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Coronavirus

So steht's beim Corona-Bonus fürs Pflegepersonal

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Kaum eine Branche ist in der Corona-Pandemie so sehr gefordert wie das Gesundheitswesen.Bild: keystone

«Corona-Bonus» fürs Pflegepersonal zu Weihnachten: Niemand fühlt sich zuständig

Am Freitag entscheidet der Bundesrat über Entschädigungen für die «am meisten betroffenen Branchen». Der geforderte «Corona-Bonus» fürs Gesundheitspersonal hat derzeit keine gute Chancen.
17.12.2020, 11:0917.12.2020, 21:21
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Es waren Worte, die Hoffnung beim Pflegepersonal ausgelöst haben: Kommenden Freitag wird die Landesregierung über mögliche Entschädigungen für die «am meisten betroffenen Branchen» diskutieren. Pflegerinnen und Pfleger hoffen, dass ihre Arbeit in den Schweizer Spitälern berücksichtigt wird und es womöglich einen Zustupf für ihre Arbeit in den vergangenen Monaten gibt.

Kaum jemand bestreitet nämlich, dass das Gesundheitswesen wohl die betroffenste Branche während der aktuellen Krise ist. Die überlasteten Intensivstationsplätze, das beinahe tägliche Leid und die vielen menschlichen Verluste belasten das Personal enorm. Wenn sie klagen, dann über körperliche, seelische Probleme oder über fehlende Ressourcen.

Video: watson

Auftrag an Maurer-Departement

watson wollte deshalb bereits vergangene Woche von der Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga wissen, ob auch das Gesundheitspersonal als die «am meisten betroffene Branche» auf irgendwelche Unterstützungsgelder zählen kann. Eine klärende Antwort gab es von Sommaruga nicht, weil es bislang nur einen Konsens für einen «Prüfungsauftrag» gibt. Gerichtet wurde er an das Finanzdepartement von Bundesrat Ueli Maurer; er muss bis kommenden Freitag der Gesamtregierung Ideen präsentieren.

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In Verantwortung stehen dabei auch die Departemente seiner Kollegen Guy Parmelin und Alain Berset sowie das Bundesamt für Justiz: Dieses Quartett entscheidet in diesen Tagen, wer auf Corona-Hilfe hoffen kann.

Video: extern / rest/admin.ch

Einige Kantone zahlen, andere nicht

Soweit das Geschehene bis jetzt. Ob die Gesundheitsbranche auf einen «Corona-Bonus» am Freitag hoffen kann, ist auch zwei Tage vor dem Bundesratsentscheid unklar. Grund sind verwobene Zuständigkeiten, in denen sich Recherchen zufolge niemand in der Verantwortung sieht, über einen solchen weihnachtlichen Zustupf zu entscheiden.

Pflegerinnen und Pfleger der Spitäler sind nämlich in erster Linie Angestellte der kantonalen Institutionen. Das führt zu einer zunehmenden Entwicklung in Richtung eines Flickenteppichs: Ob das Gesundheitspersonal mit einer finanziellen Geste von der Politik rechnen kann, entscheidet unter dem Strich jedes Spital oder jeder Kanton für sich – oder eben nicht.

So kassierten etwa im Kanton Zürich die Parteien SP, AL, EVP und SVP bei zwei Anträgen für einen solchen symbolischen Zustupf eine Niederlage. Ähnliche Forderungen wurden von links-grünen Gruppierungen auch in anderen Kantonen und im Nationalrat eingereicht. Teilweise mit Erfolg: So kann das Spitalpersonal etwa in der Stadt Zürich oder im Kanton Schaffhausen nach dem Corona-Applaus im Frühling auch mit einem Corona-Bonus rechnen.

Kantone diskutieren Personal-Stress – Boni war aber kein Thema

Sprich: Eine gemeinsame Linie für die schweizweite Belastung des Pflegepersonals gibt es nicht. Als sich die Kantonsvertreterinnen und -vertreter (GDK) vergangenen Montag mit Bundesrat Berset virtuell trafen, wurde viel über die Belastung des Personals diskutiert. «Boni für das Gesundheitspersonal kamen aber nicht zur Sprache. Einzelne Kantone haben solche beschlossen», sagt GDK-Sprecher Tobias Bär.

Lukas Engelberger, Praesident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK), links, und Bundesrat Alain Berset, rechts, kommen zu einer Medienkonferenz zur Covid-19 Situa ...
GDK-Chef Lukas Engelberger (links) zusammen mit Bundesrat Alain Berset am vergangenen Montag.Bild: keystone

Ohne den Druck der Kantone scheint sich in Bundesbern auch niemand für eine schweizweite Angleichung des finanziellen «Dankeschöns» verantwortlich zu fühlen. Obschon der Auftrag für die Prüfung von Unterstützungsgeldern zuhanden der «am meisten betroffenen Branchen» an das Departement von Bundesrat Ueli Maurer ging, verweist man dort auf Anfrage an das Innendepartement (EDI) von Berset.

