Der Zug steht da, die Passagiere sitzen drin – doch der Regioexpress Richtung Wettingen fährt trotzdem nicht los. Die Pendler nehmen die Verspätung am Mittwochmorgen gelassen, beschäftigen sich mit ihren Smartphones. Dann die Durchsage: Die Abfahrt verzögere sich auf unbestimmte Zeit. Für Erstaunen und Gelächter sorgt die eher ungewöhnliche Begründung, die darauf folgt: «Fehlendes Fahrpersonal.»
Ohne Lokführer keine Zugfahrt, das leuchtet allen ein. Doch das Problem müsste doch zu lösen sein – besonders am Bahnknotenpunkt Olten. Die Minuten verstreichen. Eine Viertelstunde ist vergangen, als durch die Lautsprecher tönt: «Alle aussteigen.» Endstation Olten, der Regioexpress bleibt stehen. Der Zug leert sich, das Perron füllt sich. Ratlose Pendler erhalten den Rat, den Zug auf Gleis 4 zu nehmen. Doch dort steht noch immer der führerlose Regioexpress. Also doch weiter auf Gleis 7. Die gestrandeten Passagiere drängen in den bereits gut gefüllten Interregio, der nach acht Uhr in Olten hält. Eine halbe Stunde später als geplant geht ihre Fahrt weiter.
Doch wie konnte es zum Zugausfall in der morgendlichen Rushhour kommen? SBB-Sprecher Daniele Pallecchi erklärt auf Anfrage: «Der eingeteilte Lokführer wurde kurzfristig krank und konnte daher den Dienst nicht antreten.» Ein einzelner Ausfall liesse normalerweise aber nicht einen ganzen Zug ausfallen, Reservelokführer stünden bereit. An diesem Morgen waren sie allerdings alle bereits im Einsatz, «aufgrund anderer Betriebsstörungen», wie Pallecchi sagt. Der SBB-Sprecher betont aber sogleich: «Solche Ereignisse kommen sehr selten vor.»
Im letzten Sommer musste die Wynental- und Suhrentalbahn (WSB) zwei Züge ausfallen lassen, weil ein Lokführer krank war. Ersatz liess sich keiner finden, da die WSB mit einem Personalmangel zu kämpfen hatte. Die Rede war von «Engpässen beim Lokführer-Personalbestand». Auf die Frage, ob die SBB zurzeit ebenfalls unter fehlendem Personal leide, antwortet Pallecchi: Schweizweit seien rund 3000 Lokführer im Einsatz. «Trotzdem sind wir nach ganzer Kraft am Ausbilden, da die geburtenstarken Jahrgänge nun fortlaufend pensioniert werden. Bis 2017 bildet die SBB 500 neue Lokführende aus.»
Der Zugausfall vom Mittwochmorgen ging glimpflich aus. Auswirkungen auf den restlichen Zugverkehr registrierte die SBB ebenso wenig wie Beschwerden. Trotzdem sagt Daniele Pallecchi: «Die SBB entschuldigt sich bei den Kundinnen und Kunden und wünscht dem Lokführer gute Besserung.»