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Winterthurer Gericht spricht acht An'Nur-Moschee-Gänger schuldig

Winterthurer Gericht spricht acht An'Nur-Moschee-Gänger schuldig

23.10.2018, 11:38
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Das Bezirksgericht Winterthur hat acht der zehn beschuldigten Mitglieder der ehemaligen An'Nur-Moschee verurteilt: Unter anderem wegen Freiheitsberaubung, Nötigung und Drohung verhängte es bedingte Freiheitsstrafen oder Geldstrafen zwischen 6 und 18 Monaten.

Das Gericht blieb am Dienstag damit unter den Anträgen der Staatsanwaltschaft, welche teilbedingte Strafen zwischen zweieinhalb und drei Jahren gefordert hatte. Es folgte aber weitgehend deren Darstellung der Vorgänge: So blieb für das Gericht unbestritten, dass es im November 2016 in der umstrittenen Moschee im Winterthurer Stadtteil Hegi zu einem Angriff gekommen war.

Verprügelt und bedroht

Acht junge Männer im Alter zwischen 17 und 24 Jahren sowie ein 52-jähriger Imam und ein 47-jähriger An'Nur-Präsident verprügelten und bedrohten demnach zwei Männer, die in ihren Augen «Spitzel» waren. Sie waren überzeugt, dass die «Verräter» einem Journalisten Film- und Fotoaufnahmen aus der An'Nur-Moschee verkauft hatten.

Laut dem vorsitzenden Richter hat die Chronologie der Abläufe in der Moschee dank vorhandenen Chat-Protokollen, Aussagen der Beteiligten und Anrufaufzeichnungen der Polizei minuten-, teilweise sekundengenau nachgezeichnet werden können.

Freigesprochene erhalten Entschädigung

Der achte junge Mann hatte angegeben, dass er sich stets im Frauenraum aufgehalten habe und dass er von den Vorgängen erst beim Eintreffen der Polizei etwas gemerkt habe. Das erschien dem Gericht zwar nicht als besonders glaubhaft, wie der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung sagte. Doch hatte ihn keines der Opfer explizit als Täter genannt.

Angesichts dieser bleibenden Zweifel wurde der Mann vollumfänglich freigesprochen. Für seine Zeit im Gefängnis wird er mit 34'400 Franken entschädigt.

Der beschuldigte Imam, der nur wegen Freiheitsberaubung verurteilt wurde, wurde mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen (6 Monate) bestraft. Von einer Landesverweisung, welche die Staatsanwaltschaft beantragt hatte, sah das Gericht ab. Der damalige Vereinspräsident wurde von allen Vorwürfen freigesprochen (18'200 Franken Entschädigung für Haft).

Die Beschuldigten und deren Verteidiger hatten anfangs Oktober am mehrtägigen Prozess vorgebracht, dass es in der Moschee zu keinem Angriff gekommen sei.

«Spitzel» bloss zur Rede stellen wollen

Sie hätten die beiden «Spitzel» bloss zur Rede stellen wollen. Vereinzelte Beschuldigte gaben an, sie zumindest angespuckt und beleidigt zu haben. Zu Gewalt sei es aber nicht gekommen. Staatsanwaltschaft und Medien hätten die Vorfälle aufgebauscht, um Stimmung gegen Muslime zu machen.

Die Verteidiger hatten denn auch Freisprüche für ihre Mandanten gefordert. Vor dem Winterthurer Bezirksgericht hatten acht der zehn Beschuldigten damit keinen Erfolg. Sie können das erstinstanzliche Urteil nun vor Zürcher Obergericht ziehen. (whr/sda)

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3 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Grain2
23.10.2018 10:55registriert August 2018
Urteil viel zu milde!
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Muselbert Qrate
23.10.2018 12:12registriert September 2018
Danke Kurt Pelda!

Zu schnell Autofahrern wird übrigens härter bestraft..
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dorfne
23.10.2018 14:40registriert Februar 2017
8 von 10 Beschuldigten verurteilt! zu was? Zu fiktiven Strafen. Hoffentlich müssen wenigstens ihre Haftpflichtverischerungen für die Psychotherapie der Opfer zahlen. Ach, die haben keine? Hunderttausende Franken Prozesskosten, eine Entschädigung von 34000 Fr. plus für einen Freigesprochenen, eine auf 6 Monate bedingte Geldstrafe. Da alle Zehn sich ja nichts zu Schulden kommen liessen ist nur schon die Andeutung es könnte ev. zu einem rein fiktiven (sprich keinem) Urteil kommen, Ausdruck der herrschenden Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit. Ende Ironie.
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