Gewerkschaften und SP verärgert

Finanzdepartements-Sprecherin Noemi Martig erwähnt in ihrer Stellungnahme zudem die laufenden Unterstützungsprogramme wie Härtefallmassnahmen oder die Kurzarbeits- oder Erwerbsersatzentschädigung. «Das Gesundheitspersonal steht in keinem Zusammenhang damit. Massnahmen für das Gesundheitspersonal müssten ebenfalls von den einzelnen Kantonen als Arbeitgeber des Gesundheitspersonals geprüft werden und fallen ganz grundsätzlich in die Zuständigkeit des Innendepartements», so Martig.

Das leere Bundesratszimmer vor einem Empfang von Auslandschweizerkindern 
durch Bundespraesidentin Simonetta Sommaruga, am Dienstag, 11. August 2015, in Bern. (KEYSTONE/Lukas Lehmann)
Hier im Bundesratszimmer wird am Freitag entschieden.Bild: KEYSTONE

Bei Bersets Departement sieht man sich jedoch auch nicht wirklich zuständig: «Supplement-Zahlungen» an das Gesundheitspersonal könnten allenfalls über den Härtefall-Fonds des Bundes gesprochen werden. Die Hoheit über das Geld und der Verteilung liege jedoch beim Finanzdepartement unter Ueli Maurer. Bundesrätinnen und Bundesräte könnten da durchaus mitreden, in dem sie mit «Mitberichten» ihre Positionen zur Notwendigkeit eines allfälligen Corona-Bonus einbringen.

«Dem Personal ist es egal, wer über eine Wertschätzung in Form eines Lohnzustupfs oder zusätzliche Ferientage entscheiden muss.»
Natascha Wey, VPOD

SP-Co-Chefin Mattea Meyer ärgert dieses Hin-und-Her. «Es braucht eine gemeinsame Strategie von Bund und Kantonen – dazu gehört auch ein schweizweiter Corona-Bonus und eine Entlastung des Personals», sagt sie auf Anfrage. Gewerkschaftsvertreterin Natascha Wey vom VPOD stimmt ihr zu und sagt: «Das Personal ist psychisch und physisch erschöpft. Sie haben Überstunden geleistet, sich persönlich in Gefahr gebracht. Ihnen ist es egal, wer über eine Wertschätzung in Form eines Lohnzustupfs oder zusätzliche Ferientage entscheiden muss.»

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115 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Alpaka 8
17.12.2020 11:24registriert April 2018
Ich werde wohl einige Blitzer kassieren, wenn ich schreibe: Geld allein macht nicht glücklich. Aber meine Partnerin arbeitet selbst auf der Intensiv und ich kann somit etwas mitfühlen. Sie wird mittelfristig ebenfalls aus dem Pflegeberuf ausscheiden, wenn sich nicht einiges ändert. Viel wichtiger als ein Bonus wären aber für sie flexiblere Arbeitszeitmodelle, längere Pausen nach Nachtschichten für Erholung, Wertschätzung in der Spitalorganisation und mehr Personal. Müdigkeit, gestrichene Freitage und z.B. Schichtwechsel mit gerade mal 6 Stunden Ruhezeit sind nicht erst seit Corona präsent!
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du_bist_du
17.12.2020 11:27registriert Mai 2020
Grundsätzlich empfehle ich niemanden in sozialen Berufen zu arbeiten in diesem Land. Wertschätzung und Fairness sind ein Hohn. Falls man die Möglichkeit hat, würde ich in eine Branche wechseln, in der man die Zeit investiert um in die eigene Tasche zu wirtschaften... die Gesellschaft will das doch so.
Danke an alle Leute die diese Berufe trotzdem ausüben. Ich werde versuchen so zu wählen, dass eure Branche gestärkt wird.
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raues Endoplasmatisches Retikulum
17.12.2020 11:19registriert Juli 2017
Warum soll das der Bund bezahlen, das ist Sache der Kantone, es sind ihre Institutionen und ihre Angestellten. Vor allem sollte an stelle solcher einmaliger Strohfeuer der Fokus eher auf einer langfristigen Verbesserung der und Attraktivitätssteigerung liegen. Der Bedarf an Pflegenden wird nicht abnehmen und auch innerhalb von Europa wird der Konkurenzkampf um diese härter werden, das hiesige Gesundheitssystem tut gut daran, attraktive Arbeitsbedinungen zu schafen, sonst laufen wir langfristig in einen strukturellen Mangel.
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