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ÖV: Ausländerfeindliche Kondukteurin beleidigt Basler Influencerin

Der polnischen Influencerin Magdalena verging während ihres Trips am Brienzersee wegen einer ausländerfeindlichen Kontrolleurin das Lachen.
Der polnischen Influencerin Magdalena verging während ihres Trips am Brienzersee wegen einer ausländerfeindlichen Kontrolleurin das Lachen. bild. zvg

Kondukteur beleidigt Basler Expat-Influencerin – dieser Post löst Welle der Empörung aus

Die polnische Bloggerin Magdalena lebt seit vier Jahren in Basel und liebt eigentlich die Schweiz und den ÖV. Bis letzten Sonntag. Weil sie ein falsches Billett gelöst hatte, wurde sie von einem Kondukteur der Zentralbahn verbal angegangen. Wie ausländerfeindlich ist die Schweiz? Auf Instagram schlägt der Fall hohe Wellen.
14.07.2020, 19:0315.07.2020, 06:26
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Bloggerin Magdalena (29) wohnt seit vier Jahren in Basel. Auf ihrem Instagram-Profil GirlinBasel berichtet die Polin, wie es sich als Expat am Rheinknie lebt, und postet fleissig Fotos von ihren unzähligen Ausflügen in der Schweiz. Die Beiträge der Influencerin treffen einen Nerv: Die junge Mutter hat auf Instagram 22'000 Follower.

Bei ihren Trips hat die studierte Juristin bislang nur gute Erfahrungen mit dem ÖV in der Schweiz gemacht. Bis letzten Sonntag.

«Ich bin immer noch schockiert. Niemand, auch kein Kontrolleur, sollte mich wie ein minderwertiges Wesen behandeln – nur weil ich Ausländerin bin.»

«Ich bin noch immer schockiert. Ich weiss, ich habe einen Fehler gemacht. Aber niemand, auch kein Kontrolleur, sollte mich wie ein minderwertiges Wesen behandeln – nur weil ich Ausländerin bin», sagt Magdalena zu watson. Das habe sie zuvor noch nie erlebt und darum habe sie das sehr getroffen. Sie liebe die Schweiz und sei gut in die lokale Gemeinschaft integriert.

Was ist passiert?

Zusammen mit ihrem Mann, ihrer Mutter, ihrem Baby und ihrem Hund machte die Influencerin letzten Sonntag einen Ausflug an den Brienzersee, wie sie in einer Instagram-Story ausführlich beschreibt (siehe unten). Sie löste ein Retour-Ticket mit dem Schiff von Brienz nach Iseltwald. Irgendwie verpasste die Gruppe dort die Rückfahrt. Stattdessen nahm sie das Schiff nach Niederried, um von dort mit der Zentralbahn zurück nach Brienz zu fahren. Was die Polin nicht wusste: Das Ticket war für das Schiff, nicht aber für die Zugfahrt gültig.

Eine Kontrolleurin der SBB-Tochtergesellschaft wies sie nach Abfahrt des Zuges darauf hin und wollte der Gruppe prompt eine Busse von total 400 Franken aufdrücken. Dies, obschon Magdalena gemäss ihren Aussagen sofort vier Tickets auf der SBB-App gekauft hatte. «Der Kontrolleur dachte zuerst, wir seien Touristen. In einem sehr arroganten Ton sagte er zu uns: ‹Wissen Sie, was viele Ausländer hier nicht wissen: In der Schweiz haben wir ein RECHT, das gilt.›»

Damit ist aber die Story noch nicht vorbei.

Die Insta-Story:

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«Wissen Sie, wir sind hier in der Schweiz!»: In Brienz sei das Zugspersonal mit ihrer Familie ausgesteigen und hätte ihnen vor allen Leuten die Leviten gelesen, führt Magdalena gegenüber watson aus.

Darauf habe sie dem Zugbegleiter entgegnet, sie lebe seit vier Jahren in der Schweiz. «Genau das ist das Problem. Darum werde ich im September gegen die Masseneinwanderung stimmen», habe der Kondukteur zu ihr gesagt. Nach einer langen Diskussion habe das Zugspersonal schliesslich von einer Busse abgesehen.

Sie sei eigentlich sehr glücklich in der Schweiz. Diese Aussagen hätten sie aber traurig gemacht. «Ich zahle in der Schweiz meine Steuern. Ich zahle für meine Tickets und tue mein Bestes, ein Teil des Landes zu sein. Dann passieren solche Sachen. Diese Person hat mich so klein gemacht, nur weil ich Ausländerin bin», schliesst Magdalena ihren Instagram-Post ab.

Das sagt die Bahn

«Die Zentralbahn toleriert keine unangebrachten oder verletzenden Äusserungen oder Handlungen seitens Personal.»
Roman Gassmann, Sprecher Zentralbahn

Durch die watson-Recherchen ist die Zentralbahn auf den Fall aufmerksam geworden. Deren Sprecher Roman Gassmann bedauert den Vorfall und hat sich bei Magdalena entschuldigt. «Es tut uns leid, dass die Influencerin ein schlechtes Erlebnis hatte.» Man werde den Vorfall mit den entsprechenden Mitarbeitenden aufarbeiten. «Die Zentralbahn toleriert keine unangebrachten oder verletzenden Äusserungen oder Handlungen seitens Personal aber auch seitens der Fahrgäste.»

Die Zentralbahn transportiere jährlich eine grosse Anzahl an ausländischen und einheimischen Ausflugsgäste und sei offen für alle. Bei dem Zug handle es sich um einen unbegleiteten Regionalzug, Wichtig sei, dass das Billet jeweils vor Antritt der Reise gekauft werde.

Die Reaktionen

Auf ihre Instagram-Story hat Magdalena gemäss ihren Aussagen über 100 Nachrichten erhalten. Darin berichten andere Expats von ähnlichen Erlebnissen. «Solche Sachen sind mir schon mehrmals passiert. Das trifft einen hart und ich frage mich manchmal, ob ich überhaupt noch in der Schweiz bleiben soll.»

Eine weitere Person schreibt, dass die Integration als Expat in der Schweiz extrem schwierig sei. «Solche fremdenfeindlichen Äusserungen haben sie sich schon unzählige Male anhören müssen. Ich musste deswegen schon weinen. Darum verlasse ich in einem Jahr die Schweiz wieder.»

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308 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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öpfeli
14.07.2020 20:23registriert April 2014
und jetzt würde ich gerne die Seite des Zugpersonal hören.
Es soll ja Influencer geben, die nehmen sich gerne mal zu wichtig und bauschen Storys auf.
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chara
14.07.2020 19:36registriert Januar 2016
Einfach einmal in den Raum gestellt, aber kennt die Magdalena jemand vor dieser Story und was passierte mit der Followerzahl nach dieser Story?

Ohne wenn und aber natürlich wenn so vorgefallen ein absolutes nogo des Begleiters, egal ob nun Ausländer oder nicht!
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45rpm
14.07.2020 21:17registriert August 2016
Grundsätzlich hat die Dame und ihre Familie selbstverschuldet das Schiff verpasst und dann den Zug genommen, wofür das Billet aber nicht gültig ist.
Der Kondukteur hätte einfach sachlich und nüchtern bleiben sollen und einfach seinen Job tun müssen.

Ich kann mir allerdings vorstellen, dass die Dame und ihre Familie auf keinen Fall die Busse akzeptieren wollten. Das ganze hat sich auf beiden Seiten hochgeschaukelt und der Kondukteur hat dann die Nerven verloren. Wie auch immer, der Kondukteur muss sachlich und professionell bleiben. Egal wie der Kunde sich verhält.
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