Schweiz
Abstimmungen 2018

Den Kühen zuliebe berühmt: Wie der Bergbauer Armin Capaul zum Medienstar wurde

Armin Capaul, Bergbauer und Initiant spricht waehrend einer Medienkonferenz ueber die Hornkuh-Initiative zur Eidgenoessischen Volksabstimmung, am Dienstag, 2. Oktober 2018 in Bern. (KEYSTONE/Anthony A ...
Armin Capaul am 2. Oktober in Bern vor den Medien.Bild: KEYSTONE

Den Kühen zuliebe berühmt: Wie der Bergbauer Armin Capaul zum Medienstar wurde

Was mit einem Brief an ein Bundesamt begann, endete in einer Volksinitiative. Der 67-jährige Bergbauer Armin Capaul sagt: «Ich habe nie davon geträumt, hier zu sitzen. Ich wollte nur den Kühen und Geissen eine Stimme geben.»
03.10.2018, 10:1616.10.2018, 15:02
Yann Schlegel/CH Media
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Leicht gebückt sitzt Armin Capaul im orangefarbenen Sessel des Bundeshaus-Medienzentrums. Eine grüne Mütze mit gelb-roten Streifen hat er aufgesetzt. Weisser Zauselbart, weisses Zauselhaar. Der Hornkuh-Rebell im sterilen Raum der Bundeshauptstadt. Ich habe nie davon geträumt, hier zu sitzen», sagt der 67-jährige Capaul. «Ich wollte nur den Kühen und Geissen eine Stimme geben.»

Die Journalisten erhörten den Bergbauern. Viele fuhren in den Berner Jura, besuchten Armin Capaul im abgelegenen Valengiron, um mehr über seine Geschichte zu erfahren. Sein Naturell und seine Worte machten ihn zu einem begehrten Helden. «Wenn die Kühe wählen könnten, hätten sie Hörner», sagt Capaul. In der Schweiz haben neun von zehn Kühen keine Hörner mehr. Der Bergbauer spricht: «Zeichnen Sie einmal eine Kuh ohne Hörner.»

«Wenn ich müde bin, fasse ich mit der Hand ans Horn der Kuh und tanke frische Kraft»

Was mit einem Brief an ein Bundesamt begann, endete in einer Volksinitiative. In seinem ersten Schreiben hatte er vorgeschlagen, dass behornte Kühe mit einem Franken pro Tag subventioniert würden.

Dann liess er über zwei Politiker in Bern Motionen einbringen, die ebenfalls scheiterten. Also lancierte er eine Volksinitiative; das stärkste direktdemokratische Instrument. Am 25. November stimmt die Schweiz darüber ab, ob Landwirte für Kühe mit Hörnern Direktzahlungen erhalten sollen.

Bergbauer Armin Capaul, links, diskutiert nach der Debatte zur von ihm eingereichten Hornkuh-Initiative mit Bundesrat Johann Schneider-Ammann, an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Monta ...
«Ich habe die Bevölkerung und die Medien hinter mir», soll Capaul zu Schneider-Ammann gesagt haben. Der abtretende Wirtschaftsminister habe erwidert: «Ja, es scheint so.»Bild: KEYSTONE

«Der Spiegel» berichtet über den «Alm-Öhi»

Schon 2015 reiste «Der Spiegel» zu Capaul und berichtete über den «Alm-Öhi», der für die Würde der Kuh kämpft. Wenige Monate später kam die Initiative mit 119'626 gültigen Unterschriften zustande. Sowohl Bundesrat wie auch Parlament sprachen sich gegen die Initiative aus.

Einen indirekten Gegenentwurf der Landwirtschaftskommission des Nationalrats lehnte die analoge Ständeratskommission ab. Vor der Niederlage soll Capaul laut der «Weltwoche» gegenüber Bundesrat Johann Schneider-Ammann gesagt haben: «Ich habe die Bevölkerung und die Medien hinter mir.» Der abtretende Wirtschaftsminister habe erwidert: «Ja, es scheint so.»

Armin Capaul in der Arena
Armin Capaul in der «Arena» SRF.Bild: screenshot srf

Der begabte Protagonist

Über 3800 Medienberichte seien in der Schweiz zur Hornkuh- Initiative bereits erschienen, sagte Capaul gestern vor den Medien stolz. Das Interesse an der Initiative und am Protagonisten bleibt ungebrochen gross: Am kommenden Freitagabend strahlt der deutsch-französische TV-Sender Arte einen Dokumentarfilm über den Bergbauern aus.

