Die Ausbreitung des Coronavirus in der Region Schwyz schreitet rasant voran. Das Spital Schwyz hat nun mit einem Video die Bevölkerung um Mithilfe gebeten, um das Gesundheitssystem vor einem Kollaps zu bewahren.
Der Corona-Ausbruch in Schwyz sei einer der schlimmsten in ganz Europa, erklärt Reto Nüesch, Chefarzt der Inneren Medizin des Spitals Schwyz, auf Youtube. Zusammen mit der Spitaldirektorin ruft er die Bevölkerung auf, Masken zu tragen und keine Feste durchzuführen. Es sei wichtig, dass die Bevölkerung jetzt reagiere.
«Die Situation im Spital ist zunehmend schlimm. Wir haben immer mehr Patienten im Spital, denen es wirklich schlecht geht», so Nüesch. «Wir versuchen alles, um diese Leute zu retten. Das gelingt uns in vielen Fällen, aber leider nicht immer.»
«Es ist so wichtig, dass die Bevölkerung jetzt reagiert», betont auch Franziska Föllmi, Direktorin Spital Schwyz. «Tragen Sie Masken. Gehen Sie an keine Feste und tauschen Sie sich nur geschützt aus, wo möglich nur in kleinen Gruppen und in der Familie.» Würden die Fallzahlen noch weiter steigen, könne das Spital Schwyz dies nicht mehr stemmen. «Wir müssen jetzt reagieren.» Der Anteil positiver Tests sei momentan «dramatisch».
Gedreht wurde auch auf der Pflegestation des Spitals. «Die Zeit, zu reagieren, ist jetzt», betont Simon Weibel, Leitung Pflege. «Die Pflegestationen sind voll mit Patienten, welche Covid-19 haben.»
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Das Spital Schwyz hat seine Isolationsstation auf maximal 25 Personen ausgelegt. Am Montag sei sie noch halb voll gewesen, teilte Spitalsprecherin Nirmala Arthen auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Am Mittwoch seien 18 Plätze besetzt gewesen, sagte die Direktorin Franziska Föllmi der Regionalzeitung «Bote der Urschweiz». Fast alle Patienten würden in umliegende Spitäler verlegt, das Spital aktiviere Notfallszenarien.
Das Spital verfügt über drei Plätze mit Beatmungsmöglichkeit, davon ist einer mit einem Covid-Patienten belegt. Dies könne sich aber stündlich ändern, teilte Arthen mit. Schwyz arbeite eng mit anderen Spitälern zusammen. Ein Ausbau dieser Kapazitäten hätte massive Einschränkungen im restlichen Spitalbetrieb zur Folge, sei aber möglich.
Die Zahl der Coronafälle seit Beginn der Pandemie hat sich im gesamten Kanton Schwyz von Dienstagmorgen auf Mittwochmorgen um 94 auf 1123 erhöht. Die Zahl der positiv getesteten Personen, die sich in Isolation befinden, stieg binnen 24 Stunden um 67 auf 458. Die Zahl der Todesopfer erhöhte sich um 1 auf 28.
Die Positivitätsrate bei den Tests ist ebenfalls hoch: Mittlerweile seien 30 bis 40 Prozent der im Corona-Center des Spitals Schwyz gemachten Tests positiv, teilte das Spital mit.
Ja, das tut er. Der Regierungsrat hatte am Dienstag eine Maskenpflicht für Veranstaltungen ab 50 Personen sowie eine eingeschränkte Maskenpflicht für Läden, Postbüros, Kinos und Kirchen verfügt. Diese Massnahmen gelten ab Freitag.
Auf eine generelle Maskenpflicht in Verkaufslokalen verzichtet der Schwyzer Regierungsrat jedoch. In diesem Bereich würden keine Anzeichen für gehäufte Ansteckungen vorliegen, heisst es in der Medienmitteilung von Dienstag.
Spitaldirektorin Franziska Föllmi übt harsche Kritik. Gegenüber dem «Bote der Urschweiz» sagt sie: «Das Problem ist, dass man nichts oder zu wenig gegen die Ausbreitung des Virus unternommen hat.» Weiter: «Hätte man letzte Woche gehandelt und die Maskenpflicht eingeführt, hätte man die jetzige Welle sicher teilweise eindämmen können.»
Man habe sich die Woche zuvor mehrmals telefonisch und per Mail an den Kanton gewandt und um drastischere Massnahmen gebeten. Doch der Kanton habe nicht reagiert.
Dass jetzt die Massnahmen verschärft werden, erfreut die Direktorin. Jedoch: «Der Schritt kam eher zu spät und ist zu wenig konsequent», sagt sie.
Am Ursprung des rasanten Anstieges der Fälle könnte ein Jodelfest stehen. Ende September fand in der Mehrzweckhalle Mythen Forum in Schwyz das Jodelmusical «Uf immer und ewig» statt. Rund 600 Personen besuchten die beiden Vorstellungen. Wie der Veranstalter gegenüber SRF erklärte, seien alle Vorsichtsmassnahmen eingehalten worden, allerdings habe es im Jodelchor Personen mit dem Coronavirus gegeben.
Man habe erst neun Tage nach den Auftritten davon erfahren, dass Mitglieder des Jodel-Ensembles corona-positiv gewesen seien, sagt Beat Hegner, Geschäftsführer Mythen Forum, gegenüber SRF. Er gehe davon aus, dass sich das Virus nach diesen Anlässen in der Bevölkerung verbreitet habe.
Dieser Artikel ist bereits am Mittwoch auf watson erschienen. Wir haben ihn am Donnerstag mit den neusten Informationen aktualisiert und nochmals publiziert.
(sda/chmedia/cma)