Wert seit dem 23. April. «Die Situation verschärft sich, sie ist ernst», warnte BAG-Direktor Pascal Strupler gestern Nachmittag vor den Medien. Die im Vergleich zu Mitte Juni verfünffachten wöchentlichen Fallzahlen bedeuteten eine «epidemiologische Trendwende».

Das wurde an der Medienkonferenz gesagt:

Kurz vor dem Nationalfeiertag kommunizierte die Bundesverwaltung in deutlich alarmierenderem Tonfall als noch in den vergangenen Wochen. Struplers Anwesenheit war Ausdruck der neuen Ernsthaftigkeit: Bisher überliess der Amtsdirektor die Medienauftritte meistens seinen Abteilungsleitern. Struplers zentrale Botschaft: «Wir müssen jetzt handeln und einen Gang höher schalten».

Die Pandemie könne nur unter Kontrolle gebracht werden, wenn sich die Bevölkerung solidarisch mit Mitmenschen und Risikopersonen zeige und erinnerte an die wichtigsten Verhaltens- und Hygieneregeln: Regelmässiges Händewaschen, Niesen und Husten in die Armbeuge, Abstand halten, wo dies nicht möglich ist eine Maske tragen. «Das Virus macht keine Ferien, es ist weiterhin unter uns».

BAG will Maskenobligatorium in Läden

Doch Strupler nahm auch Politik und Behörden in die Pflicht. Seine Worte richteten sich unüberhörbar an die Kantone. Sie tragen seit dem Übergang von der ausserordentlichen in die besondere Lage am 19. Juni die Hauptverantwortung im Kampf gegen Covid-19.

In einer Metzgerei werden gratis Schutzmasken verteilt, in Mesocco, am Mittwoch, 22. April 2020. Die Gemeinde von Mesocco verteilt im Kampf gegen das Coronavirus derzeit in verschiedenen einheimischen ...
Bild: KEYSTONE/Ti-Press

Die jüngsten Fallzahlen zeigten, dass es bei den Massnahmen Handlungsbedarf gebe. Derzeit gelten in einzelnen Bereichen je nach Kanton unterschiedlich strenge Regeln, etwa bei der Anzahl Besuchern in Clubs oder dem Maskenobligatorium in Einkaufsläden.

Dem BAG missfällt dieser Flickenteppich offenbar. Angesichts der ernsten Lage» müssten die Verhaltensregeln für die Bevölkerung «möglichst einheitlich, verständlich und widerspruchsfrei» sein, so Strupler: «Wir sind der Meinung, dass die Kantone ihre Massnahmen in gewissen Bereichen harmonisieren sollten.»

Dies habe er in Absprache mit Bundesrat Alain Berset am Donnerstagvormittag dem Vorstand der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) mitgeteilt. Konkret bittet das BAG, einheitliche Regelungen in folgenden Bereichen zu prüfen:

  • Maskenobligatorium in Läden und öffentlich zugänglichen Innenräumen.
  • Obligatorische Registrierung und Überprüfung von Kontaktdaten bin Restaurants, Bars und Clubs.
  • Maximale Besucheranzahl von 100 Personen in Ausgehlokalen.
Pascal Strupler, Direktor des Bundesamts fuer Gesundheit BAG, spricht waehrend einer Medienkonferenz zur Situation des Coronavirus (COVID-19), am Donnerstag, 30. Juli 2020 in Bern. (KEYSTONE/Anthony A ...
BAG-Chef Strupler.Bild: keystone

Angesichts der Fallzahlen wolle man die Kantone aufrütteln, so Strupler. Der ebenfalls anwesende Präsident der Vereinigung der Kantonsärzte, erwiderte : «Wir sind nicht am Schlafen». Strupler entschuldigte sich in der Folge für seine «semantische Überzeichnung».

Kantone: Grossveranstaltungen bis Ende Jahr verbieten

Die GDK betonte hingegen in einem Communiqué, die unterschiedlichen kantonalen Regeln hätten bisher nicht für Probleme gesorgt und zog eine «positive Bilanz» nach sechs Wochen in der besonderen Lage». GDK-Generalsekretär Michael Jordi betont auf Anfrage, Massnahmen müssten bei der Bevölkerung auf Akzeptanz stossen. «Und da macht es einen grossen Unterschied, ob man in einem Kanton viele Ansteckungen hat oder keine.»

Sollten die Fallzahlen auf dem gegenwärtigen Niveau bleiben, stehe eine Maskenpflicht in Verkaufsgeschäften aber «sicher zuoberst auf der Liste». Ähnlich tönt es bei den Gesundheitsdirektionen der Kantone Bern und Zürich.

Aus dem Umfeld der Kantone heisst es, aktuell sei keine Vereinheitlichung der Massnahmen geplant. Doch bei anhaltend hohen Fallzahlen könnte das nächste Woche schon wieder anders aussehen.

Für Irritation bei den kantonalen Gesundheitsdirektoren sorgte gestern die Tatsache, dass Gesundheitsminister Berset nicht persönlich an der Sitzung teilgenommen hat. Die GDK ihrerseits stellt ebenfalls eine Forderung: Der Bundesrat solle das Verbot von Veranstaltungen mit über 1000 Personen bis Ende Jahr verlängern.

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Keine Schutzmaske? Hier 20 lustige Alternativen
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137 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rethinking
31.07.2020 07:24registriert Oktober 2018
Sprecht endlich wieder eine generelle Home Office Empfehlung aus und führt für gewisse Branchen die ohne Probleme Home Office machen können eine Home Office Pflicht für 50% der Belegschaft ein...

z.B. für Banken, Versicherungen, Krankenkassen, Informatik, Telekommunikation, Pharma, Behörden etc.
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Töfflifahrer
31.07.2020 06:58registriert August 2015
Die Kantone sollten einfach daran denken, dass nicht jeder einen Kantonsübertritt erkennt. Speziell Touristen werden da mühe haben.
Also wäre eine Schweiz-weite Lösung anzustreben und zwar etwas pronto!
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IMaki
31.07.2020 09:00registriert April 2014
Endlich haben wir eine neue Sau, die durchs Dorf gejagt wird: Maskenpflicht in den Läden. Und die Medien sind wieder einmal voll dabei, ohne den Sinn und die Wirkung der Maskerade zu hinterfragen. Hauptsache, es wird ein Mainstream erzeugt, der dann zu einer weiteren hirnrissigen Massnahme führt und uns alle in eine täuschende Sicherheit verführt. Dabei würde es vollständig genügen, die Kundenzahl - wie bisher - in den Läden zu beschränken und dem Personal, das allen möglichen Viren ausgesetzt ist, die wirklich schützenden, aber halt teureren Masken zur Verfügung zu stellen.
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