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Analyse

40 Prozent Frauen bei den Wahlen: Das sind die politischen Trends 2019

Sibel Arslan, Nationalraetin GP-BS, rechts, macht ein Selfie mit Nationalratspraesidentin Marina Carobbio Guscetti, Bundesraetin Viola Amherd und Nationalraetin Isabelle Moret, von rechts, bei einer K ...
Der Frauenstreik führte zu Frauenboom bei den Nationalratswahlen. Im Bild: Nationalrätin Sibel Arslan (Grüne), macht ein Selfie mit Nationalrätin Nadine Masshardt (SP), Nationalratspräsidentin Marina Carobbio (SP), Bundesrätin Viola Amherd (CVP) und Nationalrätin Isabelle Moret (FDP, von rechts).Bild: KEYSTONE
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Erstmals kandidieren über 40 Prozent Frauen: Das sind die Trends der Wahlen 2019

40.2 Prozent aller Kandidierenden für die Nationalratswahlen sind Frauen. Das sind 5.7 Prozent mehr als noch 2015. Ein Allzeit-Hoch von Kandidierenden und viele Ein-Personen-Listen sind die weiteren Trends.
12.09.2019, 05:2712.09.2019, 08:49
Othmar von Matt / ch media
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Da gibt es Stefan Rusch (43) aus Lenggenwil (SG), Geschäftsführer des Art’s Restaurants in Wil. Rusch führt auch einen Biobauernhof. Und er hat drei Kinder im Alter von 2, 5 und 8 Jahren. Sie sind der Grund, weshalb er in die Politik will.

«Mehrere Themen – wie etwa Klimapolitik und militärische Aufrüstung – betreffen sehr stark die nächsten Generationen», sagt er. Deshalb führt er im Wahlkampf als Einzelperson seine Liste «Der Pflug». «Manchmal braucht es einen Pflug», erklärt Rusch den Namen, «damit etwas neues entstehen kann.»

Oder es gibt Verena Lobsiger (60) aus Interlaken. Sie hat 420 Unterschriften gesammelt und will mit der «Partei der unbegrenzten Möglichkeiten» (PUM) ins Bundeshaus einziehen.

Die ehemalige SP-Politikerin kämpft für ein eigenständiges Programm: Sie fordert ein bedingungsloses Grundeinkommen (rund 3000 Franken) für Leute mit Schweizer Pass. Zudem will Lobsiger den neuen Beruf der medizinischen Grundpflege schaffen.

4652 Kandidierende in den Proporzkantonen

Ein-Personen-Listen sind ein Trend dieser Wahlen. Insgesamt kandidieren 4671 Personen in den 26 Kantonen für den Nationalrat. Berücksichtigt man nur die 20 Kantone, in denen nach dem Proporzverfahren gewählt wird, sind es 4652 Kandidierende. 19 Personen treten in den Majorzkantonen Appenzell Ausser- und Innerrhoden an, Ob- und Nidwalden und in Uri und Glarus.

Das ist neuer Rekord. In den Proporzkantonen kandidieren 864 Personen mehr als 2015. Das zeigen Analysen, welche die Redaktion CH Media mithilfe ihrer Regionalvertretungen vornahm. 2019 fallen vier Trends besonders auf.

Trend 1: Frauenwahl

2019 kandidieren in allen 26 Kantonen 2792 Männer und 1879 Frauen. Das entspricht einem Frauenanteil von 40.23 Prozent (Proporzkantone: 40.27 Prozent). Er liegt damit um 5.7 Prozent höher als noch 2015, als sich 1308 Frauen (34.5 Prozent) und 2480 Männer um ein Mandat bewarben.

Besonders hohe Frauenanteile weisen folgende Proporzkantone auf: Zug (49.3 Prozent), Basel-Stadt (45.9), Baselland (44), Thurgau (43.7), Genf (43.2), Zürich (43), Luzern (42.9) und Bern (42.1). Den tiefsten Frauenanteil hat Schaffhausen (24.1 Prozent).

Bei den Majorzkantonen stechen Appenzell Ausserrhoden, Glarus (je 50 Prozent) und Obwalden (40) heraus. Uri und Nidwalden hingegen sind die einzigen Kantone, in denen keine Frau für den Nationalrat kandidiert.

Trend 2: Zunahme der Kandidaturen

Die stärkste Zunahme von Kandidierenden registriert der Kanton Aargau: 31 Personen treten an pro Nationalratssitz. Im Wallis sind es 29,5, in Luzern 28, in Solothurn 27.7. Erst danach folgen die grossen Stadtkantone Zürich (27.6), Bern (27.1) und Basel-Stadt (26.8). Nur gerade drei Kantone haben weniger Kandidierende als noch 2015: Neuenburg (-8 Kandidierende), Genf (-2) und Appenzell Ausserrhoden (-1).

Trend 3: Unterlisten

In den 20 Proporzkantonen gibt es total 525 Listen. Das sind 103 Listen mehr als bei den Wahlen 2015. Das entspricht einer Zunahme um 20 Prozent. In den 1990er Jahren und 2003 hatte sich die Zahl der Wahllisten noch zwischen 248 und 278 bewegt. Ab 2007 begann sie stark anzusteigen.

2019 gibt es einen starken Trend zu Unterlisten. Spezialistin darin ist die CVP. Im Aargau tritt sie gleich mit acht Unterlisten und insgesamt 144 Kandidierenden an. Im Kanton Luzern operiert die CVP mit sieben Unterlisten, in Baselland führ sie neben einer Stamm- und JCVP-Liste auch eine Liste «Wirtschaft und Gesellschaft». Im Kanton Bern hat die CVP zwei Hauptlisten aufgestellt: je eine Liste deutsch- und französischsprachiger Kandidierender. Und die Junge CVP führt im Kanton Freiburg gleich vier Listen.

Trend 4: Ein-Personen-Listen

Was die Ein-Personen-Listen betrifft: Stefan Rusch («Der Pflug») und Verena Lobsiger («Partei der unbegrenzten Möglichkeiten») sind nicht die einzigen Einzelpersonen, die mit eigener Liste in die Wahlen 2019 ziehen. Im Kanton Bern steigt Philipp Jutzi aus Bangkok (Thailand) mit der Philipp-Jutzi-Liste (JUP) ins Rennen.

Im Kanton Baselland fordert der bibeltreue Christ Alex Osterwalder aus Muttenz mit der Liste «Christ-und-Politik.CH», dass religiöse Symbole in der Öffentlichkeit wieder zugelassen werden. Und Musiker Claudio Rugo tritt im Kanton Freiburg mit der «Künstler-Partei» zu den Wahlen an. (aargauerzeitung.ch)

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quelle: keystone / peter klaunzer
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35 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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michiOW
12.09.2019 07:43registriert Juli 2016
Seit wann sind religiöse Symbole in der Öffentlichkeit verboten?
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sunshineZH
12.09.2019 08:10registriert November 2018
Bin ich der einzige, dem es ziemlich egal ist wo wieviel Geschlecht mitmischt?
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Nasi
12.09.2019 08:25registriert April 2015
Bei mir fallen jeweils dirket slle die zu faul oder zu böd sind auf Smartvote mitzumachen aus dem Rennen. Wer sich nicht mal Zeit für das nehmen kanz, hat bei mir eh schon verloren. Sollte man am besten eh obligatorisch für alle teilnehmenden machen.
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