Die Erfolgsformel für das schweizerische Asylsystem heisst schnelleres Verfahren. Und schnellere Asylverfahren werden sowohl von rechts, als auch von links befürwortet. Aus linker Perspektive liesse sich argumentieren: Es ist unmenschlich, vertriebene Menschen lange auf einen Entscheid warten zu lassen, ob sie in der Schweiz bleiben dürfen oder nicht. Aus einer rechten Perspektive wiederum könnte man sich auf die abschreckende Botschaft an die Flüchtlinge berufen: Je rascher das Verfahren, umso schneller müsst ihr auch das Land wieder verlassen, wenn euch die Schweiz kein Asyl gewährt.
Damit aber hat es sich auch schon mit der Einigkeit: Für den Bund liegt der Garant für ein schnelleres Asylverfahren im kostenlosen Anwalt für die Asylsuchenden. «Der Rechtsschutz ist ein Schlüsselelement der Beschleunigung», schreibt das Staatssekretariat für Migration (SEM) in seinem gestern vorgestellten Schlussbericht zum getesteten neuen Asylverfahren, gegen das die SVP das Referendum ergriffen hat.
Für die Volkspartei sind die kostenfreien Rechtsvertreter viel zu teure «Gratis-Anwälte» für Asylbewerber. Die SVP befürchtet, dass sich der kostenlose Rechtsschutz rasch herumspricht und die Schweiz Flüchtlinge vermehrt anziehen könnte.
In der Vernehmlassung zum neuen Asylgesetz sprach sich auch die FDP noch gegen den Ausbau des Rechtsschutzes aus. Heute befürwortet die Partei die vom Bund angestrebte Neustrukturierung und unterstützt das Referendum der SVP nicht.
Wer aber sind überhaupt diese «Gratis-Anwälte», die so viel zu reden geben und mit denen die SVP so vorzüglich Stimmung machen kann? Den Auftrag zur Rechtsvertretung der Asylsuchenden im Test-Bundeszentrum Zürich schrieb das SEM im Jahr 2013 pauschal aus. Nur zwei Bewerbungen gingen ein. Es gewann eine Bietergemeinschaft, bestehend aus vier Organisationen unter der Schirmherrschaft der schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH). Sie veranschlagten einen tieferen Preis und setzten sich gegen die Mitbieter, die Hilfswerke der beiden Landeskirchen Caritas und Heks, durch.
1360 Franken erhält die SFH pro Flüchtling. Den Zuschlag erhielt die SFH-Gruppe nur für den Probelauf im Zürcher Test-Bundeszentrum. Sofern die Schweizer Stimmbevölkerung im Sommer Ja zum Asylgesetz sagt, wird das Modell in der ganzen Schweiz angewandt. Die Vergabe der Rechtsvertretung würde dann neu ausgeschrieben.
Schweizweit sind 15 Bundeszentren geplant. Hinzu kommen zwei Zentren für renitente Asylsuchende. Zehn der Standorte sind bereits bekannt. Im Zürcher Testzentrum vertreten und beraten gemäss SEM-Angaben 16 Anwälte die bis zu 350 Asylsuchenden. Die Anwälte teilen sich die zwölf Vollzeitstellen auf.
Die Flüchtlingshilfe und andere Hilfswerke sind grundsätzlich einverstanden mit dem eingeschlagenen Weg der schnelleren Verfahren. Etwas anders sehen es etwa die linksorientierten Anwälte der demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz (DJS). Unter der Neustrukturierung des Asylverfahrens verstehen sie vor allem eine Verschärfung für Asylsuchende. Und sie sorgen sich um die Unabhängigkeit der Anwälte, weil diese unter demselben Dach arbeiten wie die Bundesbehörden. Obwohl sie Kritik am neuen Asylgesetz üben, wollen die DJS-Anwälte das Referendum der SVP aber nicht unterstützen. (aargauerzeitung.ch)