Wohin in die Sommerferien? Suchmaschinen-Daten zeigen, dass das Interesse der Schweizerinnen und Schweizer zu möglichen Reisedestinationen jeweils ab April langsam zunimmt. Der Grund war bislang offensichtlich: Wer früh bucht, der bezahlt weniger.
Dieser weit verbreitete Ratschlag ergibt in Zeiten der Corona-Krise wenig Sinn. In vielen Länder gelten nach wie weitreichende Einschränkungen, die das öffentliche Leben und die Einreise betreffen. Noch ist kein Ende in Sicht, nicht mal unter Epidemiologen. Das erschwert die Ferienplanung massiv, worunter Hotelbetriebe aktuell leiden. Fallen die Sommerferien deshalb ins Wasser?
Christian Laesser, Tourismusprofessor an der Universität St. Gallen, glaubt das nicht. Vergangene Woche sagte zwar er in der «NZZ», dass interkontinentale Reisen wohl erst nächstes Jahr wieder möglich sein werden. Heute sind bereits viele Airlines gegroundet.
«Social Distancing ist in einem Flugzeug kaum möglich, ausser wenn die Flieger nur zur Hälfte gebucht werden. Das würde aber die Ticketpreise erhöhen», begründet er. Gleiches gilt für Flughäfen, welche wohl nur mit reduzierter Kapazität genutzt werden könnten.
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Grössere Chancen sieht Laesser aber für den Schweizer Tourismus, wie er im Gespräch mit watson erklärt: «Die Massnahmen werden wahrscheinlich zuerst im Inland gelockert, bevor es zur Entspannung im internationalen Tourismus kommt. Deshalb sind Reisen im Inland zunächst wahrscheinlicher als ins Ausland, insbesondere wenn sie aus Europa rausführen.»
So denkt er, dass mit der schrittweisen Lockerung des Lockdowns durchaus Sommerferien in den Alpen oder an einem Bergsee hierzulande möglich wären. «Im beschränkten Ausmass und unter gewissen Bedingungen werden solche Buchungen sicher bald wieder möglich sein.»
Gleich wohl rät er davon ab, das nächstbeste Angebot zu buchen. «Ich würde momentan nur dort buchen, wo auch noch kurzfristig eine Stornierung möglich ist – man weiss ja nie», sagt er. Würden die Massnahmen gelockert, so gäbe es für Gäste und Touristiker dadurch eine Perspektive für die Reisezeit in den Sommer- und Herbstmonaten.
Der Tourismusprofessor vermutet, dass die Corona-Krise auch neue Angebote schaffen wird. Er spricht von «einer Art posttraumatischer Belastungsstörung», die eine Nachfrage nach neuen Möglichkeiten der Entspannung schaffen werden, um sich vom vielseitigen Stress der Krise erholen zu können.
Im lokalen Bereich könnten auch kleinere Dienstleister wie «Local Guides» profitieren. «Solche Angebote gibt es ja heute bereits, die ausländischen Touristen im direkten Kontakt durch die Stadt oder Wanderrouten führen. Wäre ich selbst Hotelier oder Anbieter von solchen Tourismus-Diensten, würde ich jetzt anfangen Ideen zu suchen», sagt Laesser weiter.
Ändern könnten sich auch die Ferien-Gewohnheiten der Bevölkerung. «Übertriebene Kurztrips, wie etwa für eine Wochenendparty nach Mallorca, ergeben bei vernünftiger Analyse wenig Sinn», klagt Laesser. «Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund der Rezession, welches zur Hinterfragung verschiedener Fun-Budgets führen wird.»
Er hofft deshalb, dass sich durch die Krise auch einige Urlauber die Frage nach der Sinnhaftigkeit von gewissen Freizeitaktivitäten stellen. «Es ist gut möglich, dass die Corona-Krise gewisse Verhaltensweisen verändern wird. Wenn extrem ressourcenverschwendende Freizeitformen verschwinden, wird die Welt nicht viel verlieren.»
Haben sie das denn vor der Krise gemacht? Ich bezweifle, dass sich da viel bessern wird.