Im Zusammenhang mit der Hornkuh-Initiative erschienen zwei Bücher. Vergangene Woche referierte Capaul an einer internationalen Konferenz der Agrarjournalisten und besuchte in diesem Rahmen einen Alpabzug im Entlebuch. In Schüpfheim, so Capaul, habe keine einzige Kuh Hörner gehabt.

Von der Politik belächelt, von den Medien gefeiert

Weshalb seine Hornkuh-Initiative durchkomme, nachdem das Volk soeben zwei Agrarinitiativen verworfen habe, fragt ihn ein Journalist im Medienzentrum. «Weil es bei mir bloss um zwei Hörner geht», sagt Capaul. Als er damit begonnen hatte, Unterschriften zu sammeln, belächelte ihn die Politik. Die Medien dagegen begannen ihn zu feiern.

Capaul weiss um deren Wirkung. «Dank den Medien bin ich hier, sie waren so begeistert», sagt er und lächelt mit leuchtenden Augen von seinem orangenfarbenen Stuhl. Die Stimmen zugunsten der Kühe sind zahlreicher geworden, Capaul könnte mit seiner Initiative an der Urne tatsächlich einen Coup landen.

«SVP ist keine Bauernpartei mehr»

Eher überraschend beschloss der Bauernverband Stimmfreigabe. Die SP-Delegierten beschlossen am vergangenen Samstag die Ja-Parole. Die Bauernpartei SVP ist gespalten; zwei Drittel der Delegierten stimmten gegen Capauls Anliegen.

Als SVP-Präsident Albert Rösti im Medienzentrum auftaucht, um die Kampagne zur Selbstbestimmungsinitiative zu lancieren, grüsst er «Armin» – wie ihn alle nennen – herzhaft. «In der ‹Arena› werde ich sagen, dass die SVP keine Bauernpartei mehr ist», sagt der Bergbauer zu Rösti. Dann prophezeit Capaul selbstbewusst: «Es gibt ein 80-Prozent-Ja bei 100 Prozent Ständemehr.» Dies sei seine Vision.

Sollte es anders kommen, würden die Kühe und Ziegen verlieren, nicht er, meint Capaul. Seine Aufgabe sei getan. Und weil er all dies für die Kühe getan habe, sei ihm die Energie nie ausgegangen. «Wenn ich müde bin, fasse ich mit der Hand ans Horn der Kuh und tanke frische Kraft», sagt Capaul. Ein druckfrischer Satz, der die Journalisten verzückt. Der Bergbauer wiederholt sich: «Es ist unglaublich, dass die Medien so mitmachen.» (aargauerzeitung.ch)

Viehschau in der Schweiz

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Viehschau in der Schweiz
Ein Rinderzüchter umarmt seine Siegerkuh, nachdem diese den Schönheitswettbewerb Swiss Expo im Jahr 2008 gewonnen hat. Die Swiss Expo ist der wichtigste Schönheits-Wettbewerb für Rindvieh und zieht jährlich zwischen 1000 und 2000 Zuschauern an. (KEYSTONE/Laurent Gillieron)
quelle: keystone / alessandro della bella
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Kühe sollen Hörner tragen

Video: srf/SDA SRF
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36 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bruno Wüthrich
03.10.2018 10:59registriert August 2014
Den Kühen die Hörner zu nehmen, ist ein Unding. Diese Initiative anzunehmen, wäre ein Anfang zum Besseren. Aber noch längst nicht zum Guten.

Langfristig müssen wir dahin kommen, dass tierische Produkte wieder etwas Besonderes werden. Dass man sich Fleisch und Wurst nur noch ein bis zwei Mal pro Woche leistet. Dass auch Nutztiere Anrecht auf ein anständiges Leben haben.

Deshalb müssen wir nicht Vegetarier oder Veganer werden. Einfach etwas bewusster leben müssten wir. Fleisch von Tieren aus Massentierhaltung und/oder von Schlachtfabriken gilt es zu meiden.
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Stichelei
03.10.2018 11:15registriert Oktober 2015
Der natürliche Zustand ist die Kuh mit Horn. Es braucht also einen aktiven Vorgang, um dies zu ändern und die Hörner zu entfernen. Ich finde es ein Unding, wenn wir nun Direktzahlungen leisten sollen, damit etwas NICHT gemacht und die Kuh in ihrem natürlichen Zustand belassen wird. Ich fände, es wäre konsequenter und motivierender für die Kuhhalter, wenn für das Entfernen der Hörner bestehende Direktzahlungen gekürzt würden.
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