Die Universität Basel hatte während der Coronapandemie viele Abschlussprüfungen ins Homeoffice verlegen müssen - und sah sich bald mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie damit Schummlerinnen und Schummlern Tür und Tor öffnen würde. Die Studentische Körperschaft der Uni Basel (Skuba) wehrte sich Ende Juni in einem offenen Brief gegen die «pauschalen Unterstellungen» und wies diese vehement zurück. «Für viele Studierende war es schwierig, die Prüfungen unter den gegebenen Umständen zu schreiben», sagt Alissa Ditten, Vorstand des Ressorts Lehre und Qualitätssicherung der Skuba.
So hätten etwa überlastete Internetverbindungen, störende WG-Mitbewohnende und das fehlende Lernumfeld zu einer ungünstigen Prüfungsatmosphäre geführt. «Sicher hat es einzelne Studierende gegeben, die die Situation ausgenutzt haben», räumt Ditten ein, «aber das war die Minderheit.»
Klar ist: Die digitale Unterrichts- und Prüfungsform wird die Universität Basel noch länger begleiten. So kann im neuen Semester unter Einhaltung der Distanzregeln nur ein Drittel der Räumlichkeiten genutzt werden, zwei Drittel des Unterrichts werden also weiterhin digital stattfinden - ausser das Gesundheitsdepartement gibt noch grünes Licht für die Maskenpflicht und damit für kleinere Abstände. Eine entsprechende Anfrage ist derzeit ausstehend. Laut Gudrun Bachmann, Leiterin Bildungstechnologien an der Universität Basel, könnte sich die aktuelle Situation auf die Prüfungskultur auswirken.
Denn: «Onlineprüfungen von zu Hause aus betrugssicher zu gestalten, ist nicht möglich», betont sie. Jedenfalls nicht ohne den Einsatz entsprechender Technologien wie Kameras. «Der Einsatz von Überwachungstechnologien steht derzeit nicht zur Diskussion.» Eine bessere Lösung seien kompetenzbasierte Prüfungen: Statt reiner Wissensabfrage wie beispielsweise bei einem Multiple-Choice-Test sollen unter Einbezug aller Hilfsmittel etwa komplexe Aufgabenstellungen gelöst werden. «Reine Wissensprüfungen sind nicht mehr zeitgemäss», findet Bachmann. Solche Prüfungen, auch Open- Book-Prüfungen genannt, seien bereits im Frühjahr vermehrt an verschiedenen Fakultäten durchgeführt worden.
An der Philosophisch-Historischen Fakultät kennt man diese Herangehensweise schon länger, während etwa in der Medizin wissensbasierte Tests laut Bachmann als Ergänzung auch künftig stattfinden könnten. Um im Herbstsemester für die Herausforderungen gewappnet zu sein, hat Bachmann einen Leitfaden erarbeitet, der den Dozierenden als Orientierung für die Unterrichtsplanung dienen soll.
Der Ansatz nennt sich Blended-Learning und verfolgt eine Mischung aus Präsenz- und Onlineunterricht; wobei vermerkt wird, dass die Erstsemester bei den Präsenzveranstaltungen priorisiert würden. In dem Leitfaden ist von hybridem Unterricht die Rede, bei dem etwa ein Teil der Studierenden vor Ort und der andere Teil per Videokonferenz zugeschaltet ist. «Das ist sicher ein grösserer Aufwand für die Dozierenden, organisatorisch wie didaktisch», räumt Bachmann ein. Auch dem begleiteten Selbststudium wird viel Platz eingeräumt; mit virtuellen Lehrräumen, Übungen und Diskussionsforen. «Mit dem Blended-Learning-Ansatz können Dozierende den Unterricht flexibel gestaltet und im Falle einer zweiten Welle Präsenz problemlos ins virtuelle verschieben», sagt Bachmann.
Laut Matthias Geering, Kommunikationsleiter der Universität Basel, kommt das Konzept aber nicht nur aufgrund der Pandemie zum Einsatz. «Die Reise geht auf jeden Fall in Richtung Blended-Learning - mit oder ohne Corona.» (cki/bzbasel.ch)