Die Vorfreude ist gross bei den über 1'000 Fans, die den Weg am Donnerstagmittag ins Zürcher Hallenstadion gefunden haben. Sie wollen den Nati-Helden einen gebührenden Empfang bereiten. Die Mehrheit von ihnen ist weiblich und im besten Kreisch-Alter.
Als die Spieler vom Speaker einzeln auf die Bühne gerufen werden, steigt der Lärmpegel drastisch an. Besonders bei Xherdan Shaqiri, Diego Benaglio, Yann Sommer, Granit Xhaka und Ricardo Rodriguez wird der von Ohrenärzten empfohlene Dezibelwert klar überschritten.
Mindestens so viel Applaus wie die Spieler bekommt jedoch ein 65-jähriger Mann an seinem letzten Arbeitstag: Ottmar Hitzfeld. Nach dem bitteren Ausscheiden im WM-Achtelfinal gegen Argentinien, als Angel Di Maria die Schweizer in der 118. Minute jäh aus ihren Träumen riss, stand der Lörracher beim ersten TV-Interview noch mit feuchten Augen da.
Unter Applaus des ganzen Teams hüpft Hitzfeld nun in bequemen Jeans, weissem Hemd und schwarzem Jackett beschwingt auf die Bühne. Im ersten Statement auf Schweizer Boden holt er gleich die Herzen aller Anwesenden ab: «Ich bin total überrascht von diesem herzlichen Empfang. Wir sind zwar nicht Weltmeister geworden, aber wir haben die besten Fans der Welt.»
Nachdem er und der langjährige Assistent Michel Pont mit Blumen verabschiedet werden, stellt sich ein sichtlich entspannter Nationaltrainer den Fragen der zahlreich erschienenen Journalisten. Der zweifache Champions-League-Sieger ist höchst erfreut, dass so viele Fans gekommen sind. Erwartet hat er nur wenige Anhänger. «Normalerweise seien Schweizer Fans ja sehr zurückhaltend», fügt er schmunzelnd hinzu. Auch deswegen spricht er von einem «gelungen Abschluss meiner Karriere».
«Wir haben Argentinien, eine der besten Mannschaften der Welt, die mit Lionel Messi den weltbesten Spieler in ihren Reihen hat, an den Rand einer Niederlage gebracht. Ich kann mit stolz auf meine Trainerkarriere zurückblicken», so ein glücklicher Hitzfeld.
Hitzfeld, der in den sechs Jahren, in denen er die SFV-Auswahl betreute, stets in der Öffentlichkeit stand, freut sich schon auf den neuen Lebensabschnitt: «Es fällt Druck ab, von daher freue ich mich auf eine ruhigere Zeit. Ich werde sicher mit meiner Familie mehr Zeit verbringen und Golf-Ferien in Engelberg machen. Daneben werde ich ja immer noch fürs Fernsehen arbeiten.»
Danach geniesst Hitzfeld ein letztes Mal das Bad in der Menge. Spieler loben den Trainer nicht nur für seine fachlichen Qualitäten, sondern heben auch seine menschliche Qualitäten hervor. Stellvertretend stellt Captain Gökhan Inler Hitzfeld ein Riesen-Kompliment aus: «So ein Trainer war eine Ehre für uns.»
Auch die Schweizer Nati Fans werden Hitzfeld vermissen. Die Miss Romandie sagt jedenfalls schmachtend «Au Revoir» und «à la prochaine». Obwohl es leider kein Wiedersehen mit Monsieur Hitzfeld geben wird.