Die Mindestlohn-Initiative ist am Ständemehr gescheitert. Schweizweit zeichnet sich ein wuchtiges Nein an der Urne ab. Gemäss Hochrechnung wird kein einziger Kanton Ja stimmen. Das Resultat ist eine herbe Niederlage für die Gewerkschaften.
Die Hochrechnung geht von einem Nein-Stimmenanteil von 77 Prozent aus. Von bislang 15 ausgezählten Ständen sagten elf mit über 80 Prozent Nein zur Initiative. Am höchsten fiel das Nein im Kanton Nidwalden mit über 87 Prozent aus. Der Kanton Jura lehnte das Ansinnen der Gewerkschaften mit 64 Prozent ab.
Für den Wirtschaftsdachverband economiesuisse ist die klare Ablehnung ein deutliches Zeichen dafür, dass die Stimmbevölkerung keine staatlichen Eingriffe in den Arbeitsmarkt toleriert. Es sei sinnvoller, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber selbst Lohnverhandlungen führten, erklärte Präsident Heinz Karrer auf Anfrage der sda.
Von einem «grossartigen Sieg» spricht Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Gewerbeverbands (sgv), gegenüber SRF. «Es war ein klares Votum des Volks für die Wirtschaft und das bestehende System, den Lohn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auszuhandeln.»
Für FDP-Nationalrat Ruedi Noser ist das Nein eine Ohrfeige für die Gewerkschaften. CVP-Präsident Darbellay spricht von einem «Vernunftsentscheid», Bauern- und Baumeisterverband zeigen sich erleichtert.
Die Gewerkschaften geben sich nach dem deutlichen Nein derweil kämpferisch. Sie wollen weiterhin gegen tiefe Löhne vorgehen – aber auf anderem Weg. Es gebe zwar eine klare Mehrheit gegen einen gesetzlichen Mindestlohn, sagte Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), auf Anfrage der sda.
Er habe aber während des Abstimmungskampfs kaum Leute getroffen, die gegen Löhne seien, die zum Leben reichten. «Die Leute wollen, dass über Gesamtarbeitsverträge gute Löhne vorgegeben werden.» Lampart sprach von einer «schwierigen Kampagne». Die «Angstmacherei» habe zu Verunsicherung geführt, ob der gesetzliche Mindestlohn der richtige Weg sei.
Die Ablehnung der Mindestlohn-Initiative ist nach Ansicht der SP Frauen Schweiz eine «Ohrfeige für die Frauen». Ein gesetzlicher Mindestlohn für alle «wäre endlich ein konkreter Schritt hin zur Lohngleichheit gewesen», heisst es in einer Stellungnahme.
Der Bund müsse nun unverzüglich Massnahmen ergreifen, um endlich die in der Verfassung festgeschriebene Lohngleichheit zu erreichen, schreiben die SP Frauen. (sda/jas)