Es waren Worte, die Hoffnung beim Pflegepersonal ausgelöst haben: Kommenden Freitag wird die Landesregierung über mögliche Entschädigungen für die «am meisten betroffenen Branchen» diskutieren. Pflegerinnen und Pfleger hoffen, dass ihre Arbeit in den Schweizer Spitälern berücksichtigt wird und es womöglich einen Zustupf für ihre Arbeit in den vergangenen Monaten gibt.
Kaum jemand bestreitet nämlich, dass das Gesundheitswesen wohl die betroffenste Branche während der aktuellen Krise ist. Die überlasteten Intensivstationsplätze, das beinahe tägliche Leid und die vielen menschlichen Verluste belasten das Personal enorm. Wenn sie klagen, dann über körperliche, seelische Probleme oder über fehlende Ressourcen.
watson wollte deshalb bereits vergangene Woche von der Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga wissen, ob auch das Gesundheitspersonal als die «am meisten betroffene Branche» auf irgendwelche Unterstützungsgelder zählen kann. Eine klärende Antwort gab es von Sommaruga nicht, weil es bislang nur einen Konsens für einen «Prüfungsauftrag» gibt. Gerichtet wurde er an das Finanzdepartement von Bundesrat Ueli Maurer; er muss bis kommenden Freitag der Gesamtregierung Ideen präsentieren.
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In Verantwortung stehen dabei auch die Departemente seiner Kollegen Guy Parmelin und Alain Berset sowie das Bundesamt für Justiz: Dieses Quartett entscheidet in diesen Tagen, wer auf Corona-Hilfe hoffen kann.
Soweit das Geschehene bis jetzt. Ob die Gesundheitsbranche auf einen «Corona-Bonus» am Freitag hoffen kann, ist auch zwei Tage vor dem Bundesratsentscheid unklar. Grund sind verwobene Zuständigkeiten, in denen sich Recherchen zufolge niemand in der Verantwortung sieht, über einen solchen weihnachtlichen Zustupf zu entscheiden.
Pflegerinnen und Pfleger der Spitäler sind nämlich in erster Linie Angestellte der kantonalen Institutionen. Das führt zu einer zunehmenden Entwicklung in Richtung eines Flickenteppichs: Ob das Gesundheitspersonal mit einer finanziellen Geste von der Politik rechnen kann, entscheidet unter dem Strich jedes Spital oder jeder Kanton für sich – oder eben nicht.
So kassierten etwa im Kanton Zürich die Parteien SP, AL, EVP und SVP bei zwei Anträgen für einen solchen symbolischen Zustupf eine Niederlage. Ähnliche Forderungen wurden von links-grünen Gruppierungen auch in anderen Kantonen und im Nationalrat eingereicht. Teilweise mit Erfolg: So kann das Spitalpersonal etwa in der Stadt Zürich oder im Kanton Schaffhausen nach dem Corona-Applaus im Frühling auch mit einem Corona-Bonus rechnen.
Sprich: Eine gemeinsame Linie für die schweizweite Belastung des Pflegepersonals gibt es nicht. Als sich die Kantonsvertreterinnen und -vertreter (GDK) vergangenen Montag mit Bundesrat Berset virtuell trafen, wurde viel über die Belastung des Personals diskutiert. «Boni für das Gesundheitspersonal kamen aber nicht zur Sprache. Einzelne Kantone haben solche beschlossen», sagt GDK-Sprecher Tobias Bär.
Ohne den Druck der Kantone scheint sich in Bundesbern auch niemand für eine schweizweite Angleichung des finanziellen «Dankeschöns» verantwortlich zu fühlen. Obschon der Auftrag für die Prüfung von Unterstützungsgeldern zuhanden der «am meisten betroffenen Branchen» an das Departement von Bundesrat Ueli Maurer ging, verweist man dort auf Anfrage an das Innendepartement (EDI) von Berset.
Finanzdepartements-Sprecherin Noemi Martig erwähnt in ihrer Stellungnahme zudem die laufenden Unterstützungsprogramme wie Härtefallmassnahmen oder die Kurzarbeits- oder Erwerbsersatzentschädigung. «Das Gesundheitspersonal steht in keinem Zusammenhang damit. Massnahmen für das Gesundheitspersonal müssten ebenfalls von den einzelnen Kantonen als Arbeitgeber des Gesundheitspersonals geprüft werden und fallen ganz grundsätzlich in die Zuständigkeit des Innendepartements», so Martig.
Bei Bersets Departement sieht man sich jedoch auch nicht wirklich zuständig: «Supplement-Zahlungen» an das Gesundheitspersonal könnten allenfalls über den Härtefall-Fonds des Bundes gesprochen werden. Die Hoheit über das Geld und der Verteilung liege jedoch beim Finanzdepartement unter Ueli Maurer. Bundesrätinnen und Bundesräte könnten da durchaus mitreden, in dem sie mit «Mitberichten» ihre Positionen zur Notwendigkeit eines allfälligen Corona-Bonus einbringen.
SP-Co-Chefin Mattea Meyer ärgert dieses Hin-und-Her. «Es braucht eine gemeinsame Strategie von Bund und Kantonen – dazu gehört auch ein schweizweiter Corona-Bonus und eine Entlastung des Personals», sagt sie auf Anfrage. Gewerkschaftsvertreterin Natascha Wey vom VPOD stimmt ihr zu und sagt: «Das Personal ist psychisch und physisch erschöpft. Sie haben Überstunden geleistet, sich persönlich in Gefahr gebracht. Ihnen ist es egal, wer über eine Wertschätzung in Form eines Lohnzustupfs oder zusätzliche Ferientage entscheiden muss.»
Danke an alle Leute die diese Berufe trotzdem ausüben. Ich werde versuchen so zu wählen, dass eure Branche gestärkt wird.