Nach der ersten Lockerungswelle am 11. Mai folgt in rund einer Woche am 6. Juni die zweite. Und wie bei den ersten Lockerungen mit dem Chaos bei Fitnesszentren, bleiben auch bei der zweiten einige Fragen offen.
So sind sportliche Tätigkeiten wie Boxen, Schwingen oder Paartanz weiterhin verboten. Erotikbetriebe und Sexarbeiterinnen dürfen hingegen wieder Gäste empfangen – unter strengen Auflagen. So müssen Gäste vor dem engem Körperkontakt ihre Namen und Nummern notieren und es gilt weiterhin die mitternächtliche Polizeistunde.
Das irritiert nicht nur die Betreiber von Cabarets und Bordellen, sondern auch Matthias Egger, Leiter der Covid-19-Taskforce des Bundes. In einem Interview mit SRF räumte Egger ein, dass er die Entscheidung des Bundes nicht ganz nachvollziehen könne. «Da besteht eine Diskrepanz zwischen dem Tanzunterricht und dem Erotiksalon. Das müsste man nochmals anschauen.»
Die Erotikbetriebe nutzen jedoch die Gunst der Stunde und planen die Wiedereröffnung auf den 6. Juni – trotz «massiver Einschränkungen», wie sie sagen. «Die Massnahmen sind ungastlich, am schlimmsten ist die Polizeistunde um 24 Uhr», sagt Andy Wyss, Betreiber des Cabaret «Red Ox» in Thun.
Obwohl in seinem Cabaret ein Animations- und Prostitutionsverbot herrsche, könne es schon vorkommen, dass die Gäste den Tänzerinnen zu nahe kommen, sagt Wyss. «Wir werden unsere Besucher auf die Abstandsregeln hinweisen. Wenn sie sich nicht daran halten, müssen wir ihre Kontaktdaten aufnehmen.» Davon werde die Kundschaft kaum begeistert sein, prophezeit Wyss.
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Im Nightclub «Calypso» im Zürcher Niederdorf wählt man deutlichere Worte: «Das Kontaktdaten sammeln wird Gäste abschrecken», so Geschäftsführer Pierluigi Lionzo. Auch für ihn sind die Präsenzlisten jedoch nicht das, was am schwersten wiegt. «Es ist die verordnete Schliessung um 24 Uhr, die allen Bars und Nightclubs krass an die Substanz geht.»
Lionzo kritisiert, dass 24-Stunden-Shops weiterhin geöffnet bleiben dürfen und Alkohol verkaufen. «Wir hingegen müssen die Leute um 24 Uhr auf die Strasse stellen und es kommt zu einem unkontrollierten Menschenauflauf in den Gassen.» Er sei überzeugt, dass die Einhaltung der Schutzmassnahmen in seinem Lokal wesentlich besser gewährleistet werden könne, anstatt «draussen in der freien Wildbahn».
Auch Cabaret-Betreiber Wyss aus Thun schlägt in die gleiche Kerbe. «Es ist für mich unverständlich, warum die Sperrstunde nicht wenigstens bis 2 Uhr verlängert wird. Nach 24 Uhr stehen die Leute einfach draussen in grossen Gruppen rum und das ist ja genau nicht die Idee.»
Was das eigentliche Thema angeht: es ist - wie man immer wieder so schön sagt - das älteste Gewerbe der Welt. Egal ob Sperrstunde, Kontaktdatenpflicht oder Seuche, ich denke, dass es auch das übersteht - ob man das nun will oder nicht.